Kat Menschik ist Deutschlands gefragteste Buchillustratorin. Ihre Arbeiten zieren die Titelblätter der Erzählungen des japanischen Autors Haruki Murakami, aber auch einige Klassiker der Weltliteratur, von William Shakespeare über E.T.A. Hoffmann bis hin zu Franz Kafka. In der ARD-Literatursendung "Druckfrisch" mit Denis Scheck bekannte sie sich nun zu ihrem Atheismus.
So richtig angenehm ist Kat Menschik die Situation nicht, als ihr der Literaturkritiker Dennis Scheck am Ende der Aufzeichnung des gemeinsamen Gesprächs die Gretchenfrage stellt. Kein Wunder, ist der eigene Glaube oder Unglaube doch zunächst einmal eine private Angelegenheit.
"Ist Ihnen beim Zeichnen mal der liebe Gott begegnet?", fragt da Scheck (Timecode: 7:31 Minuten), der aus seiner religiösen Unempfänglichkeit keinen Hehl macht, gespielt naiv. "Nein!", antwortet Menschik klar, ohne das weiter zu erklären. Dem interessierten Literaturpapst ist das etwas wenig, weshalb er weiter bohrt."Haben Sie ihn nie gemalt?" Und auch hier erntet er wieder ein entschlossenes "Nein!", diesmal mit einem verschmitzt offenen Lächeln im Anschluss. Als wüssten beide, wohin die Reise nun geht – und wahrscheinlich wussten sie es auch. Denn nun zitiert der weltgewandte Scheck die Bibel und kommt der im ostdeutschen Luckenwalder geborenen Zeichnerin mit Mose 20:4. Etwa wegen "Du sollst Dir kein Bildnis machen?", lacht er sich ungläubig ins Fäustchen. Jetzt druckst Menschik kurz, um dann kurz und prägnant ihre humanistisch-atheistische Haltung zu erklären.
"Sagen wir es mal so: Ich bin so atheistisch, ich habe keine Verbindung zu Gott. Ich lebe nur einmal und ich lebe jetzt. Deshalb muss ich schnell leben und deshalb muss ich all die Dinge, die ich machen möchte, jetzt machen, weil ich danach kein Paradies erwarten kann."
Mehr erklärt Menschik nicht, die Aussage spricht für sich. Menschik ist 1968 im brandenburgischen Luckenwalder geboren und stieß in Frankreich auf die Comickunst. In Berlin studierte sie an der Kunsthochschule Weißensee und gab das Magazin A.O.C. heraus, unter Freunden der Neunten Kunst eine Legende. Ende der neunziger Jahre erlebt sie ihren Durchbruch als Comiczeichnerin und Buchillustratorin. Ihre Zeichnungen stehen in der Tradition des Holzschnittes, Verweise auf die Verspieltheit des Art Deco und die Kraft des Expressionismus prägen ihre Arbeiten. Im Galiani-Verlag hat sie seit Kurzem eine eigene "Illustrierte Reihe", in der sie Werke der Weltliteratur in Szene setzt.
Vor dem Hintergrund des seltsamen Revivals der Religionen und ihrer zahlreichen prominente Fürsprecher mag es sinnvoll sein, zu wissen, welche prominenten Unterstützer die Konfessionsfreien hierzulande haben. Womöglich braucht man sie mal. Kat Menschik gehört ganz sicher dazu.
Denis Scheck trägt mit seinen persönlichen Fragen an Autoren und Buchmacher regelmäßig dazu bei, die religiöse Spreu vom aufgeklärten Weizen zu trennen. Seinem Interesse auf die Sprünge hilft die eigene "religiöse Unempfänglichkeit", als einer der wenigen Kritiker zerreißt er auch mit größtem Vergnügen spirituell-religiöse Pamphlete, weil ihm die aktuelle Wiederbelebung des Religiösen mehr als Kopfschmerzen bereitet. Oder um es mit Schecks Worten zu sagen: "Mein Hirn käst angesichts der Rückkehr der Religionen in den öffentlichen Raum weltweit."
15 Kommentare
Kommentare
Andreas am Permanenter Link
@ Thomas Hummitzsch
Zitat: "Dennis Scheck trägt mit seinen persönlichen Fragen an Autoren und Buchmacher regelmäßig dazu bei, die religiöse Spreu vom aufgeklärten Weizen zu trennen."
Fühlen Sie sich "als was besseres", weil Sie "Atheist" sind? Warum?
Reicht es Ihnen nicht, einfach "nicht zu glauben"?
Kay Krause am Permanenter Link
Reicht es Ihnen nicht - sehr geehrter Herr Andreas - einfach zu glauben, und sich in Ihrem Glauben wohlzufühlen? Sehen Sie sich benachteiligt, weil Sie nicht zu den "Aufgeklärten" gehören?
Andreas am Permanenter Link
@Kay Krause
Ich bin "ungläubig", und mir reicht es, "nicht zu glauben".
Die Arroganz, die "Atheisten" bei hpd an den Tag legen, ist für mich ein Grund, meine Zusammenarbeit mit hpd in Frage zu stellen: ich bin hier Autor. Sie auch?
Thomas Gerlach am Permanenter Link
Nein, es reicht mir nicht, "einfach nicht zu glauben".
Andreas am Permanenter Link
@ Thomas Gerlach
"religiöse Spreu": haben Sie grad mal ein Beispiel zur Hand, das einem Aussenstehenden – hier: mir – Ihre überlegene, persönliche "atheistische Intelligenz" dokumentieren könnte?
Thomas Gerlach am Permanenter Link
Eine billige rhetorische Nummer, verehrter Andreas! Das Thema hier bin aber nicht ich, sondern der unfassbare Nonsens religiöser Schriften und Predigten.
Andreas am Permanenter Link
@ Thomas Gerlach
vielleicht lesen Sie zuerst einmal den Kommentar von "Thomas Göring" zu unserer Diskussion, siehe unten
und dann können Sie mir bitte noch erklären, ob Sie den Atheisten Pier Paolo Pasolini in die Psychiatrie schicken würden: "«Das 1. Evangelium – Matthäus» (Originaltitel: «Il Vangelo secondo Matteo») ist ein Spielfilm des italienischen Regisseurs Pier Paolo Pasolini aus dem Jahr 1964 ...", siehe den entsprechenden wikipedia-Artikel
Klaus Bernd am Permanenter Link
Erfrischend auch die Rezension von Dennis Scheck des
Platz 8: Papst Franziskus: "Der Name Gottes ist Barmherzigkeit"
Andreas am Permanenter Link
@ Klaus Bernd
haben Sie "Laudato si’", die zweite Enzyklika von Papst Franziskus gelesen? Wohl kaum, wenn Sie von "Personenkult" um Franziskus reden ...:
eine deutlichere Kritik der Ökonomie als Ursache von Umweltzerstörung und menschlichem Elend gibt es zurzeit nicht – sagt Ihnen ein "Ungläubiger" ...
Klaus Bernd am Permanenter Link
Hallo Andreas,
Zu Ihrem Vorwurf, die Kritik am Personenkult sei unberechtigt:
a) ich sehe keinen Zusammenhang zwischen diesen Aussagen des Papstes und der Kritik.
Auch Personen, um die ein Personenkult betrieben wird, sagen manchmal was
zutreffendes
b) nmM ist der Personenkult um den Papst, jeden Papst, eine tragende Säule der rkK.
Darum lässt man ihn überall auf der Welt für zig Millionen Messen feiern. Er wird dazu
benutzt, um die Missstände in der rkK, die er ironischer Weise oft genug selbst
kritisiert in den Hintergrund treten zu lassen. Kaum sagt er was über Frauen oder
Homosexuelle, was nicht so altbacken klingt, wie das was die rkK über Jahrhunderte
propagiert hat, verspüren seine Groupies schon einen heftigen „wind of change“ wo
bestenfalls ein laues Lüftchen weht.
c) doch ich habe diese Enzyklika gelesen und finde darin nicht viel erhellendes, sondern
viel romantizistisches, viel esoterisches und die „deutliche Kritik der Ökonomie als
Ursache von Umweltzerstörung und menschlichem Elend“ ist in meinen Augen banal
und billig – es kommt schließlich darauf an, Ökonomie und Ökologie unter einen Hut zu
bringen - und kommt überdies vom Chef einer Firma, die 2015 60 Mio € Gewinn
gemacht hat. Viel typischer, was er – oder seine Ghostwriter - sonst noch als Gründe
für die Umweltzerstörung nennen:
- ( 2) die Gewalt des von der Sünde verletzten menschlichen Herzens
- ( 6) die Idee, dass es keine unbestreitbaren Wahrheiten gib
Und nur mal auszugweise, was er als Lösungen anbietet:
- ( 14) eine neue universale Solidarität
- ( 53) Leadership
- (verschiedene) Weltregierung, Weltpolizei (siehe auch Ratzingers Ökonomie-
Enzyklika)
Bertrand Russel hat sich wenigstens Gedanken gemacht, wie eine Weltregierung zustande kommen könnte – mit keinem erfreulichen Ergebnis –, für Bergoglio ist das kein Thema, das überlässt er den weltlichen Hilfstruppen.
Noch eine Franziskusperle zum Abschluss ?
(233) “So liegt also Mystik in einem Blütenblatt, in einem Weg, im morgendlichen Tau, im Gesicht des Armen.[159]“ Redet so jemand, der Armut abschaffen will ? So redet ein Reicher, der die Schönheiten des Lebens genießt, als da sind: ein Blütenblatt, ein Weg, der morgendliche Tau, das Gesicht des Armen.
Das sollte ausreichen, um zu belegen, dass ich die Enzyklika „lamento´ si“ gelesen habe und dass auch sie ihre Wertschätzung aus dem Personenkult um den Papst bezieht.
Andreas am Permanenter Link
@ Klaus Bernd
Sie scheinen irgendwie eine andere Enzyklika mit demselben Namen gelesen zu haben ...
Es kommt wohl einzig und allein auf den eigenen Standpunkt an. Beispiel: Papst Franziskus zitiert in seiner Enzyklika ausführlich seinen Namensgeber, den "Heiligen Franziskus". Sie fassen das dann unter "viel romantizistisches" zusammen. Ich sage, bevor man "die Welt retten" will – oder christlich, "die Schöpfung bewahren" –, muss man erst einmal ihren Wert verstanden haben, sich an ihr Schönheit erfreut haben ... diese Freude versucht der Papst auszudrücken, scheinbar bei Ihnen erfolglos. Schade.
Klaus Bernd am Permanenter Link
Schade ? Bedauern ist nicht angebracht. Ich weiß die Schönheiten der Natur durchaus zu würdigen.
Aber im Kontext der Umweltproblematik muss man eben sehen, dass – um in dieser virtuellen Welt des katholischen Glaubens zu bleiben – Gott eine Erde geschöpfert hat, die nicht nur „vielfältige Früchte hervorbringt und bunte Blumen und Kräuter“, sondern auch giftige Pilze, und nicht nur „heiteres und jegliches Wetter, (durch) das (du deine) Geschöpfe am Leben erhält(s)t“, sondern auch verheerende Naturkatastrophen und so weiter und so fort. Diese eingeschränkte Sicht auf die Welt nenne ich romantizistisch. Man erkennt die Absicht: Das Theodizee-Problem soll gleich mal abgebügelt werden; die Welt wie Gott sie geschaffen hat ist das reine Paradies, für alles andere ist er nicht verantwortlich. Und wie er in (70) die größte Umweltkatastrophe, die die Welt je erlebt hat und die er selbst angerichtet hat, die Sintflut, rechtfertigt, ist ein Musterbeispiel hermeneutischer Schönfärberei. Und wenn er in (61) mit Johannes Paul II feststellt „dass die Menschheit die Erwartungen Gottes enttäuscht hat.“[35], dann verwundert es mich einerseites, dass ein Allwissender Erwartungen hat, die man enttäuschen kann, andererseits treibt es mich in den Baumarkt, um mir das Material für eine Arche zu besorgen.
Andreas am Permanenter Link
@ Klaus Bernd
"... treibt es mich in den Baumarkt, um mir das Material für eine Arche zu besorgen."
schöner Schlußsatz, gefällt mir! Sehr! Darf ich mitbauen? Ich hab mal eine Tischlerlehre angefangen ...
Andreas am Permanenter Link
@ Klaus Bernd
Dennis Scheck fand ich früher mal "erfrischend". Lange her ...
Nennen Sie mir mal EINEN originellen EIGENEN Gedanken von Dennis Scheck. Danke!
Thomas Göring am Permanenter Link
In der Debatte der Leser wird ein wunder Punkt angesprochen.
Ich halte es nicht für angebracht, gegenüber Religiösen irgendwelche Plattheiten oder vulgarisierten Begrifflichkeiten zu verwenden, auch nicht in noch so subtilen Andeutungen oder Einschüben, - und zwar auch dann nicht, wenn gewisse Religiöse selber Dgl. sehr wohl praktizieren.
Wer sich rhetorisch über seinen Gegner zu stellen sucht, signalisiert unbewusst genau damit, dass er sich durch diesen verunsichert sieht bzw. empfindet. (Es ist also eine Art "Pfeifen im Walde".)
So wie etliche Religiöse sich häufig gegenüber "Ungläubigen" & "Gottlosen" dadurch erhaben dünken & verkünden, dass sie sie z.B. als moralisch "defizitär" bzw. "nihilistisch" abkanzeln, ganz ebenso pflegen umgekehrt einige Nichtreligiöse sich mitunter durch plattes Etikettieren Gläubiger als sog. "Religioten" oder auch als "Spreu" (statt als "Weizen") hervorzutun.
Beide Seiten übersehen dabei, dass derartige verbale Abfertigungen keine Argumente darstellen – ergo inhaltlich nichts erklären oder begründen -, und dass sie Beide – obgleich weltanschauliche Gegensatzpositionen verfechtend – sich damit nur die gleichen Gehässigkeiten um die Ohren schlagen. Und in diesem einen ganz speziellen Punkt gleichen sie deshalb einander sogar – trotz ihres grundsätzlich unvereinbaren weltanschaulichen Gegensatzes. (So kann man übrigens ganz nebenbei auch einer der Gesetzmäßigkeiten der Dialektik – der Angleichung & Durchdringung von Gegensätzen – noch zusätzlich zu ihrer ohnehin schon reichlich vorhandenen Geltung verhelfen.)
Aber wem nützt ein solches argumentationsloses Beharken Andersdenkender? Und wem schadet es?