Zentralrat der Konfessionsfreien hat seine politische Agenda vorgestellt

"Wir wollen keine Fördergelder, sondern die Beachtung der Grundrechte!"

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Philipp Möller, Michael Wladarsch, Ulla Bonnekoh und Rainer Rosenzweig (v.l.n.r.)
Das Team des Zentralrats der Konfessionsfreien

"Politische Mehrheiten werden sich nicht mehr gegen, sondern nur noch mit der rasant wachsenden Gruppe der Konfessionsfreien erzielen lassen." Mit diesen Worten verdeutlichte der Vorsitzende des Zentralrats der Konfessionsfreien, Philipp Möller, die Bedeutung der neuen Lobbyorganisation, die sich heute im Haus der Bundespressekonferenz vorstellte.

Der Zentralrat der Konfessionsfreien will die Rechte der vielen Millionen Menschen in Deutschland vertreten, die sich zu keiner Religion bekennen: "Bislang werden ihre Interessen von der deutschen Politik weitgehend ignoriert", sagte Möller im Haus der Bundespressekonferenz. "Die Ampelkoalition hat die historische Chance, dies zu ändern." Nicht ohne Grund trägt die politische Agenda des Zentralrats der Konfessionsfreien den Titel "Die Säkulare Ampel". In ihr zeigt der Zentralrat "zwölf Chancen für die offene Gesellschaft" auf. Dies sei das Hauptanliegen seiner Organisation, betonte Möller: "Im Unterschied zu anderen Lobbyverbänden geht es uns nicht um die Sicherung finanzieller Vorteile, sondern um gleiche Rechte für alle. Wir wollen keine Fördergelder, sondern die Beachtung der Grundrechte!"

Angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung gebe es keinen Grund mehr für die zahlreichen Privilegien und jährlichen Steuermilliarden für Religionsgemeinschaften. „Schon jetzt sind 42 Prozent der Deutschen konfessionsfrei“ erklärte Dr. Rainer Rosenzweig, der den Zentralrat maßgeblich aufgebaut hat, „und schon bald wird es die absolute Mehrheit sein. Jetzt kann Deutschland endlich zu einem Land werden, in dem Menschen aller Weltanschauungen gleichberechtigt und selbstbestimmt leben können.“

Gleiches Recht für alle

Die ersten drei Punkte der "Säkularen Ampel" wurden bereits im Koalitionsvertrag angerissen, "aber viel zu zögerlich", so Philipp Möller. "Die Bundesregierung muss endlich gleiches Arbeitsrecht für alle durchsetzen. Das kirchliche Arbeitsrecht diskriminiert 1,3 Millionen Beschäftigte und zwingt sie zur Kirchenmitgliedschaft – damit muss Schluss sein, das hat auch der Europäische Gerichtshof längst gefordert." Ebenso müssten Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch reformiert werden, weil sie auf christlichen Dogmen beruhen. "Die Streichung des § 219a StGB ist richtig und wichtig, aber längst nicht genug!", so der Vorsitzende. "88 Prozent der Menschen in Deutschland sprechen sich dafür aus, dass Frauen selbst über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden können. Auch aus juristischen Gründen müssen die Paragrafen 218 und 219 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden." Ebenso auf der Agenda stehen die Ablösung der historischen Staatsleistungen an die Kirchen sowie der Abbau von Hürden bei der Suizidhilfe.

Ampel

Generell spricht sich der Zentralrat der Konfessionsfreien dafür aus, Gesetzestexte weltanschaulich neutral zu halten, "bevor dies vom Bundesverfassungsgericht eingefordert wird." Das Grundgesetz sehe in Artikel 140 vor, dass der Staat sich aus den weltanschaulichen Privatangelegenheiten der Menschen heraushält. Dies gelte nicht nur mit Blick auf die christlichen Kirchen. "Die Migrationsgesellschaft steht vor schwierigen Fragen", betonte Möller. "Solange die Kirchen die heutigen Privilegien genießen, können auch die Muslimbrüder Sonderrechte fordern." Der Zentralrat der Konfessionsfreien setzt sich dafür ein, dass Weltanschauungsgemeinschaften zivilrechtlich organisiert werden, also als Vereine. "Der Körperschaftsstatus macht Religionsgemeinschaften zu Staaten im Staate – das zieht zahlreiche Probleme nach sich."

Opferschutz statt Täterschutz

Dazu gehöre etwa das Recht auf den Einzug der Kirchensteuer, das drei Viertel aller Deutschen abschaffen wollen. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung habe zudem kein Verständnis mehr dafür, dass der Staat den Kirchen das Recht eingeräumt habe, ihr Missbrauchs- und Vertuschungssystem selbst aufzuarbeiten: "Bei der Aufklärung sexueller Gewalt gegen Kinder hat der Staat viel zu lange weggeschaut", sagte Möller. "Die Politik hat nicht die Opfer, sondern die Täter geschützt und dadurch viel Vertrauen in den Rechtsstaat zerstört – die Staatsanwaltschaften müssen endlich durchgreifen!"

Weitreichende Änderungsvorschläge bringt der Zentralrat der Konfessionsfreien auch in die Bildungspolitik ein. "Kein Mensch kommt gläubig zur Welt", so Möller. "Der konfessionelle Religionsunterricht erzieht Kinder zum Glauben, trennt sie nach der Religion ihrer Eltern und kostet über 4 Milliarden Euro Steuergeld pro Jahr." 72 Prozent der Deutschen sprächen sich inzwischen für einen gemeinsamen Ethikunterricht aus. "Schulen sind geistige Schutzräume für Kinder, auf die Weltanschauungsgemeinschaften keinen Zugriff haben sollen."

Einladung zur Kooperation

Der Zentralrat der Konfessionsfreien ist ein Zusammenschluss von 13 säkularen Organisationen in Deutschland. "Wir sind parteipolitisch neutral und beziehen keinerlei staatliche Mittel", erklärte der Verbandsratsvorsitzende Rainer Rosenzweig, "nur so können wir seriös und transparent arbeiten." "Politisch Verantwortlichen bieten wir die Kooperation mit unserem säkularen Netzwerk an", fasste Möller zusammen. "Darin findet sich juristische und politische Expertise in allen säkularen Fragen."

Ausdrücklich lädt der Zentralrat auch andere Organisationen ein, sich gemeinsam für die offene Gesellschaft zu engagieren: "Wer sich mit uns für die Ideale der Aufklärung einsetzt, für das Grundrecht auf Selbstbestimmung und Weltanschauungsfreiheit, kann auf unsere Unterstützung zählen – und auf die Zustimmung der Wählerinnen und Wähler."

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