Am vergangenen Freitag stellte sich der Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO) im Haus der Bundespressekonferenz erstmalig in dieser Form der Öffentlichkeit vor. Unter dem Motto "Konfessionsfreie in der Mitte der Gesellschaft. Gemeinsame Wertvorstellungen und Interessen" begrüßte KORSO-Vorsitzender Helmut Fink die Journalisten und eine Gruppe von Studierenden eines Masterstudiengangs für Medien an der FU Berlin.
In der Breite der Bevölkerung verliere Religion immer mehr an Bindungskraft, so Fink in seinem Eingangsstatement. In der deutschen Bevölkerung sei derzeit etwa 29 Prozent katholisch, etwa 28 Prozent Mitglied der evangelischen Kirche. Deshalb bilden mit 36 Prozent die Konfessionsfreien derzeit bereits die größte Gruppe in Deutschland, Tendenz steigend. Nach Expertenschätzungen wird um das Jahr 2025 mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung nicht mehr einer der beiden Großkirchen angehören.
Fink wies darauf hin, dass die Säkularen bisher nicht groß auffallen und in den Medien und der Politik unterrepräsentiert sind. Das liege vermutlich auch am geringen Organisationsgrad der konfessionsfreien Bevölkerung und daran, dass Konfessionsfreie an manchen Stellen der Gesellschaft durchaus Benachteiligungen erfahren.
Gemeinsames Interesse der Säkularen sei es unter anderem, so Fink weiter, die weltanschauliche Neutralität des Staates einzufordern. Der Staat darf – als Heimstatt aller Bürgerinnen und Bürger – keine einzelnen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften gegenüber anderen bevorzugen oder privilegieren. Ein wichtiges Anliegen sind deshalb faire Bedingungen im "Wettbewerb der Weltanschauungsgemeinschaften". Ein weiterer Punkt ist die proportional angemessene Vertretung konfessionsfreier Menschen in den Medienräten.
Rechtsanwalt Dr. Thomas Heinrichs stellte auf dem Podium kurz die von ihm im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vorgelegte Studie "Weltanschauung als Diskriminierungsgrund" vor. Anschließend kritisierte die Leiterin der "Bundeszentralstelle Patientenverfügung" beim Humanistischen Verband Deutschlands (HVD), Gita Neumann, den Einfluss kirchlicher Organisationen auf den Gesetzgebungsprozess am Beispiel der kürzlich erfolgten Neuregelung der Sterbehilfe.1
Abschließend erläuterte der stellvertretende KORSO-Vorsitzende Professor Helmut Kramer die Entstehungsgeschichte des KORSO sowie regionale Aktivitäten des Säkularen Forums in Hamburg. Er wies darauf hin, dass aus der sprachlichen Gemeinsamkeit des Begriffs "säkular" eine gemeinsame Basis der Verbände des konfessionsfreien Spektrums entstand. So konnte aus einer "Sichtungskommission" im Jahr 2008 der Koordinierungsrat säkularer Organisationen – KORSO – entstehen.
Die Positionen und Forderungen des KORSO sind im Einzelnen hier aufgelistet und thematisch erläutert.
- Die Ausführungen von Gita Neumann bei der KORSO-Pressekonferenz wird der hpd im Wortlaut dokumentieren. ↩︎
16 Kommentare
Kommentare
Achim am Permanenter Link
Das Thema "Die Konfessionsfreien in der Bevölkerung werden durch die Organisationen Konfessionsfreier vertreten" finde ich regelmäßig sehr irritierend.
"Deshalb bilden mit 36 Prozent die Konfessionsfreien derzeit bereits die größte Gruppe in Deutschland, Tendenz steigend. Fink wies darauf hin, dass die Säkularen bisher nicht groß auffallen und in den Medien und der Politik unterrepräsentiert sind. Das liege vermutlich auch am geringen Organisationsgrad der konfessionsfreien Bevölkerung ..."
Ich habe den Eindruck, dass hier säkular als politische Ausrichtung und konfessionsfrei als Zustand der Nicht-Kirchenmitgliedschaft vermischt wird.
Nur weil jemand nicht Mitglied einer Kirche ist, heißt das nicht, dass er sich von einer bestimmten Organisation vertreten fühlt, die eine nichtkirchliche Weltanschauung hat. Und zwar auch dann nicht, wenn es ein Rat mehrerer Organisationen ist. Nach gleicher Logik müsste man schließlich sagen: HVD, IBKA, BfG etc haben zusammen weniger als 40.000 Mitglieder, also lehnen 99,95% der Bevölkerung ihre Positionen ab.
Damit möchte ich nichts gegen die Forderung nach fairen Bedingungen etc. sagen, das ist ja berechtigt. Aber diese Vermischung von Mitglieds- und Repräsentationszahlen wirkt unehrlich. Und sie findet häufig statt. In der Broschüre "Humanistisches Selbstverständnis 2015" des HVD steht:
"Aber kann der Humanistische Verband für dieses Drittel der Bevölkerung
sprechen? Um das zu klären, wurden viele Umfragen in der deutschen Be-
völkerung durchgeführt. Nach einer Meinungsbefragung des Emnid-Insti-
tuts aus dem Jahr 2014 stimmen 29 % voll und ganz und 35 % eher der
folgenden Aussage zu: 'Ich führe ein selbstbestimmtes Leben, das auf
ethischen und moralischen Grundüberzeugungen beruht und frei ist von
Religion und Glauben an einen Gott.' In der deutschen Bevölkerung spielt
Religion eine wesentlich geringere Rolle als die Mitgliederzahlen der Kir-
chen noch vermuten lassen.
Auf eine weitere Frage, ob die nichtreligiösen Menschen eine Interessen-
vertretung wie den Humanistischen Verband wünschen, antworten 31 %
der Deutschen mit Ja, und 22 % erklären sich bereit, diesen Verband eh-
renamtlich oder als Mitglied zu unterstützen."
Ich habe keine Ahnung, wie die Zahlen entstanden sind oder ob sie einen generell an Umfragen zweifeln lassen sollten. Laut Wikipedia hat der HVD 21.000 Mitglieder. Das ist von 22% der Bevölkerung weit entfernt, selbst wenn man bei ehrenamtlich tätigen Nichtmitgliedern großzügig rechnet.
Horst Groschopp am Permanenter Link
Die Sache mit „säkular“ ist ein beschränktes historisches Denkprodukt und einfach undurchdacht, sehen wir einmal von den Methoden der Mitgliederberechnungen der Verbände ab.
Es werden Plätze für „Säkulare“ in diesen oder jenen Gremien gefordert, als ob Gewerkschaften, Parteien usw. nicht „säkular“ wären. „Säkulare“ (manchmal in der 1920er Form „weltliche“) Dienste sollen Trauerfeiern ausrichten, Krankenhäuser und Kindereinrichtungen betreiben usw. Sind „Volkssolidarität“ oder „Arbeitersamariterbund“ nicht säkular? Sie haben wahrscheinlich vom KORSO noch nie etwas gehört.
Das mit „säkular“ ist altes Isolationsdenken in Tradition des „freidenkerischen Lagers“. Selbst, wenn dermaleinst alles „säkular“ gemacht worden sein wird nach dem Ideal, täte sich doch weiterhin das wirkliche Problem auf, die Frage nämlich nach den Inhalten, nach den Kulturen säkularisierter Juden, Christen, Muslime… und denen von Konfessionsfreien und deren aller Bedeutung für die Gesellschaft.
Dann freilich wird die Sache mit den Religionen und Weltanschauungen relevant, nämlich, woraus die praktische Humanität begründet wird und was daraus jeweils konkret folgt. Eine säkulare Kita ist ebensowenig per se humanistisch wie ein KORSO Interessenvertreter der Konfessionsfreien ist, schon weil, wer einer Weltanschauungsgemeinschaft angehört, und der KORSO besteht u.a. aus solchen, formal gesehen selbst nicht mehr konfessionsfrei ist, sondern ein unitarisches, humanistisches, freireligiöses usw. „Bekenntnis“ hat. Aber wer bekennt sich heute noch zu etwas, abgesehen von den „Postfaktischen“.
Achim am Permanenter Link
"Die Sache mit „säkular“ ist ein beschränktes historisches Denkprodukt und einfach undurchdacht, sehen wir einmal von den Methoden der Mitgliederberechnungen der Verbände ab.
Puh. Es stimmt natürlich, dass säkular denkende Menschen davon ausgehen, dass es kein göttliches Einwirken gibt, aber das heißt nicht, dass es als gesellschaftspolitischer Begriff untauglich wäre - nämlich wenn man es so versteht, dass Weltdeutungen, die eine übersinnliche Autorität beanspruchen, dafür keine Privilegien erhalten.
"Dieser seltsame Name „säkulares Spektrum“ für die paar Verbände, die sich zusammengeschlossen haben, ist nach meinem Archiv vom Unitarier Helmut Kramer im Jahre 2000 für die „Sichtungskommission“ erfunden und dort eingeführt worden, des Kompromisses wegen, weil die Freidenker und die Unitarier dann auch dazugehören konnten. „Humanistisch“ wollten sie nicht sein. Seitdem geistert der Begriff um uns herum und vernebelt die Sicht auf Realitäten."
Ehrlich gesagt ist es für jemanden wie mich, der kein "Insider" dieser ganzen Verbände und ihrer Historie ist, ziemlich schwierig diese auseinander zu halten. Ich finde so etwas wie eine Organisation, die praktische Lebenshilfe und Orientierung anbietet, ohne sich auf Göttliches zu berufen, äußerst wichtig - aber was z.B. der "Humanismus" beim HVD darüber hinaus bedeutet, weiß ich nicht, also ob damit noch irgendwelche Vorstellungen einher gehen, die weniger leicht ersichtlich sind. (Ich kann mir sonst kaum erklären, warum der HVD z.B., wenn ich das richtig in Erinnerung habe, Lehrstühle für Humanistik will und was das überhaupt bedeuten soll.)
"Es werden Plätze für „Säkulare“ in diesen oder jenen Gremien gefordert, als ob Gewerkschaften, Parteien usw. nicht „säkular“ wären."
Das habe ich mich bei den KORSO-Statements auch gefragt.
"„Säkulare“ (manchmal in der 1920er Form „weltliche“) Dienste sollen Trauerfeiern ausrichten, Krankenhäuser und Kindereinrichtungen betreiben usw. Sind „Volkssolidarität“ oder „Arbeitersamariterbund“ nicht säkular? ..."
Das ist ein wichtiger Punkt: Was genau ist die Aufgabe einer humanistischen oder sonstwie zu nennenden Organisation, wenn sie über Religionskritik hinausgehen soll (auf die sich wiederum viele aktive Atheisten zu fokussieren scheinen).
"... Dann freilich wird die Sache mit den Religionen und Weltanschauungen relevant, nämlich, woraus die praktische Humanität begründet wird und was daraus jeweils konkret folgt. Eine säkulare Kita ist ebensowenig per se humanistisch wie ein KORSO Interessenvertreter der Konfessionsfreien ist, schon weil, wer einer Weltanschauungsgemeinschaft angehört, und der KORSO besteht u.a. aus solchen, formal gesehen selbst nicht mehr konfessionsfrei ist, sondern ein unitarisches, humanistisches, freireligiöses usw. „Bekenntnis“ hat. Aber wer bekennt sich heute noch zu etwas, abgesehen von den „Postfaktischen“."
Tja - was genau aber umfasst das humanistische "Bekenntnis"?
Horst Groschopp am Permanenter Link
Das ist jetzt etwas blöd, aber wie soll ich kurz erzählen, worüber ich seit Jahren schreibe und nun nur mal hin und wieder einzelne Sequenzen in diesen oder jenen hpd-Kommentar einstreue.
Achim am Permanenter Link
Das kann ich nachvollziehen. Allerdings ist natürlich für mich ein Buch, selbst wenn es moderate 287 Seiten hat, ein nicht so niedrigschwelliger Einstieg z.B.
Achim am Permanenter Link
Nachdem ich jetzt die oben genannten Rezensionen (auf Amazon sowie hier von Thomas Heinrich) und das Interview "Pro Humanismus" gelesen habe, glaube ich, Teile der Debatten besser zu verstehen, aber sicher b
Heinrich schreibt etwa: "Eine Weltanschauungsgemeinschaft ist aber auch nicht nur irgendein Sozialträger. Es ist gerade die Verbindung eines umfassenden, die Identität der Mitglieder prägenden Weltbildes und eines darauf beruhenden sozialen Engagements, was diesem eine besondere Qualität gibt, weil sich darin eine humanistische Haltung ausdrückt, die vorbildlich sein kann. Daher ist die AWO oder der paritätische Verband kein adäquater Ersatz für den Humanismus." Tja, und nun? Sollte der HVD die gleichen Dinge tun wie die AWO? Als Konkurrenz? Als Ergänzung? Oder ganz was anderes? Wo genau nun die Trennlinie zwischen "säkularem" oder "säkularisierendem" Humanismus einerseits und ethischem Humanismus andererseits verläuft, bin ich nicht sicher. Überspitzt gefragt: Ist der eine ein Religionskritik-Club und der andere ein Religionskritik-Club mit angeschlossener AWO?
Sorry, wenn das alles auf jemanden, der so lange den HVD mitgestaltet hat, sehr naiv klingen muss.
Horst Groschopp am Permanenter Link
Wegen der eigenen Position des Rezensenten in dieser Frage, stellt er den von mir in „Pro Humanismus“ vorgestellten Ansatz nicht entsprechend vor.
Religion ist kein Grundbegriff des Humanismus. Humanismus ist per se religionslos, aber durchaus religionskritisch, aber das ist nur ein Aspekt unter vielen anderen. Weiter: Kein Humanismus ohne Humanität. Nun kann zwar Humanität auch religiös begriffen und erklärt werden (und das ist gut so, sonst gäbe es keine Barmherzigkeit, Menschenrechte, Menschenbildung in Religionen; die Frage ist, wie sie hineingekommen sind, wer sie „erfunden“ hat, wie Humanität und Humanismus sich zueinander verhalten usw.; hier finden Sie Antworten in diesem Handbuch „Humanismus: Grundbegriffe“).
Was bedeutet das aber für Ihre Frage, die Sie ja gut herleiten und den Widerspruch benennen: Selbstredend sind AWO usw. humanitäre und in gewisser Hinsicht auch humanistische „Betriebe“, wie auch diejenigen des HVD; sie sind vergleichbar, aber nur der HVD ist zudem, auch nicht die HU, eine Weltanschauungsgemeinschaft. Das bedeutet, dass es das Problem des HVD ist (siehe „Pro Humanismus“), seinen speziellen Humanismus auf den „ganzen“ zu beziehen, zu sagen, was sein Beitrag in diesem großen internationalen, umkämpften Strom ist; er kann nicht mehr länger das, was er treibt und ja gut macht, als den Humanismus schlechthin für sich vereinnahmen. Das schließt ja eine Mehrheit von Humanisten aus.
Um Ihre Zuspitzung zuzuspitzen: Ein Religionskritikclub mit angeschlossener AWO ist die frühe Vergangenheit des HVD, er hat sich davon in seiner Praxis gelöst, abgesehen von den Vereinen in ihm, die keine solche Praxis haben (was sollen sie sonst machen?), aber ungenügend „theoretisch“ und entsprechend schwach in der öffentlichen Darstellung, sich nicht v.a. seiner Berlin-Bayerischen Praxis entsprechend dem allgemeinen Humanismus nachlesbar geöffnet.
Heinrichs und Neumann haben auf der PK des KORSO vorgestellt, was sie als dem HVD verbundener Jurist bzw. Verantwortliche für Sterbehilfe im HVD machen, aber sie haben nicht erklärt, was der HVD mit dem KORSO will. Das ist nämlich berechtigt strittig. Insofern war diese PK seltsam: 2 HVD-Leute haben das Sachliche berichtet, die PK und damit den KORSO gerettet. Ein ehemaliges HVD-Mitglied hat die Sitzung geleitet und ein Unitarier erklärt, wie er entstanden sein soll und was „säkular“ (für wen?) bedeutet. Von der gbs oder den Freidenkern keine Spur. Der Präsident der Jugendweihe, dies vor allem, aber auch für den HVD HH zuständig, hat aus dem Publikum heraus etwas erklärt, was Nichtteilnehmer nicht erfahren.
Ich fasse zusammen: Es ist innerhalb wie besonders außerhalb der „Szene“ nicht nachvollziehbar, wer hier warum für welchen Humanismus eintritt und wie sich dieser eigene Humanismus zu dem in der Gesellschaft verhält. Ein Religionskritikclub mit angeschlossener AWO würde weder für das eine noch für andere aus öffentlichen Mitteln auch nur eine müde Mark bekommen. Deshalb ist auch die Konzeption einer privaten Stiftung eine andere als die eines öffentlich geförderten Verbandes. Was sie im KORSO vereint, steht zur Debatte.
Achim am Permanenter Link
Ich hatte die Einstufung als "säkular" so verstanden, dass jene, die sich so bezeichnen, auf übersinnliche Legitimationen verzichten.
Allerdings scheint für eine Reihe von Menschen nicht Humanismus oder Vergleichbares der Antrieb zu sein, sondern fast ausschließlich die Zurückweisung von Religion (die Frage, ob es manchen vor allem um eine bestimmte Religion geht, ist ein anderes Thema). Das ist ja legitim, aber allein kann das wohl keine Orientierung bieten. Ob man eine solche Orientierungsquelle braucht und was den Humanismus von anderen nichtreligiösen Weltbildern unterscheidet, ist für mich diffus. (Ich werde mir ihre Grundbegriffe-Literaturempfehlung beizeiten mal ansehen.) Die HU beispielsweise hätte ich von ihrem heutigen Auftreten her (sofern sie noch auftritt; ich habe Anfang des Jahres mehrmals ihre Webseite besucht, da ich dachte, sie müssten doch zum Thema Kölner Polizei Stellung beziehen) trotz des Namens nicht in die Riege der Gruppen gezählt, die heutzutage als "humanistische" Organisationen auftreten; aber vielleicht bin ich da auch zu sehr davon geprägt, dass "humanistische" und "atheistische" Orientierung stark verschwimmen.
Was der Beitrag des HVD "in diesem großen internationalen, umkämpften Strom ist", ist mir nicht klar genug. Wenn der HVD kein Religionskritikclub mit angeschlossener AWO mehr ist (Sie sagen, das sei die frühe Vergangenheit des HVD), dann vermute ich von dem bisschen, was ich vom HVD weiß, dass er in Berlin eher in Richtung AWO gegangen ist (in NRW ist die Konkurrenz von, nunja, AWO und anderen Organisationen wohl zu groß), während der Religionskritikclub von anderen übernommen wird.
Für Ihre KORSO-Darstellung und die Zusammenfassung vielen Dank. Ob öffentliche Mittel ein Selbstzweck sein sollten, würde ich bezweifeln; aber vermutlich meinen Sie das anders.
Schließlich sei noch gesagt, dass die politischen Entwicklungen in Europa und den USA die Notwendigkeit einer funktionierenden Zivilgesellschaft verdeutlichen. Die Kirchen tragen dazu etwas bei, trotz aller Probleme, die das ihrer Natur nach mitbringt. Ob der HVD eine vergleichbare humanistische Alternative darstellt oder ob ich mich im Beitrag der Kirche verschätze, bin ich unsicher.
Horst Groschopp am Permanenter Link
Wir bewegen uns gedanklich auf einem weiten Feld und es ist eigentlich schade, dass unsere Grundsatzdebatte irgendwie im Netz verplätschert.
Dass bei dem Thema „‘humanistische’ und ‘atheistische’ Orientierung stark verschwimmen“, resultiert aus der Geschichte, die der organisierte Humanismus hierzulande aus der Freidenkerei heraus genommen hat (und noch darin verschwommen ist). Deshalb auch die Betonung auf „säkular“.
Eine große Schwierigkeit bei den Akteuren sehe ich darin, dass zu viel philosophisch (sogar oft nur erkenntnistheoretisch), zu wenig kulturell argumentiert wird. Religion (und dann auch Humanismus) wird zu eng gesehen, etwa als Ideologie. Religionen sind aber Kulturen, die man nicht einfach „ablegen“ kann, weil man eben in Gemeinschaften entsprechend sozialisiert wird, Feste feiert, Rituale befolgt, Legenden fortträgt, Mythen pflegt, Speisen meidet, wie man Sexualität sieht und „macht“, was Natur ist und Sozialregeln sind usw. usf. Wenn man Humanismus ähnlich (in dieser Dimension) sieht, ist der Blick auf den Atheismus oder den HVD oder anderes weniger engführend. Es kommen andere Probleme und andere Sichtweisen, v.a. Lebensweisen, in die Betrachtung.
Noch kurz etwas zur HU: Ihre Geschichte (siehe „Pro Humanismus“) beginnt in den 1950ern vor dem HVD (1993 ff.), lief längere Zeit parallel (viele Doppelmitgliedschaften; gemeinsame Tagungen usw.), dann ging der HVD konsequenter den Weg als „Weltanschauungsgemeinschaft“ mit Sozialbetrieb (zunächst Berlin, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, letztere beiden gingen dann pleite; und dann kam Nürnberg hinzu) und die HU in Richtung Bürgerrechtsvereinigung, wo sie das Staat-Kirche-Thema einbettet, dem sie sich früher vorrangig widmete. Als Bürgerrechtsvereinigung beackert sie heute erfolgreich das Feld der Humanisierung des Rechts und hat hier wichtige gesellschaftliche Funktionen im Rahmen des Humanismus.
Zu den Lustigkeiten der gemeinsamen Geschichte gehört, dass die HU 1992 dem HVD erlaubt hat, sich Humanistischer Verband zu nennen; und dass der Vorstand der HU in den letzten Jahren vergeblich sich mühte, sich nicht mehr als Humanistische Union zu bezeichnen.
Abschließend: Selbstredend ist von meiner Warte aus auch die AWO mindestens eine humanitäre, aber in großen Teilen auch humanistische Organisation. Das ist ja eines der Probleme des HVD und der „Säkularen Szene“.
Manfred Schleyer am Permanenter Link
Eine Anmerkung: Auch von den Katholiken und Evangelischen dürfte der größte Anteil Taufschein-Christen, also Tauf-Scheinchristen sein.
Achim am Permanenter Link
Was genau soll diese Aussage begründen oder verteidigen?
Nehmen wir an, ich möchte eine Statistik der Religionszugehörigkeiten erstellen. Vermutlich würde ich die Leute fragen, welcher Religion sie angehören. Wenn sie sich als römisch-katholisch bezeichnen, dann muss ich das wohl hinnehmen, denn durch diese Antwort haben sie sich der Kirche zugeordnet und legitimiert, dass die offiziellen Kirchenvertreter sie vertreten. Ich könnte vielleicht auch Steuerdaten nutzen und so die Mitgliederzahlen der Steuern erhebenden Organisationen nutzen; das Argument gilt hier eher noch stärker. Es ist in beiden Fällen nachrangig, wie vielen Aussagen des kirchlichen Glaubensbekenntnisses die Menschen zustimmen - denn so funktionieren gesellschaftliche Organisationen, ebenso wie der Bundestag von Wahlen legitimiert sind und nicht von Meinungsumfragen. (Der Begriff "Taufschein-Christen" ist irreführend, weil wohl keine relevante Statistik die Anzahl der getauften Menschen verwendet.)
Es ist für diesen Punkt auch nachranging, dass die katholische Kirche nicht demokratisch ist, denn die Legitimation entsteht ja durch Mitgliedschaft. Die Mitglieder halten ihre Mitgliedschaft anscheinend für wichtiger. Damit übertragen sie Legitimation auf die Kirche - wenn die deutsche Bischofskonferenz dann im Namen von 29% der deutschen Bevölkerung spricht, tut sie das erst einmal mit Recht.
Das zu hinterfragen und Widersprüche aufzuzeigen, kann durchaus sinnvoll sein. Man kann aufführen, dass etwa die Mehrheit der Katholiken die Position der Kirche zum Thema Verhütung nicht teilt. Das ist korrekt, ebenso wie man den Bundestagsabgeordneten sagen kann, wieviel Prozent der Bevölkerung einen bestimmten Bundeswehreinsatz ablehnen etc. Das ändert aber nichts an der generellen Autorität eines Organisationsrepräsentanten, für die Mitglieder der Organisation zu sprechen.
Im Fall der Kirchen kann man dem schließlich entgegen halten, dass viele Menschen Mitglieder sind, weil gesellschaftliche Faktoren sie dazu zwingen (etwa Arbeitgeber-Abhängigkeit). Dann sollte man aber lieber dazu Zahlen anführen und dieses Problem thematisieren. Aber selbst wenn man damit die Legitimation von Mitgliederzahlen bestreitet, haben der KORSO und seine Mitgliedsorganisationen keine "Ersatzlegitimation", die sie zum Repräsentanten von 36% der Bevölkerung machen würde.
Nehmen wir an, eine Organisation erklärt, die Interessen von Konfessionsfreien zu vertreten und geht deshalb vor Gericht gegen eine (fiktive) Zwangsabgabe für Konfessionsfreie an. Dann kann sie sich auf Grundgesetz und Rechtsordnung berufen und aufführen, dass 36% der Bevölkerung (oder wie viele auch immer) zu Unrecht belastet würden. Zu einem Repräsentanten würde diese Organisation deshalb nur einseitig; schließlich könnte es ebenso gut konfessionsfreie Menschen geben, die aus irgend welchen Gründen die Zwangsabgabe gut finden. Zumeist aber gäbe es in diesem Fall einen plausiblen Grund, eine Interessengleichheit anzuführen. Wie aber andererseits etwa beim Thema "Patientenverfügung" ein "konfessionsfreies Interesse" zu definieren wäre, ist mir wesentlich unklarer (das sage ich, ohne die HVD- oder KORSO-Positionen zu dem Thema zu bewerten).
Man kann das Ganze ja auch weiterdenken: Was, wenn sich ein "Zweiter KORSO" bilden würde, der in verschiedenen Bereichen denen des erstgegründeten KORSO entgegen gesetzte Positionen verträte? Wer verträte dann die Konfessionsfreien?
Horst Groschopp am Permanenter Link
Man kann nur vermuten, was die Interessen der "Konfessionsfreien" sind, denn a) weiß man nicht genau, wer das ist; b) hat das niemand untersucht; c) werden die jetzigen "Interessenvermutungen" von
Dr. Bruno Osuch am Permanenter Link
Liebe Freundinnen und Freunde,
Herzlichen Glückwunsch für diese neue Initiative! Viel Erfolg!
Mit besten Gruessen aus Santiago de Chile
Bruno Osuch
Hans Trutnau am Permanenter Link
"etwa ein Drittel katholisch" (ca. 33,3 %)?
Der hpd berichtete (http://hpd.de/artikel/weniger-katholiken-und-protestanten-mehr-konfessionsfreie-und-muslime-13902) lt. fowid: 28,9 % in 2015...
Und das ist ja auch gut so.
Dem KORSO unter Helmut Fink ein gutes Gelingen!
Ole am Permanenter Link
Ich finde es schräg, dass auch die Deutschen Unitarier, an einem "konfessionsfreien" Bündnis beteiligen.
Horst Groschopp am Permanenter Link
a) Die DUR nimmt über den Umweg des DFW vom Beginn an, also ab 1999 daran teil, erst Sichtungskommission, dann KORSO.