Trotz Musik- und Tanzverbots in Bayern wird der Bund für Geistesfreiheit München (bfg München) an den sogenannten Stillen Tagen im November – Allerheiligen, Buß- und Bettag, Totensonntag, Volkstrauertag – feiern. Insgesamt finden 40 "Heidenspaß-Partys" in 17 Münchner Clubs, Bars und Tanzschulen statt, 24 Veranstaltungen sind es allein an Halloween und Allerheiligen. In Erlangen hingegen wurde die Genehmigung dafür versagt.
Warum darf an einem "Stillen Tag", an dem Tanzen und Feiern eigentlich verboten ist, trotzdem mit dem bfg München getanzt und gefeiert werden? Das ist einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 zu verdanken. Die Richter*innen in Karlsruhe hatten entschieden, dass Artikel 5 des Bayerischen Feiertagsgesetzes mit der Weltanschauungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar ist.
Das Gericht hatte festgestellt, dass "(…) Bevölkerungsteilen anderer kultureller und weltanschaulich-religiöser Prägung durch die Auswahl des Feiertages und seinen Schutz insofern keine unzumutbaren Belastungen auferlegt werden (dürfen), als niemand gezwungen werden darf, diesen Tag entsprechend einer bestimmten religiösen Überlieferung oder auch nur im Sinne innerer Einkehr zu begehen." (BVerfG, v. 27.10.2016 1 BvR 458/10 RDNr. 66)
Damit folgte es einer Verfassungsbeschwerde, mit der sich der bfg München nach dem Verbot seiner "Heidenspaß- statt Höllenqual-Party" an Karfreitag 2007 durch alle Instanzen geklagt hatte. Seitdem sind an Karfreitag und allen anderen acht Stillen Tagen Ausnahmen möglich, wenn Feste und Feiern Ausdruck einer klaren weltanschaulichen Abgrenzung gegenüber dem Christentum sind.
Diesem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist es zu verdanken, dass es auch 2025 in München ein buntes Programm mit Reden, Musik und Tanz gibt.
Weltanschauliche Ansprache
Auf seinen Veranstaltungen muss der bfg München regelmäßig erläutern, was seine Anliegen sind. Nur dann darf auch gefeiert und getanzt werden.
"Alle Menschen sind herzlich eingeladen, an den sogenannten Stillen Tagen zu unseren Partys zu kommen. Und mit 'alle' meinen wir alle! Nicht nur Ungläubige sind willkommen, sondern auch Gläubige, Andersdenkende, Zweifelnde jeden Alters, jeden Geschlechts, jeder sexuellen Orientierung, jeder Herkunft", so Assunta Tammelleo, Vorsitzende des bfg München.
In Erlangen dürfen Konfessionsfreie nicht feiern
Der Bund für Geistesfreiheit Erlangen (bfg Erlangen) hatte bei der Stadt Erlangen ebenfalls eine Genehmigung für eine Veranstaltung in einem Erlanger Musikclub beantragt, um an Allerheiligen für Toleranz und Miteinander zu feiern. Nun hat die Stadt nach einmonatiger Bearbeitungsdauer die Veranstaltung am 28. Oktober per "Vollzug des Feiertagsgesetzes" verboten.
In der Vergangenheit hatte der bfg Erlangen schon dreimal jeweils an Karfreitag eine solche Veranstaltung beantragt und die Genehmigung erhalten.
"Der Bescheid der Stadt Erlangen ist ein tiefer Eingriff in unser Selbstbestimmungsrecht als säkulare Humanisten", kommentiert der Vorsitzende des bfg Erlangen, Frank Riegler, den Bescheid. Vier Wochen Bearbeitungszeit hätten außerdem dazu beigetragen, dass die Durchführung der Veranstaltung schon auf dem Verwaltungsweg verhindert worden sei. Der bfg Erlangen sieht darin einen eklatanten Verstoß gegen die negative Religionsfreiheit.
Er wird die Entscheidung der Stadt Erlangen beim Verwaltungsgericht in Ansbach anfechten.
Tanz- und Feierverbot abschaffen
Assunta Tammelleo (bfg München) fordert die Abschaffung der Tanz- und Feierverbote im bayerischen Feiertagsgesetz: "Tanzverbote sind Instrumente der Bevormundung und Kontrolle von Menschen. So etwas hat in einem demokratischen Rechtsstaat nichts zu suchen. Unser Ziel ist es, diese obrigkeitsstaatlichen Relikte zu schleifen. Warum sollte jemand an Stillen Tagen nicht tanzen dürfen? Woran soll sich eigentlich ein gläubiger Christ stören, wenn an Allerheiligen eine Party in einem geschlossenen Raum stattfindet? Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, Menschen Vorschriften zu machen, wie sie an einem Feiertag ihre Freizeit verbringen sollen. Selbstverständlich sollen und dürfen Christ*innen in Stille und Trauer gedenken. Sie dürfen aber andere Menschen nicht zwingen, es ihnen an einem solchen Tag gleich tun zu müssen. Daher muss das bayerische Feiertagsgesetz endlich liberalisiert werden."






