Vor einer Woche fragte der Autor Heinz-Werner Kubitza im Tagesspiegel: "Ist Theologie eine Wissenschaft"? Jetzt antwortete Stefan Förner vom Erzbistum Berlin.
Förner antwortet: "Hört einfach damit auf, Menschen, die glauben für doof zu halten oder wenigstens für unvernünftig. Wir haben es nicht geschafft, Euch die Existenz Gottes zu beweisen, dann werdet Ihr es auch nicht schaffen, seine Nicht-Existenz zu beweisen!"
Ob man diesen Satz als Antwort auf die gestellte Frage gelten lassen kann, sei dahingestellt. Er enthält aber - wie der gesamte Artikel - viel Theologen-Rabulistik: Viele Worte ohne Inhalt, dafür aber mit viel Geschichtsklittung. So heißt es: "Theologie als Wissenschaft hat nicht nur eine christliche Tradition, im angeblich ach so finsteren Mittelalter diskutierten bereits muslimische, jüdische und christliche Theologen miteinander, allerdings hat sich in Deutschland nur die christliche Theologie in größerem Umfang erhalten und reformiert."
Das allerdings erklärt in keiner Weise, weshalb der Staat die Kosten für Theologie-Lehrstühle an Universitäten übernehmen sollte. Förner erklärt hingegen, dass "das Abraham-Geiger-Kolleg und die jüdische Theologie in Potsdam ein Segen auch für die, die nicht glauben" - die Begründung für diese These bleibt er allerdings schuldig.
9 Kommentare
Kommentare
Oskar Degen am Permanenter Link
was für eine dürre Rechtfertigung. In dieser Position sollte man doch wohl schon mal von Russels Teekanne oder vom Spaghettimonster gehört haben. N.m.M. lediglich eine Bestätigung der Hauptkritikpunkte Kubitzas:
- die Unterwerfung der Theologen unter das Glaubensdiktat; das spricht der Author an ohne aber daraus die Forderung abzuleiten, das Recht der Bischöfe bei der Besetzung der Lehrstühle "zu erinnern" - wie es so schön heißt - zu streichen. Wo man aber glaubt, braucht man nicht zu forschen.
- Texte werden als literarisch erkannt, dann aber in der Argumentation verwendet als seien sie historisch; hiervon kann man sich insbesondere auch in den Jesus-Büchern von Ratzinger überzeugen - Leseprobe genügt.
Das ist nicht wissenschaftlich.
- Problematiken werden angesprochen; damit lässt man es dann aber auch gut sein und kommt wieder auf den "Boden" des Lehramtes zurück.
Und mit dem Diskutieren der Theologen verschiedener Religionen hat es schließlich bald ein Ende, wenn man zu den Kernproblemen der Religionen kommt, hier an vorderster Stelle mal zu nennen:
- Christus
- der Papst
da reduziert sich das Diskutieren doch sehr schnell auf die kindische Behauptung "ich hab recht" und "mein Gott ist stärker als deiner" und
"meine heilige Schrift ist heiliger als deine".
Klar kann man akademisch unverbindlich vieles diskutieren, aber sowie sie aus dem Elfenbeinturm heraustreten wollten, wäre Schluss mit lustig.
Schließlich würde so gut wie jeder Kompromiss darauf hinauslaufen, dass die Religionsführer ihre jeweiligen Gläubigen über Jahrhunderte schamlos belogen haben.
Manfred Schleyer am Permanenter Link
Notwendig sind kirchen-unabhängige, freie Lehrstühle über (!) Religionen. Wenn K. Deschners Forschung über die christliche Kriminalgeschichte gefördert worden wäre!
Herbert R. Störkel am Permanenter Link
Youssef Ziedan „Azazel“ Roman Seite: 134 Mitte
...Wie kann man nur glauben,dass...Dann fasste er die Verse zusammen und setzte hinzu, dass es für den Verstand doch unmöglich sei, diese oder jene Vorstellung zu akzeptieren...! Dem Mann war, wie mir dünkte, nicht bewusst, dass Religion nichts mit dem Verstand zu tun hat und dass der Glaube nur Glaube ist, wenn er im Widerspruch zum Verstand und der Logik steht. Sonst wäre es ein Gedanke und eine Philosophie.
Christian Mai am Permanenter Link
Beweis der Nichtexistenz Gottes
Prämissen:
L steht für »Gott ist in der Lage, Böses zu verhindern«.
W steht für »Gott ist willig, Böses zu verhindern«.
U steht für »Gott ist unfähig«.
B steht für »Gott ist bösartig«.
V steht für »Gott verhindert Böses«.
E steht für »Gott existiert«.
Die Prämissen lassen sich folgendermaßen codieren:
»Wenn Gott in der Lage ist und willig ist, etwas Böses zu verhindern, dann verhindert er es.«
1. (L ᴧ W)→V
»Wenn Gott nicht in der Lage ist, etwas Böses zu verhindern, dann ist er unfähig.«
2. ¬L→U
»Wenn Gott das Böse nicht verhindern will, dann ist er bösartig.«
3. ¬W→B
»Gott verhindert nicht das Böse.«
4. ¬V
»Wenn Gott existiert, dann ist er weder bösartig noch unfähig.«
5. E→(¬Bᴧ¬U)
Die Behauptung ist nun, dass aus diesen fünf Prämissen die Nichtexistenz Gottes folgt:
(LᴧW)→V,¬L→U,¬W→B,¬V,E→(¬Bᴧ¬U):¬E
Um das zu beweisen, erzeugen wir nach und nach neue Aussagen aus den bereits bekannten, wobei wir bei jedem Schritt angeben, welche Regel wir dazu benutzt haben. Für diesen Beweis brauchen wir insbesondere die folgenden Regeln:
A→B :: B ᴠ¬A (Implikation, kurz Impl)
Der Doppelpunkt bedeutet, dass der Schluss in beide Richtungen funktioniert, die Ausdrücke sind also äquivalent.
A→B :: ¬B ᴠ¬A (Kontraposition, kurz Kontra)
Dass diese Regel stimmt, sieht man schnell, wenn man ein Beispiel einsetzt: „Wer viel Alkohol trinkt, wird betrunken“ ist äquivalent zu „Wer nicht betrunken ist, hat nicht viel Alkohol getrunken“.
¬(A ᴧ B) :: ¬A ᴠ¬B
¬(A ᴠ B) :: ¬A ᴧ¬B (De Morganʼsche Gesetze, DM)
Die De Morganʼschen Gesetze erklären, wie man Und- und Oder-Verknüpfungen verneint. Auch diese Regeln sieht man sofort ein, wenn man konkrete Aussagen einsetzt: „Ich bin nicht reich und berühmt“ ist dasselbe wie „Ich bin nicht reich oder ich bin nicht berühmt (oder beides)“.
A→B, B→C: A→C (Hypothetischer Syllogismus, HS)
Diese Regel erlaubt es, eine Kette von Implikationen aufzustellen: „Wenn es regnet, wird die Straße nass. Wenn die Straße nass ist, geraten Autos leichter ins Schleudern. Also geraten Autos bei Regen leichter ins Schleudern.“
Jetzt kann der Beweis losgehen. Wir beginnen, indem wir den Modus tollens auf die Aussagen 1 und 4 anwenden, und erhalten:
6. ¬(LᴧW) (1, 4 MT)1
In Klammern steht hinter jeder Aussage, wie wir sie erhalten haben. Wir formen den Ausdruck mit der De Morganʼschen Regel um:
7. ¬Lᴠ¬W (6 DM)
Gott ist also entweder nicht in der Lage oder nicht willig, Böses zu verhindern. Wenn er nicht in der Lage ist, dann ist er laut Aussage 2 unfähig, wenn er nicht willens ist, dann ist er gemäß Aussage 3 bösartig. Dürfen wir nun folgern, dass er entweder unfähig oder bösartig ist? Nicht einfach so, es sind ein paar Schritte dazu nötig:
8. ¬ U → L (2 Kontra)
9. L→¬W (7 Impl)
10. ¬ U →¬ W (8, 9 HS)
11. ¬ U →B (10, 3 HS)
12. U ᴠ B (11 Impl)
Jetzt sind wir kurz vor dem Ziel:
13. ¬(¬Bᴧ¬ U) (12 DM)
Das heißt: Die rechte Seite der Implikation in Aussage 5 ist falsch, also muss per Modus tollens auch die linke Seite falsch sein.
14. ¬ E (5, 13 MT)
Das ist das Ende des Beweises – wir haben die Behauptung (»Gott existiert nicht«) aus den Prämissen hergeleitet.
Nach: Christop Drösser: Der Logik-Verführer, 2012
Monika Müller am Permanenter Link
manche lernen es nie: die Nicht-Existenz einer Sache ist grundsätzlich nicht beweisbar. Das weiß jeder, der sich mit echter Wissenschaft befasst.
Jonathan Nehrke am Permanenter Link
Natürlich, Herr Förner liegt in mancherlei Hinsicht richtig, in mancherlei Hinsicht falsch.
Hingegen ist sein Verweis auf die Unbeweisbarkeit der Nichtexistenz eher... halbherzig, vermute ich. Denn niemand, der sich mit diesem Thema auskennt würde diesen obsoleten Satz benutzen, es sei denn es wäre ein Abzielen auf diejenigen, die sich eben NICHT ingehender damit befassten - denn für die klingt es schlicht vernünftig.
Wie dem auch sei, man kann sich nun am Inhalt stören und aufhalten, ihn auseinandernehmen und kritisieren. Das ist leicht, verdammt leicht. Die zig Behauptungen und Ansichten im Artikel entbehren oftmals einer brauchbaren Grundlage und das Gegenteil zu beweisen wäre die leichteste Übung.
Schwerer (und für so manchen fast unmöglich) ist es hingegen, etwas Verständnis walten zu lassen.
Dieser Mensch, dieser Herr Förner arbeitet im Bistum. Er dürfte daher überzeugter Gläubiger sein. Womöglich hat er selbst Theologie studiert, zumindest aber seinen Beruf gemäß dem Glauben gewählt. Und jeder, der schon einmal ein Buch fürs Theologiestudium in der Hand hatte weiß, dass das nun wirklich kein leichter Tobak ist. Dieser Mann hat gelernt und gepaukt, wurde geprüft, hat Prüfungen bestanden - und sicherlich einen persönlich-intensiven Bezug zu seinem Glauben.
Und nun wird er für dumm verkauft. Er wird aufs Persönlichste verletzt (unerheblich, ob der Grund als Verletzung gedacht war).
Ja ist es denn da verwunderlich, dass er entsprechend schreibt, sich rechtfertigt und verteidigt?
Wäre es nicht ziemlich human erst einmal anzuerkennen, was wohl der Grund für dieses Schreiben ist? Und wird das nicht sehr dabei helfen, mögliche Kritik vielleicht sanfter (aber darum nicht weniger deutlich), abgestimmter zu formulieren?
Es ist einfach, schlichte Fakten zu präsentieren und sie dem "dummen Gläubigen" vor den Latz zu knallen.
Deutlich schwerer und herausfordernder ist es, im Gegenüber den Menschen zu erkennen, dessen Lebensinhalt man grade als null und nichtig erklärt - und das zu bedenken, wenn man sich nun ans Thema Kritik wagt.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Jonathan, ich kann deine Argumentation in Teilen nachvollziehen. Doch Herr Förner hat sich freiwillig in den Ring begeben, wie zuvor Heinz-Werner Kubitza auch.
Und die Reaktionen auf beide Artikel (den von Kubitza und den von Förner) sind vorhersehbar gewesen. Wenn der eine die "Erforschung" von Geisterglauben (die in Wahrheit dessen Zementierung beinhaltet) als unwissenschaftlich herausstellt und der andere in der alimentierten Erforschung von Mythen immer noch wissenschaftliches Potential vermutet - weil man ja Gott nicht widerlegen könne - dann ist in einer aufgeklärten Zeit völlig klar, was geschieht.
Das dies den Regeln des Anstandes und menschlichen Respekts erfolgen sollte, ist ebenso klar. Auch wenn ich sagen muss, dass die seltsamen Vorstellungen gläubiger Menschen schon öfters meine Toleranzfähigkeit arg strapaziert. Hier sollte auch mal ein Schub nach vorne erkennbar sein.
Da reicht es mir nicht, die Evangelien als unhistorisch zu sehen, sondern daraus auch die Konsequenzen abzuleiten und die Erforschung von Märchengestalten einzustellen. "Herr-der-Ringologie" wird auch nicht staatlich finanziert.
Jonathan Nehrke am Permanenter Link
Bernd, ich verstehe ja, dass du dich zu rechtfertigen suchst. Brauchste aber nicht. Das ist nicht viel wert, wenn du wiederum deutlich machst, keinerlei Verständnis (nicht verwechseln mit Sympathie) zu haben.
Ist ja auch dein gutes Recht. Du darfst dich ja auch rechtfertigen und dein Recht dazu verteidigen. Und ich verstehe doch, dass es dir und vielen anderen ein dringendes Bedürfnis ist, Glauben immer wieder mit Märchen und sonstiger Fantasy in Verbindung zu bringen.
Nur erwarte nicht davon, jemanden ernsthaft zum Nachdenken zu bringen ;).
Tust du ja eh nicht, das weiß ich ja, wir hatten ja schon öfters das Vergnügen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Bernd, ich verstehe ja, dass du dich zu rechtfertigen suchst."
Wofür? Ich wurde nicht angegriffen. Ich fühle mich nicht einmal angegriffen. Das einzige, wo ich mit unerbittlicher Hartnäckigkeit Bewegung fordere, ist die Aufgabe der sturen Haltung Gläubiger, die sich keinen Millimeter von ihren Dogmen wegbewegen wollen. Manche tun dies ja schon, doch die werden allzu oft vom Studierbetrieb an theologischen Fakultäten ausgeschlossen - siehe Uta Ranke-Heinemann oder Hubertus Mynarek - oder der Häresie bezichtigt.
Gläubige sind es doch, die ihren eigenen Glauben völlig unentspannt, spricht verkrampft sehen. Das weißt doch gerade du aus eigener Erfahrung am besten. Ich an erster Stelle würde es sehr begrüßen, wenn ich mal mit Hardcore-Gläubigen offen über ihr Lieblingsthema diskutieren könnte. Doch die verweigern sich total.
Und dieses Recht auf Erkenntnisverweigerung endet für mich genau da, wo Kinder mit hineingezogen werden. Und schon sind wir mitten in der einzig wirklich spannenden Frage dieses Themenkomplexes: Dürfen Eltern ihre Kinder im Geist einer falschen Ideologie erziehen? Ist dies durch das Recht auf Erziehung oder durch elterliche Sorge abgedeckt? Dürfen Eltern ihre Kinder auch im Sinne eines politischen Faschismus erziehen oder ist dies nur beim religiösen erlaubt? Darf man zur Diktatur oder nur zur Theokratie erziehen? Das sind wirklich schwerwiegende Fragen, die aber nicht dadurch gelöst werden, das man religiöse Eltern einfach so weitermachen lässt.
Darüber, dass Religion schädlich ist, brauchen wir uns hoffentlich nicht zu unterhalten.