Bürgerpreisverleihung 2017

"Kein Glaube" bleibt auf der Strecke

In Bayern ticken bekanntlich die Uhren anders und damit verbunden natürlich auch die Kirchenglocken. So muss man schon dankbar sein, wenn in der Ausschreibung zum diesjährigen Bürgerpreis des bayrischen Landtags "Mein Glaube, Dein Glaube, Kein Glaube - unser Land" die Option "Kein Glaube" überhaupt Erwähnung findet.

Bei der Eröffnung der Preisverleihung durch die Landtagspräsidentin Barbara Stamm war dann noch von den Menschen ohne Glaube oder Religionszugehörigkeit zu hören, auch Ruth Waldmann (SPD) erwähnte mutig Agnostiker, Atheisten, aber das war es dann auch schon.

Etwas mehr als 100 Vereine, Verbände und Institutionen, darunter auch der Bund für Geistesfreiheit, haben sich um den Preis beworben, die meisten mit eindeutig religiösem Hintergrund und so ist es dann wenig verwunderlich, dass u.a. die Freunde Abrahams, das Zelt der Religionen oder die Seelsorge Sinnstiftung aus Nürnberg mit Preisen und den damit verbundenen Geldern ausgezeichnet wurden.

Sicher ist der Dialog zwischen den Religionen eine wichtige Komponente auf dem Weg zu einer offenen Gesellschaft. Um mit den Worten eines BR Journalisten zu sprechen, der auf Nachfrage, ob er nicht auch den Teil "Kein Glaube" vermisst hätte bescheinigte: "Die Nichtgläubigen sind vielleicht zu friedlich…" und wir Atheisten "…sollen doch froh sein, dass erst mal die religiösen Streitparteien die Verständigung suchen."

Auch Barbara Stamm bestätigte nach der zweieinhalbstündigen Leistungsschau des interreligiösen Dialogs, dass sie "sich schon bewusst sei, dass die Nichtreligiösen einen schweren Stand hätten und nicht wirklich repräsentiert waren,… die Art aber wie manche eine Berücksichtigung einklagen wollten auch nicht wirklich zielführend sei." Dies zeigt auf eindringliche Weise das Dilemma der Religionsfreien, wenn es um eine Positionierung in der politischen oder gesellschaftlichen Landschaft geht. Wir dürfen am Katzentisch sitzen, aber wenn sich die Großen reden, haben wir still zu sein.

Liegt es an der Inhomogenität der Gruppe der Nichtreligiösen, die einen beträchtlichen Bevölkerungsanteil darstellen oder der Unmöglichkeit unter der Annahme einer Nichtexistenz von Gott sinnvoll vereint zu sein - bei der Preisverleihung bestätigte sich die Beobachtung, dass die Agnostiker, Atheisten, Humanisten und sonstigen Gottlosen weder in den Köpfen der Politiker, der Medienvertreter, noch der Gesellschaft überhaupt stattfinden, geschweige denn als relevanter Faktor wahrgenommen werden. Vielleicht liegt es wirklich an den internen Streitigkeiten der einzelnen Gruppierungen und der grundsätzlichen Ablehnung irgendwelcher Obrigkeiten oder Strukturen, die hier eine stärkere Präsenz und Relevanz verhindert. Politisch gesehen sind die bundesweit mehr als 30 % Religionsfreien sicher eine Gruppe, die Druck auf die öffentliche Diskussion ausüben und damit auch in die Diskussion um die Werte unserer Gesellschaft eingreifen könnte.

Zurück zur Preisverleihung: Als einziges Thema stand also die Verständigung zwischen Glaubensgemeinschaften und versteckt auch der Missionsgedanke im Vordergrund. Unerwähnt blieb die Rolle die Religionen spielen, um die Gesellschaft überhaupt erst auseinander zu dividieren. Nach allgemeinem Verständnis führt der Weg zu einer offenen, friedlichen Gesellschaft über die Religionen. Die Option, dass menschliches Zusammenleben auch OHNE Religionen und vielleicht sogar besser gelingt, wird gar nicht erst angedacht.

Trotz der ganzen Beteuerungen, dass bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt belohnt werden soll, gewann außerdem eine offensichtlich sehr professionelle und sowieso finanziell gut aufgestellte Stiftung den mit 12.000 Euro dotierten ersten Preis und zum guten Schluss besang ein gemischter Kinderchor die Frage nach Gott in den drei großen abrahamitischen Religionen.

So blieb die grundsätzliche Botschaft klar im Raum stehen:
Buddhisten, Hindus, Götter anderer Geschmacksrichtungen und Gottlose - Ihr müsst leider draußen bleiben.