Die meisten Religionen und Glaubensgemeinschaften tun sich schwer mit dem Thema Sexualität. Der vielleicht wichtigste Akt im Leben von uns Menschen wird von vielen verteufelt. Als sei der Geschlechtsverkehr etwas Schmuddeliges, Unappetitliches. Dabei vergessen die religiösen Fundis, dass sie ihre Existenz dem Zeugungsritual verdanken. Und: Ihr Gott hat die Sexualität gestiftet, um Überleben und Arterhaltung zu sichern.
Einer der Hauptgründe für die Verteufelung: Sexuelle Leidenschaft ist der Hauptfeind der dogmatischen oder fundamentalistischen Gemeinschaften. Sie versuchen, die Libido ihrer Anhänger durch Indoktrination zu unterdrücken.
Gegen die Macht der Lust verblasst der Glaube
Dies gelingt bei fast allen menschlichen Bedürfnissen, außer der Sexualität. Gegen die Macht der Lust verblasst der Glaube. Es ist denn auch kein Zufall, dass der Spruch "Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach" in einem religiösen Kontext entstanden ist.
Ein weiterer Grund für die Verteufelung ist das Machogehabe radikaler Religionsführer. Sie stellen die Frauen als Luder dar, die gezielt Männer verführen wollen. Und um sie abzuwerten, wird ihre "Unreinheit" angeprangert und die Menstruation im abwertenden Sinn interpretiert.
Auch im Islam und im Judentum ist das Menstruationsblut etwas "Unheiliges". Es symbolisiert die Unfruchtbarkeit und hält den Mann davon ab, seine "ehelichen Pflichten" erfüllen zu können.
Es trifft auch viele hinduistische Frauen, die während ihrer Tage den Tempel nicht besuchen dürfen. Und in islamistischen Kreisen werden Frauen in jeder erdenklichen Form unterdrückt. Fundis aller Art behandeln also Frauen gern als Menschen und Gläubige zweiter Klasse.
Kommt hinzu, dass in manchen Glaubensgemeinschaften die Frauen noch immer von den wichtigen Ämtern ferngehalten werden. Gerade von der wohl größten Organisation weltweit, der katholischen Kirche. Und in vielen Freikirchen. Auch die orthodoxen Juden fallen nicht dadurch auf, dass sie die Frauen gleichberechtigt behandeln. Die Mormonen schon gar nicht.
Die Unterdrückung und Stigmatisierung hat eine lange Geschichte. Wir finden sie auch in der christlichen Genesis. Gott hat Eva laut Bibel aus einer Rippe von Adam "modelliert", und die angeblich raffinierte und hinterhältige Eva soll Adam zur Sünde verleitet haben, was schließlich zur Verbannung aus dem Paradies führte.
Kritisch hinterfragen muss man auch die Jungfrauengeburt, die schon in der Antike gepredigt wurde. Mythen und Legenden erzählen, dass hochrangige Gläubige und Adlige von Göttern auf geistige Weise gezeugt worden sein sollen. Zum Beispiel die Pharaonen. Es durfte nicht sein, dass die "Heiligen" bei einem "schmutzigen Geschlechtsakt" geschaffen wurden.
Die Jungfrauengeburt spielt auch bei der christlichen Lehre eine Rolle. Im Glaubensbekenntnis der katholischen Kirche heißt es, Jesus Christus wurde "empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria".
Wie ging die Zeugung von Jesus vor sich?
"In Einsiedeln wird die Jungfrau und Gottesmutter Maria unter dem Titel 'Unsere Liebe Frau von Einsiedeln' besonders verehrt", heißt es auf der Homepage des Klosters. "Seit vielen Jahrhunderten gehören in Einsiedeln die Marienverehrung und die 'Schwarze Madonna' zusammen." Auch im Matthäus- und im Lukas-Evangelium steht, dass eine Jungfrau ein Kind empfangen und gebären werde (Mt 1,18-25; Lk 1,26-38).
Es wird auch insinuiert, dass Joseph als Verlobter keinen Geschlechtsverkehr mit Maria gehabt habe. Heute interpretieren gemäßigte Theologen den Begriff Jungfrau als "junge Frau". Wie auch immer: Die Diskussionen zeigen, dass Strenggläubige die Zeugung des Sohnes Gottes verklären möchten.
Zur Sexualfeindlichkeit gehört auch der Zölibat in der katholischen Kirche. Das "Fleisch" muss abgetötet oder zumindest gezähmt werden. Dass dies ein frommer Wunsch oder ein hoffnungsloses Unterfangen ist, zeigen die vielen Übergriffe und Missbräuche der Geistlichen.
Auch Geistliche erliegen der Kraft der Sexualität
Sie brechen bei Übergriffen auf Kinder nicht nur den Zölibat, sondern begehen ihrer Lust Willen ein schweres Verbrechen im strafrechtlichen Sinn. Eine "Todsünde", die die Kirchenfürsten jahrhundertelang gebilligt und vertuscht haben.
Die biblische Aufforderung "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" (Mk 12:31) betrifft die Frauen in der religiösen Männerwelt offensichtlich nicht. Denn da sind die Männer gleicher als die Frauen.
Es gibt eine Ausnahme, die die Regel bestätigt: In vielen Männerklöstern wird Maria abgöttisch verehrt.
Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.
13 Kommentare
Kommentare
Reinald am Permanenter Link
Der Artikelt erklärt leider wenig zum weshalb und warum, sondern präsentiert eine Sammlung religiöser Sitten.
Spannend fand ich folgendes Erklärmodell:
Der Sexualtrieb ist mental mehrfach täglich präsent. Ihn mit religiösen Inhalten zu verknüpfen, bringt die Religion (in Form des schlechten Gewissens) täglich ins Bewusstsein. Daher die Obsession fast aller Religionen auf Sexualität - es gewährleistet den Weg in den Alltag.
Parallelen finden sich auch in nicht-religiösen Bereichen, auch andere Ideologien nutzen diesen psychologischen Trick, um ihre Ideologie im Alltag zu verankern. Beispiele finden sich in den US-amerikanischen neo-faschistischen Bewegungen, die ihren Mitgliedern auch gerne "no-porn" und "no-masturbation" Regeln auflegen, aber mit Religion nix zu tun haben. Die Verankerung der Ideologie im Alltag der Menschen funktioniert auf diesem Wege sehr zuverlässig.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Dieser Artikel zeigt eindeutig die Perversität von jeglichen Religionen und die damit verbundenen weltweiten Probleme mit Religionen.
Wir können zum Mond fliegen, aber Geister beten wir noch immer an, wie krank ist das denn?
David Z am Permanenter Link
Komplexes Thema. Ich denke, man kann die ohne Frage in einigen Religionen vorhandene Sexualfeindlichkeit nur aus der archaischen Entstehungsgeschichte erklären.
Auf der anderen Seite: Fehlende Freizügigkeit oder sexuelle Verklemmtheit kann man den alten Römer (polytheistischen Religion) jedenfalls nicht vorwerfen (auch wenn das Verhalten von Mann und Frau nicht gleich bewertet wurde). Es wird also einmal mehr ersichtlich: Religionen sind nicht alle gleich. Sie unterscheiden sich in ihren Ideen und Konzepten.
wolfgang am Permanenter Link
Ist schon komishc, alles, was Spap macht, verbieten angeblich die Religionen, nein, es sind die vernagelten Menschen, aber die sich gleichzeitig ihren "Gott" so hinbasteln, wir er ihnen am besten in den eige
E. Steinbrecher am Permanenter Link
Wenn es nur Verteufeln wäre, was allein religiös motivierten Irrsinn genug zeigt, wäre es schon menschenverachtend ohne Ende. Aber - bei Worten blieb und bleibt es nicht!
Der hinduistische Glauben widerspricht, mit der Frauen diskriminierenden Haltung, den eigenen Vorläufern der Religion. Schon altindische Philosophen erkannten absolut richtig, nach den wichtigsten Trieb des Menschen gefragt, diesen im Geschlechtstrieb.
Zur Jungfrauengeburt sei angemerkt, das diese selbst in präantiken Religionen weit verbreitet war, ja anscheinend Usus, und vom Christentum lediglich abgekupfert wurde.
Bei der Liebe zu Maria, übersieht man manchmal, das der Name zurück geht auf Ma rim.
Dies war die sumerische Bezeichnung für Mutter Erde plus entsprechender Ambiguität.
Die schwarzen Madonnen, die auch aber nicht nur von keltischen Druiden durch katholische Missionare übernommen wurden, symbolisieren dies mehr wie anschaulich.
Das die selbsternannte Mutter Kirche ein Hort für Missbrauch in a l l e n Bereichen war und ist, dürfte unstrittig sein. Warum man Seitens der Justiz hier nicht endlich einschreitet, wird sich mir nie erschließen. Jeder andere Verein, dessen Mitglieder immer wieder straffällig werden, wird ausgehoben und verboten. Wobei: Die heilige Hütte brennt hier nicht nur an allen Ecken in Deutschland und Europa sondern weltweit, wo immer diese "guten Hirten" vorhanden sind!
Werner Helbling am Permanenter Link
Die DNA aller Religion besteht aus: Manipulation, Beeinflussung, mit Angst einflössen die Schäfchen unterdrücken, Lug und Betrug und grenzenlosen Heuchelei (besonders stark ausgeprägt bei den Katholen.) So werden 70 –
Putin lässt sich betend und bekreuzigend in den orthodoxen Kathedralen ablichtend!
Frans Joris Fabri am Permanenter Link
"Heute interpretieren gemäßigte Theologen den Begriff Jungfrau als "junge Frau""
Klaus Bernd am Permanenter Link
In der Enzyklika Humanae Vitae versucht Papst Paul VI die Verteufelung durch Verheiligung zu ersetzen: „Die überaus ernste Aufgabe, menschliches Leben weiterzugeben, durch die die Gatten freie und bewußte Mitarbeiter
Dass „Fundis“ Frauen gern als Menschen und Gläubige zweiter Klasse behandeln wage ich dahingehend zu überspitzen, dass sie Frauen eher als eigene, dem Macho weit unterlegene, Spezies behandeln.
Die „Unbefleckte (!) Empfängnis“ der Jungfrau erfolgte laut KKK durch „Überschattung“ und das nicht etwa durch Papa Gott sondern durch den Heiligen Geist. Schon an den beiden Worten „unbefleckt“ und „Überschattung“ kann man das unglaublich verklemmte Verhältnis des katholischen Klerus zur Sexualität festmachen.
Sie brechen bei Übergriffen auf Kinder nicht nur den Zölibat, sie beweisen damit auch, dass all die Weihen und Segnungen, die sie erhalten haben zu nichts nütze waren !
Bei der Gelegenheit möchte ich nochmal meine Meinung bekräftigen, dass die Aufhebung des Zölibat nicht die Wunderwaffe gegen Kindesmissbrauch ist, als die sie immer wieder dargestellt wird. Und außerdem: kennt niemand mehr die alte Bauernweisheit
Pfarrers Kinder, Müllers Vieh
Gedeihen selten oder nie.
?
Und nicht nur die eigenen Gläubigen will Paul VI belehren, sondern „alle Völker“. Was für eine Anmaßung !
Denn so steht es in
Der Heilige Stuhl, ENZYKLIKA SEINER HEILIGKEIT PAUL PP. VI.
HUMANAE VITAE ÜBER DIE WEITERGABE DES LEBENS
An die Ehrwürdigen Brüder, die Patriarchen, die Erzbischöfe, Bischöfe und die übrigen Ortsordinarien, die mit dem Apostolischen Stuhl in Frieden und Gemeinschaft leben,
an den Klerus und die Christgläubigen des ganzen katholischen Erdkreises sowie an alle Menschen guten
Willens
EHRWÜRDIGE BRÜDER, LIEBE SÖHNE UND TÖCHTER!
GRUSS UND APOSTOLISCHEN SEGEN!
(Man beachte auch, dass es hier nur (ehrwürdige !) „BRÜDER“ und keine „SCHWESTERN“ gibt. Frauen tauchen hier nur als Töchter auf.)
„19. Unsere Worte wären nicht der volle und deutliche Ausdruck der Gedanken und Sorgen der Kirche,
der Mutter und Lehrmeisterin aller Völker (!), wenn sie den Menschen, die sie zur treuen Befolgung von Gottes Gebot über die Ehe auffordern, …“
Man muss wohl nicht erläutern, dass hier gilt: Die Kirche bin ICH, der Papst.
A.S. am Permanenter Link
Sex zu verbieten erzeugt zuverlässig Schuldgefühle. Schuldgefühle lassen sich ausnutzen...
SG aus E am Permanenter Link
Immer wieder behaupten sakularistische Aktivist*innen, Säkulare seien links. Davon ist auf hpd.de und in den Kommentaren leider erschreckend wenig zu merken.
Macht sich hier niemand Gedanken, welche Rolle die Regulierung der Sexualität und der Familienstrukturen in Gesellschaften vor der Bismarckschen Sozialgesetzgebung gespielt haben könnte? In den Zeiten vor Erfindung der Pille war eine häufige Folge von Sexualität: Kinder. Zu regeln war also: Wer sorgt für sie? Und wer sorgt späten für die Alten? Ich denke, das sind die wirklichen Probleme, die anno dazumal zu lösen waren (und heute noch in vielen Ländern der südlichen Hemisphäre).
Erst danach kamen Fragen der persönlichen Lebensführung wie Mäßigung, Selbstbeherrschung usw. Über deren Sinn kann in zweiter Linie natürlich auch diskutiert werden.
MfG
Zweiflerin am Permanenter Link
Und ihre Versuche, patriarchale Unterdrückungsstrukturen, unter denen wie immer v.a. die Frauen gelitten haben, in Schutz zu nehmen, sind dann links oder wie?
Schleyer, Manfred am Permanenter Link
Ge-schlecht und Gesch-lechz-verkehr. - Nomen est omen ;-)
Lisa am Permanenter Link
Das Buch "Female Choice" von Meike Stoverock behandelt dies auch in einem Kapitel, kann ich sehr empfehlen!