Frauen gegen den Hijab

Strengere Sittengebote spalten Irans Bevölkerung

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Präsident Ebrahim Raisi möchte, dass im Iran die Hijab-Regeln eingehalten werden. Gegen Verletzungen der Kleiderordnung geht die Regierung hart vor. Eine neue Polizeieinheit kontrolliert, ob die Iranerinnen islamisch genug gekleidet sind. Die Gesellschaft ist gespalten. Kritiker meinen, die Regierung wolle mit der Verschärfung des Hijab-Mandats nur von der wirtschaftlichen Not des Landes ablenken.

Die weltoffene junge Bevölkerung und die liberal gesinnte Mittelschicht auf der einen, traditionalistische Iraner*innen auf der anderen Seite – während die einen im Juli die iranische "Keuschheits- und Hijab-Woche" hochjubelten, filmten sich Tausende iranische Frauen dabei, wie sie mit abgenommenen Kopftüchern durch die Straßen von Teheran und anderen Städten liefen. Unter dem Hashtag "No2Hijab" posteten die Frauen Videos und Fotos von sich ohne Kopftuch.

Die iranische Sittenpolizei – die strengste der Welt

Die kollektive Aktion der Frauen sei ein Versuch gewesen, ihre Unzufriedenheit auszudrücken, schreibt der iranische Journalist Kourosh Ziabari. Für Furore sorgte die Ermordung eines ehemaligen Boxers. Der Mann wurde von einem Sittenpolizisten erschossen, weil er seiner Frau beistehen wollte, die wegen "falscher Verschleierung" von der Sittenpolizei bedrängt wurde. 

Die Raisi-Regierung habe eine ganze Abteilung der Polizei damit beauftragt, die obligatorischen Hijab-Vorschriften durchzusetzen. Die Sittenpolizei verhafte jedes Jahr Hunderte von Frauen, weil sie sich unzureichend islamisch kleiden würden. Die religiöse Polizeieinheit verfüge über ein Budget von 3,8 Millionen Dollar. Mit ihrer neuen Strenge übertreffe die iranische Regierung sogar Saudi-Arabien, eine der konservativsten muslimischen Nationen der Welt. Die Saudis würden ihre Hijab-Orthodoxie aufweichen, so Ziabari. Im Iran geht die Regierung so weit, dass auf dem größten Friedhof des Landes Porträts von unverschleierten Frauen auf Grabsteinen entfernt werden.

Kontrolle einer widerspenstigen Bevölkerung

"Um ehrlich zu sein, die iranische Hijab-Saga hat nichts mit Religion zu tun", betitelte der Journalist Ziabari einen Kommentar. Er meint, die neuen Richtlinien zielten darauf ab, die bürgerlichen Freiheiten ins Visier zu nehmen und nicht darauf, religiöse Werte zu schützen. Nicht einmal der desolate Zustand der nationalen Wirtschaft, die steigende Armut, die Inflation und die Flucht des Humankapitals oder die Korruption hätten so eine hohe Priorität wie die Art und Weise, wie sich Frauen kleiden sollten, so der Journalist. Die Hijab-Manie der iranischen Regierung überschreite die Grenzen religiöser Fürsprache.

Unterm Strich sei der Hijab für die iranische Regierung vor allem ein Versuch, den Griff um die Zivilgesellschaft zu festigen, glaubt Kourosh Ziabari. "Ziel ist es, eine eiserne Kontrolle über eine widerspenstige Bevölkerung zu behalten und sicherzustellen, dass die dynamische Jugend des Landes nicht den Mut aufbringt, weitere Forderungen an die bürgerlichen Freiheiten zu stellen."

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