Herman van Rompuy, ehemaliger Präsident des europäischen Rates und Ex-Ministerpräsident Belgiens, hat auf Twitter dem Papst mitgeteilt, dass dieser einem katholischen Orden in Belgien nicht verbieten kann, in seinen 15 psychiatrischen Kliniken Sterbehilfe zu leisten.
Herman van Rompuy ist selbst Katholik. Er sitzt im Aufsichtsrat der Betreibergesellschaft der Broeders van Liefde (Brüder der Nächstenliebe), die mehrere psychiatrische Kliniken in Belgien betreiben. In dem Land ist die Tötung auf Verlangen (unter strengen Voraussetzungen) nicht strafbar.
Auf Twitter antwortete van Rompuy dem Kirchenrechtsexperten Professor Kurt Martens mit dem Satz: "Die Zeiten von 'Roma locuta, causa finita' sind lang vorbei."
De tijd van 'Roma locuta, causa finita' is al lang voorbij.
— Herman Van Rompuy (@HvRpersonal) 13. August 2017
Diese Stellungnahme von Herman van Rompuy überrascht vor allem Katholiken. So mokiert sich der Verfasser des ursprünglichen Tweets, der Professor für Kirchenrecht an der Catholic University of America, Kurt Martens, darüber, dass der ehemalige Präsident des Europarates geradezu den Anschein erwecke, als wolle sich der Anweisung des Papstes widersetzen, der die Sterbehilfe verbietet. Dabei sei doch van Rompuy bisher ein lebendes Beispiel dafür gewesen, "wie man ein echter katholischer Politiker in der heutigen, säkularisierten Gesellschaft sein kann."
Papst Franziskus hat den Brüdern der Nächstenliebe noch bis Ende des Monats Zeit gegeben, sich zu verpflichten, in den von ihnen betriebenen psychiatrischen Zentren in Belgien keine Sterbehilfe mehr zu leisten. Der Aufsichtsrat der Betreibergesellschaft hatte sich zuvor – gegen die Stimme des Ordensoberen, Bruder Rene Stockman – für die Durchführung der Sterbehilfe entschieden.
Sollten die Broeders van Liefde bei Ihrer Entscheidung bleiben, droht ihnen der Vatikan Konsequenzen an. Den Mitglieder, die im Aufsichtsrat sitzen, drohe in jedem Falle die Entlassung aus der Gemeinschaft. Den Zentren hingegen droht der Vatikan mit der Aberkennung des Rechts, sich als katholisch zu bezeichnen.
4 Kommentare
Kommentare
Kay Krause am Permanenter Link
Die Broeders van Liefde würden erheblich in meiner (und sicherlich nicht nur in meiner!) Achtung steigen, wenn Sie die verbalen Drohungen des Herrschers über Vatikan und Katholiken einfach ignorieren.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Den Zentren hingegen droht der Vatikan mit der Aberkennung des Rechts, sich als katholisch zu bezeichnen."
Was für eine furchtbare Drohung...
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Eine schöne Antwort der Broeders van Liefde wäre freiwillig das zu tun, womit der Papst sie bedroht. Das wäre dann fast ein Aufstand innerhalb der Kirche.
Gita Neumann am Permanenter Link
2005 wurde der humanistische VISITE-Hospizdienst – entgegen Vermittlungsbemühungen des Dt. Paritätischen Wohlfahrtsverbandes – aus der damals noch so genannten LAG Hospiz Berlin ausgeschlossen.
Natürlich waren solche rationalen Argumente völlig fruchtlos - das Ergebnis, nämlich der Ausschluss aus dem Verband, stand von vornherein fest und wurde - ohne eine einzige Wortmeldung zur Aussprache - in meinem Beisein dann klamm und mit niedergeschlagenen Blicken unserer bisherigen Hospizleiter-Kolleginnen anderer Träger vollzogen. Dies blieb ihnen nicht erspart, da wir vorangegangene Versuche, der
HVD seinerseits solle doch "freiwillig" austreten, eine Absage erteilt hatten.
Zunächst war unklar, ob die HVD-Hospizarbeit außerhalb der Hospiz-Dachorganisation überhaupt von den Krankenkassen weiter finanziert würde. Dem war dann so - wir hatten einen guten Ruf, was die Qualität unserer Arbeit betrifft. Die Hospizarbeit des HVD blühte sogar auf, unser Verband ist jetzt mit 2 stationären und 2 ambulanten Einrichtungen in Berlin präsent. Darf aber bis heute nicht ins Hospizprogramm aufgenommen werden, welches der Berliner Hospizverband verantwortet.
Die Senatsverwaltung sieht dies mit Unwillen, kann aber nicht mehr machen, als den HVD unabhängig mit Werbemittel für sein separates Programm anlässlich der jährlichen Hospizwochen auszustatten.
Wir sollen uns das eigentlich zur Ehre anrechnen. Zumindest gibt es eigentlich niemanden, der bei Kenntnisnahme dieser Vorgänge nicht zumindest mit Kopfschütteln und Unverständnis reagiert - dem bis heute bestehenden Ausschluss gegenüber.
Dem HVD hat dies nicht geschadet. Und das ist auch sehr den Barmherzigen Brüdern zu wünschen: Sie werden, wenn sie sich Rom widersetzen und die Aberkennung des Attributs "katholisch" nicht fürchten, weitestgehende Anerkennung und der Ausschluss wird Unwillen erfahren.
Das auch von Nicht-Religiösen allzu oft gewürdigte Barmherzigkeits-Credo des Papstes sollte sich als Makulatur entlarvt haben.
Gita Neumann