Beratung oder Werbung?

Der Kompromissvorschlag der Großen Koalition ist eine Null-Nummer

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Kristina Hänel mit ihrem Verteidiger Karlheinz Merkel

Nach monatelangem Warten liegt nun ein Vorschlag zum Informationsverbot für Schwangerschaftsabbrüche vor. Unter der Überschrift "Werbung" wird im § 219a StGB die sachliche Information seitens der durchführenden Ärztinnen und Ärzte verboten. Die von Strafverfahren betroffene Ärztinnen sind entsetzt. Bei genauerem Hinsehen erweist sich der als Kompromiss ausgegebene Vorschlag als Null-Nummer.

In einer gemeinsamen Presseerklärung von heute erklären die Ärztinnen Kristina Hänel, Nora Szász und Natascha Nicklaus: "Der § 219a bleibt komplett bestehen incl. seiner Strafandrohung von zwei Jahren Gefängnis. Die restlichen Vorschläge, die die Situation verbessern sollen, sind flankierende Maßnahmen, die bereits jetzt möglich sind."

"Weitere Ausführungen sind Willenserklärungen, z. B. sollen Information seitens staatlicher oder staatlich beauftragter Stellen zum Schwangerschaftsabbruch zur Verfügung gestellt werden. Das war auch bisher möglich, der Staat hat aber seine Aufgabe, für ein flächendeckendes Netz ambulanter und stationärer Einrichtungen zu sorgen, nicht wahrgenommen, sondern die Frauen noch den Seiten der Abtreibungsgegner ausgeliefert, auf denen sie bei der Suche nach Adressen gelandet sind."

Der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon, sagte dem hpd: "Der sogenannte Kompromissvorschlag der Bundesregierung ist ein Kniefall vor den Interessen christlicher Lebensschützer und stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates dar."

Die drei Ärztinnen sind empört, "dass aus politischem Machtkalkül und aus Angst vor rechts Frauenrechte so verraten und wir Ärztinnen weiterhin kriminalisiert werden." Für sie sind Informationsrechte Menschheitsrechte, die selbstverständlich auch für Frauen gelten. Doch nach dem sog. Kompromiss "zum Schwangerschaftsabbruch werden auch Ärztinnen und Ärzte in Zukunft nicht informieren dürfen, sie dürfen dann lediglich auf die staatlichen Stellen verweisen."

"Wir dürfen die religiöse Schikane, die mit der Aufrechterhaltung der Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und dem Beratungszwang für abtreibungswillige Frauen einhergeht, nicht länger hinnehmen!" Für Schmidt-Salomon ist es deshalb "an der Zeit, die Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch grundlegend zu revidieren, wie wir dies bereits im Februar 2018 gefordert haben. Hierzu müssen wir den Druck auf die Politik erhöhen. Die Parlamentarier sollten endlich einsehen, dass private Glaubensvorstellungen in der Gesetzgebung eines demokratischen Verfassungsstaates nichts verloren haben."