Die Universität Hamburg hat sich als erste deutsche Hochschule einen religiösen Verhaltenskodex gegeben. Das ist eine Reaktion auf Übergriffe und versuchte Eingriffe von Muslimen in den universitären Alltag und die Freiheit von Forschung und Lehre.
Zu Beginn des Kodex heißt es über die Universität: "Sie ist eine säkulare, auf Pluralität in weltanschaulichen Fragen verpflichtete Institution, die den Methoden und Standards wissenschaftlicher Forschung und Lehre verpflichtet ist. Die Freiheit in Forschung und Lehre beinhaltet auch die Freiheit von wissenschaftsfremden Einflüssen auf ihre Methoden, sachlichen Standards und Personalentscheidungen." Dem kann man zustimmen, doch betrachten wir das, was diesen Sätzen folgt näher und aus konsequent säkularer Perspektive, ergeben sich eine Kritikpunkte.
Der Verhaltenskodex ist eine Reaktion auf Übergriffe und versuchte Eingriffe von Muslimen in den universitären Alltag und die Freiheit von Forschung und Lehre. Seit zehn Jahren gibt es an der Universität einen Raum der Stille, der allen Angehörigen der Universität offen steht. Hier führten Muslime eigenmächtig und offen Geschlechtertrennung ein. Studentinnen wurden aufgefordert, sich zu verschleiern. Die sanitären Anlagen wurden für rituelle Fußwaschungen benutzt. Prediger riefen in Fluren zum öffentlichen Gebet auf. Andere Muslime forderten, die Vorlesungszeiten nach den Gebetszeiten auszurichten.
Diese und andere "Einzelfälle" (Dieter Lenzen, Präsident der Universität) zeigen klar ein Problem an der Universität an.
Nur ist der religiöse Verhaltenskodex, der unter Leitung von Philosophieprofessorin Birgit Recki von insgesamt zehn Wissenschaftlern der Universität, unter anderem aus Islamwissenschaft, islamischer, jüdischer, katholischer und evangelischer Theologie oder auch Verfassungsrecht erarbeitet wurde, auch die richtige Antwort? Vor allem wenn der Verhaltenskodex fordert, vor allem mit Hinblick auf religiöse Feiertage und die religiöse Speisevorschriften, wo immer es "ohne Einschränkung des wissenschaftlichen Auftrags möglich ist, soll Rücksicht genommen werden."
Interessant ist hierbei vor allem ein Blick in die Fußnoten. So ist zu den religiösen Speisevorschriften dort vermerkt: "Es wäre wünschenswert, dass das Studierendenwerk so weit wie möglich den Vorschriften der verschiedenen Religionen entsprechende Speisen in das Angebot aufnähme." Die Mensen der Universität bieten bereits ein breites Angebot an Speisen an, darunter auch täglich vegetarische und vegane Mahlzeiten. Das kann man begrüßen oder auch nicht. Würden nun noch religiöse Speisevorschriften berücksichtigt, müssten noch eine Mahlzeit darunter sein, die halal ist, eine koschere und eine für die Christen. Dabei gibt es meist schon am Freitag Fisch und seien wir ehrlich, wie groß ist der Anteil von Christen, die noch die christlichen Speisegebote befolgen?
Die Buddhisten können wahrscheinlich bei den vegetarischen oder veganen Mahlzeiten bleiben. Für die Hindus müsste bei mindestens einer Mahlzeit auf Rindfleisch verzichtet werden. In der Fastenzeit gibt es nur Ramen, damit sich die Pastafaris nicht benachteiligt fühlen müssen. Und freitags gibt es Hot Dogs, um auch den Diskordianisten gerecht zu werden. Und ich habe hier bestimmt noch jemanden vergessen. Das mag polemisch formuliert sein, ist aber eigentlich nur konsequent.
Für bedenklich erachte ich auch die Fußnote acht, in der es heißt: "Die Universität ist im Rahmen ihrer Ressourcen bemüht, allen Religionen einen angemessenen Raum für die Gestaltung ihrer religiösen Ausdrucksformen zu geben (Raum der Stille, Ausweichangebote bei zwingenden Geboten der Religion, zu ergänzen gegebenenfalls durch Handreichungen mit Informationen über nahegelegene Cem-Häuser, Kirchen, Moscheen, Synagogen, Tempel), solange und soweit der Auftrag der Universität und die gleiche Freiheit aller ihrer Mitglieder anerkannt wird." Warum sollte die Universität ihre Ressourcen einsetzen, um ihren Mitgliedern Raum für Privatvergnügen zu ermöglichen? Ich halte es schon für bedenklich, dass der AStA dies tut, aber der bekommt das Geld meines Wissens durch Zwangsabgaben der Studenten, nicht durch Steuermittel.
Unter Punkt 2 der Ausführungsbestimmungen heißt es: "Religiöse Feste finden nicht auf dem Gelände der Universität statt. Sie sind auf den 'Raum der Stille' zu beschränken. Der 'Raum der Stille' ist der angemessene Raum für die Gestaltung religiöser Ausdrucksformen. Seine Nutzungsordnung ist zu befolgen." (Hervorhebungen im Original).
Der "Raum der Stille" befindet sich zwar auch auf dem Gelände der Universität, aber sei's drum. Warum er überhaupt von der Universität zur Verfügung gestellt werden sollte, erschließt sich mir nicht. Wer nach religiöser Einkehr sucht, was an einer wissenschaftlichen Institution schon recht merkwürdig erscheint, dem stehen Kirche, Moschee und Co. in der Nähe zur Verfügung. Die Universität steht schließlich mitten in der Stadt. Außerdem besteht stets die Möglichkeit, sich als Gruppe zusammen zu schließen und privat Räumlichkeiten zu mieten. Allerdings stellt sich bei mir auch die Frage nach der Studierfähigkeit von Studenten, die von der Universität darüber unterrichtet werden müssen, wo sie einen Platz zum Beten finden können.
Der Verhaltenskodex formuliert Selbstverständlichkeiten – davon hat sich auch die Kommission nach eigener Aussage in ihrer Arbeit leiten lassen. Und dafür sollte es eigentlich keinen Verhaltenskodex brauchen. Vielmehr zeigt er klar auf, wie viel Raum sich der Islam bereits an der Universität erobert hat. Die Idee ist offenbar der Religion Grenzen an der Universität aufzuzeigen, doch letztlich bedeutet dieser Verhaltenskodex eine neue Form von Legitimation von Religionen an der Universität.
Der Verhaltenskodex ist nur die neueste Entwicklung der Einbindung und Legitimierung von Religion bzw. Religionsgemeinschaft in die Universität.
Die Hamburger Universität feiert in zwei Jahren ihr hundertjähriges Bestehen. Sie ist die erste demokratische Universitätsgründung auf deutschem Boden. Eine eigenständige evangelische Theologie gehörte nicht dazu. Sie wurde erst 1954 institutionalisiert; übrigens zusammen mit einem Institut für "Missionswissenschaft und ökumenische Beziehungen der Kirchen".
Angesichts abnehmender Studentenzahlen bestanden Ende der 90er Jahre Pläne, die Theologie der Universität Hamburg mit jener in Kiel zusammen zu legen, was das Aus für die Hamburger Theologie bedeutet hätte. Doch es kam anders. Die Theologie blieb an der Universität bestehen. Über die seit 2010 bestehende "Akademie der Weltreligionen" wurden auch Lehrstühle für islamische bzw. alevitische Theologie, sowie buddhistische und jüdische Theologie eingerichtet. Außerdem besteht im Fachbereich Philosophie ein Institut für jüdische Philosophie und Theologie. 2014 wurde zudem ein Institut für katholische Theologie eingerichtet. Es kam also in den vergangen gut fünfzehn Jahren zu einer steten Theologisierung der Universität.
Neben dieser von Kirchen, Religionsgemeinschaften und Politik vorangetriebenen Theologisierung auf Seiten der Lehre, versuchen Studenten für ihre Religion immer größeren Raum im universitären Alltag zu erlangen. Davon gibt dieser Verhaltenskodex beredte Auskunft.
Statt eines religiösen Verhaltenskodex wäre eine konsequente (Re-)Säkularisierung der Universität wünschenswert gewesen. Angefangen bei den seit 1928 bestehenden Universitätsgottesdiensten, über die Schließung des "Raums der Stille" und weitergeführt mit der Umwandlung sämtlicher theologischer Einrichtungen und Lehrstühle in religionswissenschaftliche Pendants.
21 Kommentare
Kommentare
Helmut Lambbert am Permanenter Link
Ich stimme dem Autor zu, möchte aber noch deutlicher sagen: Das Problem sind nicht die muslimischen Studenten - das sind geltungssüchtige bis machthungrige junge Leute - das Problem ist die ängstliche Univerwaltung.
Ulf am Permanenter Link
Wir werden Zeuge einer schleichenden Islamisierung, einer klerikalen Revitalisierung, einem umfassenden Verlust an Aufklärung, einer strikten Einengung des erlaubten Spektrums an Meinungen, einer Entsolidarisierung de
Während also beispielsweise bei einer im Kern totalitären, immer wieder gewalttätigen Ideologie und zwar völlig unabhängig von den Hauptströmungen, differenziert wird was das Zeug hält, werden die Bedenkenträger gegen diese selbstzerstörerische Politik, die sich u.a. auch in diesem Artikel manifestiert, gleichsam unisono als Rechtspopulisten, schlimmer noch als Nazis diffamiert. Ich resigniere...
Rainer Bolz am Permanenter Link
Ich resigniere mit, - am liebsten an Bord eines herrlichen Kreuzfahrtschiffes, - bis die Vernunft wieder in unser Land zurückkehrt.
Markus Schiele am Permanenter Link
Religionswissenschaftliche Fakultäten, also solche, die sich bemühen das Phänomen Religion zu erforschen, halte ich für durchaus wünschenswert und sinnvoll.
Stefan Dewald am Permanenter Link
Die Erforschung des Phänomens der Religiösität ist in der Soziologie, Ethnologie und Evolutionspsychologie besser angesiedelt. Religion ist die Fortsetzung der Biologie mit den Mitteln der Kultur.
Markus Schiele am Permanenter Link
Dieser Sichtweise könnte ich mich durchaus anschließen.
Werner Koch am Permanenter Link
Die Stuttgarter Zeitung enthält heute einen Artikel vom epd zu diesem Thema und zur Situation in Baden-Württemberg:
"Kaum religiöse Streitereien an Unis
Nur vereinzelt gibt es an den Hochschulen Baden-Württembergs Streitereien über lautes Beten oder Singen. Daher sehen die Universitäten bislang nicht die Notwendigkeit, einen Verhaltenskodex zur Religionsausübung zu entwickeln, wie eine Umfrage unter Universitäten ergeben hat.
Die Universität Hamburg hatte als erste Hochschule einen Verhaltenskodex veröffentlicht, in dem unter anderem Regeln zum Verhalten im „Raum der Stille“, Vollverschleierungen und Fußwaschungen aufgestellt worden sind. Hintergrund waren offenbar Übergriffe von muslimischen Studenten, die im „Raum der Stille“ und anderen Uni-Räumen muslimische Frauen und Nichtmuslime bedrängt haben sollen.
In der Universität Stuttgart habe es im vorigen Sommer einen Zusammenstoß gegeben, sagte ihr Pressesprecher. „In der Bibliothek beteten Muslime und versuchten zu verhindern, dass andere hereinkamen.“ Sie wollten nicht, dass das Gebet gestört werde. Seither seien Zusammenkünfte zum Gebet genehmigungspflichtig. „In unserer Hausordnung weisen wir daraufhin, dass die Universität ein Ort der Forschung und Lehre ist“, erklärte er.
In der Universität Tübingen habe es laut einer Sprecherin Beschwerden über einzelne Nutzer des „Raums der Stille“ gegeben. Anfang 2016 habe die Uni daher ein Schreiben verschickt, in dem sie darauf hingewiesen habe, dass der „Raum der Stille“ bewusst neutral gehalten sei und zum individuellen Gebet offen stehe. „Lautes Singen oder Beten ist zu unterlassen.“ Seither gab es keine Probleme mehr. Am Karlsruher Institut für Technologie und der Universität Freiburg sind den Angaben zufolge keine religiösen Streitereien bekannt.
(epd).“
Dieter Bauer am Permanenter Link
Was haben Religionen an wissenschaftlichen Institutionen zu suchen? An Universitäten ergründet man Reales, nicht Fantastisches.
Heinz Raabe am Permanenter Link
Auch wenn ich Ihrer Religionskritik vollkommen zustimme, halte die ich die Forderung nach einer Schließung des Raumes der Stille für voreilig.
Wolfgang von Sulecki am Permanenter Link
Ich frage mich nach der Lektüre dieses Plädoyers wie wir es in den 70er Jahren geschafft haben unser Studium zu absolvieren.
Anstatt sie zu fordern & zu erhalten könnte - völlig ohne die Schaffung von neuen Kosten und Diskussionsfaktoren, die vom eigentlichen Auftrag einer wissenschaftlichen Institution nur ablenken - beispielsweise darauf verwiesen werden einen Spaziergang in den nahegelegenen Grünanlagen (Hamburg) zu machen ....
Noch besser wäre allerdings durch Änderung des verschulten Studiums zu einer wirklichen *Bildung* [früher ermöglicht unter dem Begriff "Studium generale" [https://de.wikipedia.org/wiki/Studium_generale], mit breit gefächerten, fachübergreifenden Veranstaltungen] anstatt Drill, Auswendiglernen & Wiedergeben zu kommen.
Der Vorteil so nicht mehr engstirnige Fachwissenschaftler zu produzieren liegt klar auf der Hand. Der Gesellschaft wäre es auch dienlich: Wer breiter gebildet ist fällt nicht so leicht auf die neoliberalen Rattenfänger herein die zunehmend das öffentliche Leben bestimmen.
heidi cermin am Permanenter Link
da waren die Muslemischen Studenten noch in Planung :-(
Martin Mair am Permanenter Link
Wenn es für die Religionsgemeinschaften theologische Fakultäten gibt, dann könnten aber auch alle politischen Parteien eigene Fakultäten verlangen! Nur noch absurd, was sich da abspielt!
Unabhängige und kritische religionswissenschaftliche Institute als Teil der sozialwissenschafltichen Fakultäten wären ok. Wie schrieb schon Ludwig Feuerbach: Religion ist menschlich, allzu menschlich.
Roland Fakler am Permanenter Link
Wie ein stilles Gewässer für einen Biologen der ideale Ort ist, um das Verhalten von Wasserflöhen zu studieren, so könnte der „Raum der Stille“ für einen ernsthaften Religionswissenschaftler ein idealer Ort sein, um d
Hubert Gossens am Permanenter Link
Wer heute in Deutschland von einem säkularisierten Staat spricht, muss mit erbärmlicher Blindheit geschlagen sein.
Kein einziger religiöser Funktionär geht einer wertschöpfenden Arbeit nach.
Ich nenne das Schmarotzertum.
Roland Weber am Permanenter Link
Nun wird es langsam auch für Einfältige und Verharmloser greifbar - aus sich heraus finden Religionen nie ihre Grenzen. Was nun also tun, wenn Religionen "praktisch" werden?
Gregor am Permanenter Link
Sind vegane Mahlzeiten, wie von der Uni ja jetzt schon angeboten, nicht automatisch auch halal? Das Problem besteht dann ja also nicht. :-)
Kay Krause am Permanenter Link
Mein armes, weltoffenes Hamburg, wo gehst Du hin?
Hanseaten! Wehrt Euch gegen diesen unglaublichen Unfug!
Theodor Ebert am Permanenter Link
Der Text der Erklärung beginnt schon mit einem falschen, aber verräterischen Zungenschlag: die Universität ist nicht zur "Pluralität in weltanschaulichen Fragen verpflichtet", sondern zur Neutralität gegenüb
Vermutlich eine Gedanklosigkeit der Verfasser, aber vielsagend.
Achim am Permanenter Link
Ich habe zu dem Artikel ein paar Nachfragen an den Autoren des Artikels. Vielleicht haben Sie ja noch ein paar Informationen dazu.
"Hier führten Muslime eigenmächtig und offen Geschlechtertrennung ein."
Offen ja, aber eigenmächtig? Ich weiß nicht, ob der Autor des Artikels schonmal in dem Raum war. Ich jedenfalls bin bisher aufgrund der Art der Installation davon ausgegangen, dass sie zumindest vom Betreiberkreis (Katholische, Evangelische und Islamische Hochschulgemeinden) genehmigt wurde. Manche Informationen, die ich zum Vorhang gefunden habe, legen nahe, dass er auf Wunsch von Muslimas aufgehängt wurde (http://www.deutschlandfunkkultur.de/hamburg-streit-um-gebete-an-der-uni.1013.de.html?dram:article_id=387487 , http://www.deutschlandfunkkultur.de/muslime-an-der-universitaet-hamburg-debatte-um-raum-der.1001.de.html?dram:article_id=389320). Von wem und mit welcher Genehmigung, ist nicht so klar.
"Studentinnen wurden aufgefordert, sich zu verschleiern."
Leider finde ich keine Informationen, wann, wie oft und wo so etwas passiert ist. (Es ist sicher ein Unterschied, ob es um einzelne Fanatiker geht oder um organisiertes Verhalten.)
Sich zur positiven wie negativen Religionsfreiheit inklusive der Art der Ausübung bekennt, ist sicher ein richtiges Statement. Welche Folgen dieses Statement effektiv hat, wird man sehen müssen. Schließlich gab es bisher auch keine offizielle oder implizite Akzeptanz solcher Verhaltensweisen.
"Die sanitären Anlagen wurden für rituelle Fußwaschungen benutzt."
Da ich von einer rituellen Fußwaschung (von denen des Papstes abgesehen, die mal in den Nachrichten erwähnt wurden) keine Vorstellung habe, würde mich auch hier interessieren, was eigentlich vorgefallen ist.
"Prediger riefen in Fluren zum öffentlichen Gebet auf. Andere Muslime forderten, die Vorlesungszeiten nach den Gebetszeiten auszurichten."
Fordern kann in einer freien Gesellschaft jeder alles mögliche. Die Universität hat sich mit diesen Forderungen auseinandergesetzt. Ich finde den Weg des Rektorats sinnvoll, einen Kodex zu veröffentlichen, auf den verwiesen werden kann - allein schon, um Diskussionen zu begrenzen.
Sie schreiben:
"Vor allem wenn der Verhaltenskodex fordert, vor allem mit Hinblick auf religiöse Feiertage und die religiöse Speisevorschriften, wo immer es 'ohne Einschränkung des wissenschaftlichen Auftrags möglich ist, soll Rücksicht genommen werden.' "
Es lohnt sich zumindest, den Kontext zur Kenntnis zu nehmen: "Die Pluralität religiöser und nicht-religiöser Lebensweisen in der Universität schließt es aus, die Durchführung von Forschung und Lehre an allen Formen der religiösen Gestaltung des Alltags auszurichten. Dies gilt auch für die zeitliche Gestaltung der universitären Angebote." [Dann: Feiertage, Speisevorschriften. Dann:] "Wo immer das ohne Einschränkung des wissenschaftlichen Auftrags möglich ist, soll Rücksicht genommen werden. Die Verpflichtung auf eine Form der konstruktiven Lösung von Konflikten setzt bei allen Betroffenen den Verzicht darauf voraus, eine konfessionell oder nicht-konfessionell begründete Vorrangstellung zu beanspruchen. Die Universitätsangehörigen verpflichten sich gleichermaßen auf den primären Auftrag der Universität und die Teilhabe an Forschung, Lehre und Bildung."
Dass darauf Rücksicht genommen wird, dass Menschen verschiedene Präferenzen haben, erscheint mir als Selbstverständlichkeit. Der Verhaltenskodex versucht, einen einheitlichen Umgang mit diesen Präferenzen abzustecken.
Sie schreiben:
"Vielmehr zeigt er klar auf, wie viel Raum sich der Islam bereits an der Universität erobert hat. Die Idee ist offenbar der Religion Grenzen an der Universität aufzuzeigen, doch letztlich bedeutet dieser Verhaltenskodex eine neue Form von Legitimation von Religionen an der Universität."
Es geht nicht nur um den Islam (auch wenn das anscheinend in erstaunlich wenigen Zeitungsartikeln im Netz erwähnt wird):
"Und Lenzen führte als Beispiel an, dass ein junger Mann immer wieder mit lauten "Jesus"-Rufen aufgefallen sei. "Es geht nicht nur um Menschen muslimischen Glauben", betonte die Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Uni, Franziska Hildebrandt. " (https://www.stern.de/neon/magazin/glaubenskodex--uni-hamburg-regelt-fuss-waschungen--jesus-rufe--freitagsgebete-7665892.html)
Mir ist zudem unklar, inwiefern sich der Islam an der Universität "Raum erobert" haben soll. Die Vorlesungen und Seminare, die ich beurteilen kann, finden statt wie immer. Dass Menschen außerhalb der Veranstaltungen zum Raum der Stille gehen, erscheint mir unproblematisch (und ich schließe mich bzgl. der prinzipiellen Sinnhaftigkeit eines solchen Raumes Heinz Raabe an). Ähnlich wie beim Hochschulsport kann es pragmatische Gründe geben, "Ressourcen ein[zu]setzen, um [den Universitäts-]Mitgliedern Raum für Privatvergnügen" zu geben.
David Z am Permanenter Link
"Und Lenzen führte als Beispiel an, dass ein junger Mann immer wieder mit lauten "Jesus"-Rufen aufgefallen sei."
Ein junger Mann. Sollten sich Männergruppen bilden, die mit Jesus-Rufen auffallen, kann man diesen Gedanken sicher aufgreifen. Bis dahin handelt es sich offensichtlich um einen peinlichen aber unerheblichen Einzelfall, der wie ūblich als Relativierungsversuch herangezogen wird.
David Z am Permanenter Link
Gute Reflektion des Autors. Nur eine kleine Anmerkung:
"Diese und andere "Einzelfälle" (Dieter Lenzen, Präsident der Universität) zeigen klar ein Problem an der Universität an."
Zeigen diese Vorfälle nicht vielmehr symptomatisch ein Problem unserer Gesellschaft auf?