Regionalgruppe der Giordano Bruno Stiftung Stuttgart

Wahlprüfsteine zur Landtagswahl BW veröffentlicht

BERLIN. (hpd) Am kommenden Sonntag wird in Baden-Württemberg ein neuer Landtag gewählt. Die Regionalgruppe der Giordano Bruno Stiftung (GBS) Stuttgart verschickte an Kandidaten im Großraum Stuttgart Fragen, die nach den säkularen Zielen der Parteien und Kandidaten fragte. Die Ergebnisse veröffentlichte die GBS-Regionalgruppe am gestrigen Tage.

Die Wahlprüfsteine der GBS Stuttgart konzentrieren sich auf Fragen der konfessionsfreien Bevölkerung, die nicht im Zentrum der täglichen Äußerungen stehen, da viele Bürger und die Medien die Fakten hierzu nicht kennen. Politiker berücksichtigen diese Themen auch nicht in ihren Wahlprogrammen. Deshalb wurden diese Themen von der Regionalgruppe in 19 Fragen dokumentiert und an über 130 Kandidaten in der Region Stuttgart gesendet.

Es gab allerdings nur 33 Rückmeldungen, teilweise zentral im Namen der Partei, mehrheitlich als persönliche Rückmeldungen von Einzelkandidaten:

"Wir wollten von den Parteien und Kandidaten mehr wissen, als im Wahl-O-Mat zu erfahren ist und haben folgende Fragen gestellt:

  1. Konkordate und Kirchenverträge kündigen
  2. Ablösung der Staatsleistungen
  3. Die kirchliche Dominanz bei der Vertretung der Bevölkerung in Gremien beenden
  4. Rechte der Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen
  5. Integrativer Ethik- oder Religionskundeunterricht ab der ersten Schulklasse
  6. Evolution im Bildungsplan, ab der Grundschule
  7. Angebot an öffentlichen sozialen Einrichtungen
  8. Entfernung des Gottesbezugs aus der Landesverfassung Baden-Württembergs
  9. Säkularisierung der Bildung (Schulgesetz)
  10. Säkularisierung von Kindergärten und Kitas (Orientierungsplan)
  11. (Einfluss durch) Persönliche religiöse Prägung der Wahlkandidaten
  12. Staatliche Finanzierung und Subventionen
  13. Göttliche Gebote wichtiger als demokratische Gesetze?
  14. Kirchen als Lobbyorganisationen
  15. Feiertagskultur, Tanz- und Veranstaltungsverbote, Feiertagszensur für Filme
  16. Friedhofszwang lockern
  17. Staatlich finanzierte Seelsorge und Missionierung
  18. (Einstellung der) Zusammenarbeit mit konservativen Islamverbänden
  19. Abschaffung des Strafgesetzbuchparagrafen 166 (Blasphemie-Paragraph)"

Auswertung der Rückmeldungen

Offensichtlich zögern viele Kandidaten, eine Rückmeldung zu senden, die überwiegend Ablehnungen zu den gestellten Fragen enthält. Von den aktuell im Landtag vertretenen Parteien kamen nach einem Erinnerungsschreiben doch noch Rückmeldungen, die eine Auswertung zuließen. Von der FDP kamen sechs Rückmeldungen, von der CDU kamen sechs Rückmeldungen, von den Grünen kamen fünf Rückmeldungen. DIE LINKE lieferte sechs Rückmeldungen. Von der SPD kamen lediglich zwei Rückmeldungen – die man deshalb mit Vorbehalt interpretieren muss.

Die Antworten von Bündnis 90/DIE GRÜNEN und von der SPD legen nahe, dass im Großraum Stuttgart keine Kandidaten vorhanden sind, die den Säkularen Grünen oder dem Arbeitskreis LaizistInnen in der SPD nahe stehen. Säkulare Kandidaten wären aufgrund der Antworten zu erkennen gewesen und hätten auch ohne Zögern die Fragen überwiegend positiv beantwortet.

Von ALFA ("Allianz für Fortschritt und Aufbruch" – die neue Partei von AfD-Gründer Bernd Lucke), von der Piratenpartei und von FREIE WÄHLER kamen zentrale Rückmeldungen, die als Parteiposition zu werten sind.

Die Parteien NPD, Republikaner, Die Rechte, die Ökologisch-Demokratische Partei, "Die Partei" und das "Bündnis C – Christen für Deutschland" haben auf Parteiebene auf das Anschreiben nicht reagiert und keine Rückmeldungen zur Verfügung gestellt. Von einzelnen Kandidaten dieser Parteien waren keine e-mail-Kontaktadressen ausfindig zu machen.

Bei der AfD waren auch keine e-mail-Kontaktaktessen der Kandidaten ausfindig zu machen. Die AfD hat die Anfrage aber intern an alle Kandidaten weitergeleitet. Von drei AfD-Kandidaten kamen überraschende Rückmeldungen. Es haben drei Kandidaten reagiert, die eine innerparteiliche Gruppe bilden, die "Agnostiker in der AfD". Damit hat im Großraum Stuttgart die AfD mehr Agnosiker / konfessionsfreie Kandidaten als die CDU, SPD und FDP zusammen, die im Großraum Stuttgart vermutlich nur einen konfessionsfreien Kandidaten haben (der die Wahlprüfsteine beantwortet hat). Die drei Kandidaten der AfD haben bei 17 von 19 Fragen mit "Ja, Zustimmung" geantwortet. Sie haben aber auch bestätigt, dass es "offen gesagt, leider auch religiöse, parteiinterne Gegengruppen" gibt. Von den "religiösen" Kandidaten der AfD, die vermutlich die Mehrheit dieser populistischen Partei ausmachen, kam jedoch keine Rückmeldung. Wir erlauben uns deshalb, die drei definitiv einseitigen Rückmeldungen nicht als Auswertung der Partei zu werten.

Dass es eine Gruppe Agnostiker in der AfD gibt, ist überraschend und nicht leicht erklärbar. Ist es die übliche Bandbreite des Meinungsspektrums innerhalb einer Partei? Sind es Kandidaten, die in der Partei bleiben, weil sie in dieser Partei laut Umfragen eine höhere Chance haben, in den Landtag gewählt zu werden?

Auswertung

Zusammenfassung der Ergebnisse nach Parteien:

Die Tierschutzpartei und die DKP haben alle 19 Fragen mit "Ja, Zustimmung" beantwortet. Eine hohe Zustimmung zeigen auch die Piratenpartei ("Ja, Zustimmung" im Durchschnitt bei 18,25 Fragen), Die Linke (16,1), und die Allianz für Fortschritt und Aufbruch – ALFA (16,0).

Bei den etablierten Parteien, die für die Wahlperiode von 2011 bis 2016 Im Landtag von Baden-Württemberg vertreten sind, ist die Zustimmungsrate deutlich geringer. Die Antwort "Ja, Zustimmung" gibt die FDP bei durchschnittlich 8,25 Fragen, die Grünen folgen mit Zustimmung bei durchschnittlich 5,8 Fragen, die SPD mit durchschnittlich 4,75 Fragen. Das Schlusslicht bildet die CDU mit durchschnittlich 4,18 Zustimmungen. Immerhin gibt es auch bei der CDU einige Ja-Stimmen.

Die AfD wurde nicht ausgewertet. Die Partei hat nicht als Partei geantwortet, aber die Anfrage an alle Kandidaten weitergeleitet. Von den Kandidaten der Partei haben drei Kandidaten der innerparteilichen Gruppe “Agnostiker in der AfD” bei durchschnittlich 16,83 Fragen mit “Ja, Zustimmung” sehr erfreulich geantwortet. Es wäre aber eine einseitige Darstellung, da von der wahrscheinlichen Mehrheit der vermutlich überwiegend religiösen Kandidaten keine einzige Rückmeldung kam.

Zusammenfassung der Ergebnisse nach Fragen:

Die meiste Zustimmung hat Frage 11 (Einfluss durch persönliche religiöse Prägung der Wahlkandidaten) bekommen, gefolgt von den Fragen 13 (Göttliche Gebote wichtiger als demokratische Gesetze?), Frage 18 (Einstellung der Zusammenarbeit mit konservativen Islamverbänden?), Frage 6 (Evolution im Bildungsplan, ab der Grundschule), Frage 19 (Abschaffung des Blasphemie-Gesetzes)."