Der Politikwissenschaftler Johannes Hillje legt mit „Propaganda 4.0. Wie rechte Populisten Politik machen“ ein erstes Buch zum Kontext von Medien und Rechtspopulismus vor. Es handelt sich eher um eine argumentativ reflektierende, weniger um eine streng wissenschaftliche Arbeit, die aber gleichwohl viele beachtenswerte Analysen und Reflexionen zur Medienstrategie von Rechtspopulisten enthält.
Welche Bedeutung haben eigentlich die Medien beim Aufstieg des Rechtspopulismus? Diese Frage wird nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern diskutiert. Zumindest kann für die AfD schon jetzt gesagt werden, dass sie ohne die häufige Präsenz ihrer früheren Vorsitzenden Bernd Lucke und Frauke Petry in Talkshows so schnell in der Öffentlichkeit wohl nicht bekannt geworden wäre. Aber wie steht es allgemein um die Beziehung von Medien und Rechtspopulismus?
Antworten dazu finden sich in dem Buch "Propaganda 4.0. Wie rechte Populisten Politik machen", das der Politikwissenschaftler Johannes Hillje vorgelegt hat.
Er erwarb auch einen Masterabschluss in Politics and Communication an der London School of Economics. Dies erklärt wohl mit, warum Hillje sich für den Kontext von Kommunikation und Politik besonders interessiert. Mit seinen hierbei erworbenen Fachkompetenzen geht er darauf ein, "mit welchen Mitteln es den Populisten gelingt, aus den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen politisches Kapital zu schlagen" (S. 10).
Sein Buch gliedert sich in drei große Teile: Zunächst geht es Hillje auch allgemein um den Populismus. Dabei formuliert er eine klare Einschätzung, die bei vielen anderen Kommentatoren häufig fehlt: "Die AfD ist undemokratisch, weil sie auf der antipluralistischen Ideologie des Populismus aufbaut" (S. 32).
Ihm geht es aber hier in der Gesamtschau um ein anderes Thema: die Fixierung mancher Medien auf den Rechtspopulismus: Die AfD habe einen besonderen Nachrichtenwert, der für besondere Aufmerksamkeit in der Berichterstattung führte. Deutlich macht der Autor hierbei, dass die Medien nicht selten auf deren Provokationsstrategie der Partei hereingefallen sind. Dies sei auch dann so, wenn es gelegentlich einseitige Kritik gab: "Das Aufgreifen der Provokationen und Tabubrüche bringt ihnen, was sie mit diesen Äußerungen bezwecken wollen: maximale Aufmerksamkeit. … Und die objektiv unfaire Behandlung in den Medien nutzt der Partei, um ihre Opferrolle zu zelebrieren" (S. 50).
Durch eingängige Frames und verbale Überspitzungen gelinge es der AfD, in der Öffentlichkeit so die politische Themenagenda mitzubestimmen. Dabei macht Hillje vier strategische Elemente aus: "Die Delegitimierung der klassischen Medien, die Schaffung digitaler Alternativmedien, die Bildung eines 'digitalen Volkes' mit Hilfe dieser eigenen Kanäle sowie ein zunächst schizophren anmutendes, aber in Wahrheit strategisch-instrumenteles Verhältnis zu journalistischen Massenmedien" (S. 75). Gemeint ist sowohl die Agitation gegen die angebliche "Lügenpresse“"wie die Nutzung sozialer Medien zur eigenen Propaganda. Und schließlich erörtert der Autor einige Gegenstrategien, wobei er fünf Vorschläge macht. Diesen geht es nicht um eine Appeasement-, sondern um eine Isolationsstrategie. Es fallen die Stichworte "Grenzen zum Populismus ziehen", "Tabubrüche nicht den Populisten überlassen", "Den Feinden der Populisten eine Stimme geben", "Positives Framing und Reframing" und "Digitale Konterrevolution".
Hillje hat ein erstes Buch zum Komplex Medien und Rechtspopulismus vorgelegt. Es ist eher in einem argumentativ reflektierenden, nicht streng wissenschaftlichen Sinne gehalten. Gleichwohl kann der Autor insbesondere im Mittelteil die Medienstrategie der AfD anschaulich und systematisch aufzeigen. Dabei muss das Agieren keinem entwickelten Plan folgen, wenngleich es in der Partei einschlägige Strategiepapiere gibt.
Der Autor macht bei all dem auch immer wieder deutlich, dass das Funktionieren derartiger Vorgehensweisen eben auch vom Mitspielen der Medien abhängig ist. Allein die Betitelung mancher Talkshow-Inhalte macht deutlich, dass hier die Fernsehjournalisten auf die Rechtspopulisten hereingefallen sind. Die Ausführungen zu den Gegenstrategien lesen sich etwas zu allgemein, gleichwohl sind sie beachtenswerte Ansätze, um hier weitere Ideen zu entwickeln. Bilanzierend muss man denn auch bedenken: Das Buch ist ein erster Aufschlag zu einem wichtigen Thema - mit beachtenswerten Analysen und Vorschlägen.
Johannes Hillje, Propaganda 4.0. Wie rechte Populisten Politik machen, Bonn 2017 (J. H. W. Dietz), 179 S., ISBN 978-3-8012-0509-6, 14,90 Euro
2 Kommentare
Kommentare
Wolfgang Brosche am Permanenter Link
Was heißt denn "Jouralisten sind auf die AfD hereingefallen?"
Tatsächlich zeigt sich doch, daß von Matussek bis Tichy etc.der AfD zugestimmt wird!
rainerB. am Permanenter Link
"Die AfD ist undemokratisch, weil sie auf der antipluralistischen Ideologie des Populismus aufbaut", meint der Buchautor.
Seit wann beinhaltet Populismus eine Ideologie, wenn er doch von Rechts, Mitte und Links aufgeführt werden kann? Populismus ist nicht mehr als ein Politikstil, eine Ansprechform an die Bevölkerung, und wird sehr wohl auch von Pluralismusverfechtern angewendet. Es könnte also nur heißen:
"Die AfD ist undemokratisch, weil sie eine antipluralistische Ideologie verfolgt." (Falls das zutreffend sein sollte.)
Solche Fragwürdigkeiten sind in einer, nun ja, Kampfanleitung gegen die AfD wohl vorprogrammiert:
"Und schließlich erörtert der Autor einige Gegenstrategien, wobei er fünf Vorschläge macht. Diesen geht es nicht um eine Appeasement-, sondern um eine Isolationsstrategie..."
Der Rezensent beschreibt wiederholt erkennbar einseitige, politische Schriften mit Antifa-Einschlag als aufklärerisch bzw. gefüllt mit "beachtenswerten Analysen und Vorschlägen". Ich kann dem nicht folgen.