WHO fordert Ende von Tests auf Jungfräulichkeit

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Paul Gauguin: Der Verlust der Jungfräulichkeit (1890/1891)

Im Oktober dieses Jahres hatte die World Health Organization (Weltgesundheitsorganisation, kurz WHO) festgestellt, dass Frauen und Mädchen noch in mindestens 20 Ländern demütigenden Tests auf Jungfräulichkeit unterzogen werden und ein sofortiges Ende gefordert. Diese Tests auf Jungfräulichkeit werden gerade in ländlichen Regionen z. B. Afghanistans oder Indiens noch immer durchgeführt und demütigen Frauen nicht nur, sondern können sie sogar ins Gefängnis bringen.

Jungfräulichkeitstests zielen darauf ab, das Hymen auf Risse zu untersuchen. Dabei werden die betroffenen Frauen und Mädchen, meist gegen ihren Willen, untersucht und teilweise gar zwei Finger eingeführt. Dann wird erklärt, ob die Betroffene Jungfrau sei oder nicht. Nicht nur die zahlreichen Berichte dieser Prozeduren zeigen auf, dass ein solcher Test nicht wissenschaftlich sein kann und das Ergebnis wohl eher dem Zufall oder dem Willen der untersuchenden Person entspringt. Die WHO erklärt, dass diese Tests keine Wirksamkeit belegen können und, was noch schwerer wiegt, eine sexuelle Diskriminierung mittels des gesellschaftlichen Konstruktes der Jungfräulichkeit darstellt.

In Afghanistan sind Tests auf Jungfräulichkeit bereits auf Druck von Menschenrechtsorganisationen weitestgehend verboten worden. Durchgeführt werden sie trotzdem. Mit verheerenden Folgen für die betroffenen Frauen und Mädchen. So sind diese Tests nicht nur demütigend oder gar Vergewaltigungen, sondern können auch zur Verstoßung und Haft der Betroffenen führen.

Menschenrechtsorganisationen berichten von Gefängnissen voller Mädchen, teilweise erst 13 Jahre alt, und Frauen, deren "Verbrechen" es ist, einen unwissenschaftlichen Test nicht bestanden zu haben. Teilweise Monate und Jahre verbringen die Frauen unter katastrophalen Bedingungen in Haft, um anschließend von Familie und Bekannten verlassen zu sein. Im schlimmsten Fall werden sie zur Wiederherstellung einer vermeintlichen Ehre getötet.

Um die Heiratsfähigkeit oder einen vermeintlichen Ehebruch zu prüfen, werden auch in Indien, ebenfalls entgegen einem Verbot, noch immer Tests auf ein intaktes Hymen durchgeführt. Besonders abstrus dann, wenn Betroffene von Vergewaltigung diesen unterzogen werden. Schließlich eignet sich das Einführen von Fingern nicht nur nicht zur Feststellung der Jungfräulichkeit, sondern zerstört womöglich auch Beweise sexueller Gewalt und belastet die Betroffene erneut.

In Ländern wie z. B. Ghana, Sierra Leone, Afghanistan und Indien nehmen Menschenrechts- sowie Ärzteorganisationen den Vorstoß der WHO mit Begeisterung auf und erhoffen sich eine striktere Umsetzung bereits existierender Verbote.

Teilweise gefordert wird eine Erweiterung auch auf weitere Tests, denen Frauen sich unterziehen müssen, um beispielsweise eheliche Treue körperlich zu beweisen. Einer davon ist die Untersuchung auf Sperma in der Scheide. Dabei wird völlig unwissenschaftlich entschieden, ob nun Sperma entdeckt wurde oder nicht. Die Entdeckung wird nicht darauf untersucht, ob es sich tatsächlich um Sperma handelt und wenn ja, ob es sich um Sperma des Ehemannes handelt. Auch hierbei entscheidet wohl eher die Laune der testenden Person über die Zukunft der betroffenen Frau.