Auch im Jahr 2019 wird sich die Zahl der Kirchenaustritte in Deutschland drastisch erhöhen. Darauf lassen erste Umfrageergebnisse schließen. In Polen fehlt es zudem an jungen Männern, die sich zu Priestern ausbilden lassen wollen.
Die Zahl der Kirchenaustritte in Deutschland wird sich 2019 nochmals dramatisch erhöhen. Umfragen in der bisher stets repräsentativen 300.000-Einwohnerstadt Augsburg und einigen kleineren Kommunen der Umgebung ergaben, dass bereits Mitte Oktober der Vorjahresstand erreicht wurde. Am Jahresende ist demnach mit einer Zunahme um 15 bis 20 Prozent zu rechnen. Dies hat auch Auswirkungen auf den Mitgliederschwund in den beiden großen Kirchen.
Zwischen 1990 und 2013 hatten katholische und evangelische Kirche zusammen jährlich ziemlich konstant eine halbe Million verloren. Seit 2014 nahm der Schwund aber immer größere Ausmaße an und erreichte schon 2017 und 2018 jeweils neue Rekordmarken (663.000 bzw. 704.000). Für 2019 müssen die Kirchen nun mit einem Gesamtverlust von rund 800.000 Mitgliedern rechnen.
Zahl der Priesteranwärter geht zurück
Das Sprachrohr der polnischen Katholiken musste einräumen, dass auch im katholisch geprägten Polen die Zahl der Priesteranwärter drastisch zurückgeht. 2019 haben nur noch 498 Männer diese Ausbildung begonnen – 122 (oder 20 Prozent) weniger als im Jahr davor. Die Ursache liegt laut dem Chef der Priesterseminare im abnehmenden Glauben unter Jugendlichen. Auch Medienberichte über Kirchenskandale hätten einen negativen Einfluss.
Aktuell bereiten sich in Polen noch 2.853 Seminaristen auf die Priesterweihe vor – weit mehr als in jedem anderen europäischen Land. Aber das sind rund 60 Prozent weniger als noch vor zwei Jahrzehnten; im Rekordjahr 1987 waren es sogar noch mehr als 9.000 Seminaristen.
Erfahrungsgemäß werden allerdings weniger als die Hälfte später auch tatsächlich Priester, so dass der Nachschub für offene Priesterstellen bald abnehmen wird.
4 Kommentare
Kommentare
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
dieser Artikel läßt hoffen. Nur eine entkirchlichte Gesellschaft
sichert die Zukunft unserer Kinder!
Viele Grüße
Arno Gebauer
Stefan Dewald am Permanenter Link
Die einen nennen es Priestermangel, ich nenne es Marktbereinigung.
Martin Franck am Permanenter Link
Ich halte die Studie von Bernd Raffelhüschen aus Freiburg, daß bis 2060 die Zahl der Mitglieder um die Hälfte sinkt, und obwohl nominal die Kirchensteuer gleich bleibt, die Kaufkraft sich ebenso halbiert, für zu optim
Schon seit einiges Jahren ist es so, daß nicht mehr jeder Täufling zur Erstkommunion, und dann auch zur Firmung geht. Aber erst in den letzten Jahren ist der Altersgipfel der Austretenden massiv zu der Altersgruppe verschoben, die ihr erstes Geld verdient.
Diese Generation ist sehr mobil, und hat daher auch kaum noch eine Kirchengemeinde, mit der sie sich identifizieren kann. Außerdem hat sie öfter prekäre Beschäftigungsverhältnisse zwischen Praktikum und Projektarbeit, und kann sich ein Leben in den bevorzugten Städten immer schwieriger leisten, so daß die Kirchensteuer gerne eingespart wird.
Kommt man dann in eine neue Gemeinde, so dominieren in manchen Kirchen Gottesdienstbesucher aus Ländern wie Polen, so daß man sich nicht gleich neu heimisch fühlt.
Der im Artikel beschriebene Priestermangel wird die Entfremdung von einer Gemeinde noch mehr verstärken. Früher hatte man sich am Sonntag nach der Messe noch einmal zum Frühschoppen getroffen, und so war es auch ein Treffpunkt, um sich auszutauschen. Heute hingegen rast der Priester gleich im Auto zur nächsten Gemeinde.
Aber auch für die Kasualien gibt es Konkurrenz durch freie Redner. Die sind erstens flexibler für Sonderwünsche, und zweitens nehmen sie sich auch mehr Zeit, als sich ein gehetzter Priester leisten kann.
Aber auch Säkularreligionen bieten Ersatz, der gesellschaftlich akzeptierter ist.
In jungen städtischen Milieus ist konfessionsfrei das neue Normal geworden. Insofern sehe ich einen Schneeballeffekt. Die Austrittszahlen werden eher steigen.
Angesichts dieser Dramatik, fand ich die Reaktion beider Kirchen ziemlich moderat. Vielleicht, weil sie einfach keine Antworten wissen. Denn Austrittsstudien gibt es ja schon genug.
Die RKK konnte bisher nur zweimal die EKD schlagen: 2010 mit dem Canisius-Kolleg und 2013 mit Tebartz-van Elst. 2018 hatte sie es trotz MHG-Studie kein drittes Mal geschafft. Vielleicht weil sie erst im September veröffentlich wurde, und einige Mitglieder erst Kontemplation benötigten, um zu sehen, daß es kein Problem einzelner Täter war, sondern daß es ein Systemversagen war, und die RKK sich als strukturell reformunfähig erwies.
Wer für 2019 noch eine Motivation benötigt, der sehe sich Verteidiger des Glaubens im Kino an. https://hpd.de/artikel/vorhersehbare-versagen-ratzingers-17369
Ich drücke Reinhard Marx die Daumen, daß er nun mit etwas Verspätung es endlich schafft, erneut Heinrich Bedford-Strohm zu schlagen.
Die EKD hatte es ja sogar im Lutherjahr 2017 geschafft, die Austrittszahlen gegenüber 2016 zu steigern. Sie ist also kein leichter Gegner.
Andreas am Permanenter Link
Ganz gut so, dass die Leute langsam aufwachen und sich von dieser Bagage nicht weiter ausbeuten lassen.