Schüler*innen in Rheinland-Pfalz gegen Religionsunterricht

Wenn staatliche Schulen die Religionsfreiheit verletzen

Vergangenen Monat forderte die Landesschüler*innenvertretung Rheinland-Pfalz die Abschaffung des konfessionellen Religionsunterrichts und dessen Ersetzung durch einen konfessionsunabhängigen, philosophischen Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler. Gegenwind kam aus Kreisen von Kirche und Politik. Letztere warf sogar mit juristischen Nebelkerzen.

Am derzeitigen konfessionsgebundenen Religionsunterricht missfällt der Landeschüler*innenvertretung (LSV) Rheinland-Pfalz so einiges. Der Religionsunterricht in seiner aktuellen Form widerspricht nach Ansicht des Vorstands der LSV nicht nur der Trennung von Staat und Kirche, er sei auch mit dem Ziel einer angstfreien Erziehung nicht zu vereinbaren, fordere die Landesverfassung von Rheinland-Pfalz doch, dass die Schule die Jugend zur Gottesfurcht zu erziehen habe.

Darüber hinaus fördert der konfessionelle Religionsunterricht nicht die Verbundenheit der Schüler*innen untereinander, da sie im Religionsunterricht getrennt voneinander unterricht werden. Sinnvoller erscheint der LSV deshalb die Einführung eines kombinierten Religions- und Ethikunterrichts für alle Schüler*innen und Schüler, in dem über verschiedene Religionen und Weltanschauungen informiert und auch Kritik an ihnen thematisiert werde. Diese Form des Unterrichts biete Jugendlichen "fundierte, aber auch reflektierte Möglichkeiten der eigenen Glaubensfindung".

Dass sich die Kirchen gegen die Forderung der Landeschüler*innenvertretung aussprechen würden, war wenig verwunderlich, dient der konfessionelle Religionsunterricht doch vor allem der kindlichen Prägung auf eine bestimmte Religion. Sozusagen eine Förderung des kirchlichen Nachwuchses auf staatliche Kosten. Überraschend jedoch war die ebenfalls eindeutig negative Reaktion von Politik und staatlichen Organen, die auf juristischen Fehleinschätzungen basieren, wie sich nun herausstellte.

Laut SWR ließ das SPD-geführte Bildungsministerium von Rheinland-Pfalz verlautbaren, dass die Abschaffung des konfessionellen Religionsunterrichts  eine Änderung des Grundgesetzes, der Landesverfassung sowie von Vorschriften im Schulgesetz und in den Schulordnungen erfordere.

Nach Auffassung des von der LSV konsultierten Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw) ist jedoch überhaupt keine Änderung des Grundgesetzes nötig. Bekenntnisfreie Schulen seien dort ausdrücklich vorgesehen, stellt das ifw fest. Lediglich die rheinland-pfälzische Landesverfassung müsse geändert werden.  

Bei einem näheren Blick in die Landesverfassung von Rheinland-Pfalz offenbaren sich dort nämlich einige weltanschauliche Baustellen, die die Landeschüler*innenvertretung unter dem Titel "Handlungsaufforderung an die Landesregierung – Wenn staatliche Schulen die Religionsfreiheit verletzen" Ende vergangener Woche in einer Pressemitteilung deutlich kritisierte:

"Die öffentlichen Grund-, Haupt- und Sonderschulen sind christliche Gemeinschaftsschulen", heißt es bisher in Artikel 29 der rheinland-pfälzischen Landesverfassung. An dieser Stelle fordert die LSV klar eine Änderung und die Festlegung aller öffentlichen Schulen als bekenntnisfrei.

"In einer pluralistischen Gesellschaft mit säkularem Staat kann es nicht sein, dass öffentliche, staatliche Schulen per se christlich sind", findet Lucas Fomsgaard, Vorstandsmitglied der LSV.

Eine solche Änderung ist nicht nur aus juristischen, säkularen, freiheitlichen und antidiskriminierenden Gründen absolut notwendig, sondern ist der Grundstein für das von der LSV geforderte neue Schulfach, das den bisher durch Artikel 34 der rheinland‐ pfälzischen Landesverfassung garantierten konfessionellen Religionsunterricht an staatlichen Schulen ersetzen soll, wie es in Brandenburg und Luxemburg bereits der Fall ist.

"Wer staatliche Schulen zu christlichen erklärt, überschreitet seine Kompetenzen und zwingt mich als Atheisten oder Andersgläubigen in einem Staat, der von sich behauptet, säkular und weltanschaulich neutral zu sein, unter der Aufsicht eines Gottes zu lernen, an den ich nicht glaube", kritisiert Lucas Fomsgaard weiter.