Tierschutz in Bayern

2030 soll es keine Anbindehaltung mehr geben

Noch immer wird die Hälfte aller bayerischen Rinder ganzjährig angebunden. Jetzt kommt Druck von den Molkereien, auf Laufstallhaltung umzustellen. Davon sehen sich kleine Landwirtschaftsbetriebe bedroht. Während sich der Bayerische Bauernverband gegen Befristungen wehrt, geht es Tierschützern nicht schnell genug.

Wenn es nach den fünf bayerischen und baden-württembergischen Molkereiverbänden geht, soll es die ganzjährige Anbindehaltung bald nicht mehr geben. Das haben sie in einem gemeinsamen Positionspapier festgehalten. Demnach seien Laufställe aus Tierwohl- und arbeitswirtschaftlicher Sicht die bessere Variante. Mittelfristig sei diese Haltungsform "flächendeckend anzustreben". Mittelfristig, das heißt bis 2030. Es sind also noch elf Jahre Zeit. Als Übergangslösung plädieren sie für eine Kombinationshaltung, dass also angebunden gehaltene Tiere auch auf die Weide oder in einen Laufhof gelassen werden. Um das Ziel der Umstellung zu erreichen, fordern die Molkereiverbände verbesserte Fördermaßnahmen der Landesministerien.

Trotz dieser vorsichtigen Änderungsabsichten sind die Bauern alarmiert. Kleinere Höfe hätten weder das Geld noch den Platz, um neue Laufställe zu bauen, berichtet der Bayerische Rundfunk. Der Bayerische Bauernverband forderte im Herbst in einer Stellungnahme "die Marktpartner eindringlich auf, ihre Aktivitäten zu unterlassen". Er sprach gar von Diskriminierung. Die Politik habe "die Gefahren einer Befristung der Anbindehaltung erkannt und von einem Verbot Abstand genommen", lobte die Interessensvertretung. Bemerkenswert ist die Begründung, warum nach Auffassung des Bauernverbands kleine und mittelgroße Betriebe vor den Befristungen geschützt werden müssten: Es sei "der wichtige Beitrag der klein- und mittelständischen Familienbetriebe bei dem Erhalt und der Pflege von kleinteiligen Grünlandflächen, Hanglagen und anderen ökologisch wertvollen Grenzstandorten bedroht. Ebenso kann deren Bedeutung für den Klima- und Bodenschutz sowie für den Erhalt der Artenvielfalt nicht vollständig kompensiert werden, da die Bewirtschaftung vieler kleiner Flächen aufgegeben werden würde." Der Bayerische Bauernverband forderte von den Marktpartnern der Michviehbetriebe Unterstützung bei der Umstellung. Der Verweis auf Übergangslösungen findet sich im Papier der Molkereiverbände wieder, ebenso die Forderung nach einer Ausnahmeregelung für Kleinbetriebe.

Finanzielle Hilfen gibt es bereits vom Land Bayern: Laut Bayerischer Landesanstalt für Landwirtschaft wechseln pro Jahr in Bayern rund 25.000 Kühe vom Anbinde- in den Laufstall. Eine staatliche Förderung für den Bau von Milchviehställen gibt es seit 2017 nur noch für "besonders tiergerechte Haltung" in Form eines Zuschusses von 25 Prozent. Bei der erstmaligen Umstellung auf einen Laufstall gibt es nochmal fünf Prozent dazu, maximal aber 120.000 Euro bei Einzelunternehmen. Die vorher geltende Basisförderung besteht nicht mehr. Die Welt schreibt in ihrer Digitalausgabe, das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten habe seit 2008 insgesamt 370 Millionen Euro Unterstützung für die erstmalige Umstellung auf Laufstallhaltung ausgegeben.

Dem Deutschen Tierschutzbund geht das nicht schnell genug. Wenn alles so bliebe, wie es ist, dauere es laut einer aktuellen Studie des Thünen-Instituts nämlich noch bis 2050, bis die Anzahl der Betriebe mit Anbindehaltung auf unter ein Prozent sinken würde. "Anbindehaltung ist Tierquälerei. Die Bewegungsfreiheit der Kühe ist in dieser Haltungsform extrem eingeschränkt: Die Tiere können nicht umherlaufen, sich nicht umdrehen, nur stehen und liegen. Insofern ist es sehr begrüßenswert, wenn Molkereien sich für ein Ende der Anbindehaltung einsetzen", sagt Frigga Wirths, Fachreferentin für Tiere in der Landwirtschaft beim Deutschen Tierschutzbund, gegenüber dem hpd. Die Organisation fordert eine gesetzliche Regelung und einen höheren Milchpreis der Molkereien für Höfe, die ihr Vieh nicht anbinden.

"Wir Landtags-Grüne begrüßen das jüngste Positionspapier von fünf Molkerei-Verbänden aus Bayern und Baden-Württemberg", schreibt Gisela Sengl, agrarpolitische Sprecherin der bayerischen Landtagsfraktion der Grünen, auf ihrer Website. Die Milchvieh-haltenden Betriebe seien in den letzten Jahren durch Bauernverband und CSU-Landwirtschaftsministerium "schlecht beraten" gewesen, die "die Umstellung von der Anbinde- zur Laufstallhaltung weder gefordert noch gefördert" hätten. "Jetzt sind es letztlich die Verbraucherinnen und Verbraucher, die über die Molkereien Druck auf die Landwirte ausüben und Wohl und Würde der Kühe ins Blickfeld rücken." Ihrer Meinung nach "sollten Landwirte, Bauernverband und CSU die Umstellung als Chance begreifen."