Tagungsbericht vom ersten Tag der International Atheist Convention, 22. Mai 2015

"Give Peace A Chance" (1)

KÖLN. (hpd/ibka) Vom 22. bis zum 24. Mai fand im Kölner Comedia-Theater die "Internationale Atheist Convention 2015" statt. Die Veranstaltung wurde vom Internationalen Bund der Konfessionlosen und Atheisten (IBKA) in Kooperation mit der Atheist Alliance International (AAI) und der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS) organisiert.

René Hartmann

Die internationale atheistische Tagung unter dem Motto "Give Peace a Chance" wurde eröffnet von René Hartmann, dem 1. Vorsitzenden des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA).

René Hartmann, Foto: © Evelin Frerk / IBKA

René Hartmann, Foto: © Evelin Frerk / IBKA

Hartmann trug zunächst ein Grußwort von Landessprecher Ralf Michalowsky der Partei Die Linke in Nordrhein-Westfalen vor. Dieser kritisierte die Privilegierung der Religionsgemeinschaften und ihren unverhältnismäßig großen politischen Einfluss angesichts einer kontinuierlich schwindenden Rolle von Religion in der Gesellschaft. Michalowsky plädierte in seinem Grußwort für eine geschlossene Bewegung von Menschen, die die Religionen auf politischer Ebene in die Schranken weisen und wünschte der Tagung viel Erfolg.

Richard Honess

Richard Honess, Foto: © Evelin Frerk / IBKA

Richard Honess, Foto: © Evelin Frerk / IBKA

Es folgte eine kurze Vorstellung der Atheist Alliance International (AAI) durch ihr Vorstandsmitglied Richard Honess. Honess ging auf die Ziele der AAI ein, nämlich religiös verfolgten Individuen weltweit und insbesondere in Entwicklungsländern zur Seite zu stehen, sowie atheistische Organisationen zu vernetzen und eben solche Events wie die aktuelle Tagung zu veranstalten.

Dan Barker

Dan Barker (Freedom From Religion Foundation, USA) begann mit dem ersten Vortrag. Barker startete musikalisch und trug das Lied “Die Gedanken sind frei” vor. Dieses Lied eröffne jede Veranstaltung der Stiftung in den USA. Barker appellierte, sich von Dogmen zu befreien und selbst zu Denken. Zu diesem Thema gab er ein weiteres Lied zum Besten.

Der erste Schritt zum Frieden sei eine neutrale und säkulare Regierung. Nur eine solche könne sich allen Bedürfnissen gleichermaßen widmen. Barker dachte früher selbst, Friede könne nur von Oben, von Jesus kommen – ein Friede welcher top-down, von oben herab käme, durch die Gnade Gottes. Dies sei die Grundauffassung jeder Religion. Friede könne es nur auf den Knien vor dem Herrn geben. Barker zog Parallelen zum Pax Romana, welcher nach dem gleichen Prinzip funktionierte: Unterwerfe dich dem Römischen Imperium, oder sterbe durch das Schwert der Legionäre.

Dan Barker, Foto: © Evelin Frerk / IBKA

Dan Barker, Foto: © Evelin Frerk / IBKA

Die Bibel berichte vom Frieden, doch biblischer Friede sei Friede im Sinne des Pax Romana. Das Wort Shalom aus dem jüdisch-christlichen Kontext drücke dieses ebenso aus. Kapituliere vor Gott, oder stirb durch das Schwert.

Barker fuhr fort mit dem "Sinn des Lebens". Viele Menschen fragten sich, was denn dieser Sinn des Lebens sei. Wir Freidenker könnten die frohe Botschaft verkünden: es gibt keinen Sinn. Dies sei eine wirklich frohe Botschaft, nicht wie die vermeintlich frohe Botschaft der Religionen. Suche man nach einem Sinn der über den Menschen stehe, spiele der Mensch immer nur eine untergeordnete Rolle. In unserem Leben selbst sei der Sinn, nicht in einem irgendwie gearteten "über-uns". Es gehe nicht um den Sinn des Lebens, sondern um den Sinn in unserem Leben. Solange sich die Menschheit noch solch großen Herausforderungen gegenüber sieht wie im Moment, gäbe es immer Raum, einen Sinn für sich zu entdecken.

So sollten wir uns alle fragen, ob wir den "top-down" Frieden haben wollen, gleich dem Pax Romana, oder wirklichen Frieden und auch einen tatsächlichen Sinn. Sich allein von den Religionen zu befreien, sei noch nicht der Endpunkt, aber es wäre ein erster Schritt, Raum für eine wirkliche Suche nach Sinn und Frieden zu schaffen.

PZ Myers

PZ Myers, Foto: © Evelin Frerk / IBKA

PZ Myers, Foto: © Evelin Frerk / IBKA

PZ Myers betrachtete die Fragestellung der Chancen für Frieden durch Säkularisierung unter den Gesichtspunkten aufklärerischer Ideen. Laut des bekannten Bloggers sei es nicht ausreichend, die säkulare Bewegung auf die bloße Ablehnung des Glaubens an höhere Mächte zu reduzieren. Vielmehr sei es die Gesamtheit der Werte der Aufklärung, wie etwa die wissenschaftliche Methode, die Demokratie und die Gleichheit aller Menschen, die zu einer besseren und friedlicheren Welt führe. Diese Ideen, die vielfach auch Eingang in die Popkultur gefunden hätten – wie er am Beispiel von STAR TREK ausführte – fänden heute eine sehr breite Anerkennung in der gesamten Gesellschaft, auch wenn immer noch viele Menschen dem Atheismus kritisch gegenüber stünden.

Welche Folgen die Ignoranz dieser Werte habe, stellte er am Beispiel seines Heimatlandes, der USA dar. Obwohl die Gründung der USA auf den Ideen der Aufklärung fuße, diese das Fundament der Verfassung bildeten und die USA somit an der Speerspitze der Staaten stehen müsste, die diese Werte in der Welt vorantreiben, geschehe zur Zeit das Gegenteil dessen. So vergifte eine Atmosphäre der Angst vor Feinden der USA die Gesellschaft, die Innenpolitik nehme naive Formen des Kapitalismus an, die Sexualerziehung schreite ins Mittelalter zurück und das Erbe der Sklaverei komme wieder auf, wie an aktuellen Formen von Rassismus erkennbar sei.

Das Mittel zu fortschrittlicheren Gesellschaften sei eine ausbalancierte Mischung aller Werte der Aufklärung. Insbesondere dürften einzelne Ideen nicht über andere gestellt werden, sondern es müsse ein Ausgleich aus dem gesamten Gedankenpool der Aufklärung gefunden werden.

Nada Peratović

Der Beitrag von Nada Peratović stellte das "Center for Civil Courage" Kroatien vor. Die Frage die sich zuerst stelle, sagte Peratović, sei, wieso gebe man sich nicht einen dezidiert atheistischen oder humanistischen Namen, sondern nenne es "Center for Civil Courage".

Ihrer Meinung nach sei Zivilcourage von Vernunft und Wissen angeleitet und beinhalte die Fähigkeit “Nein” zu sagen. Daraus folge, dass wir alle wählen könnten was wir tun wollten.

Das Center orientiere sich an der Philosophie des evolutionären Humanismus, welche sie von der Giordano-Bruno-Stiftung kennen gelernt hätten.

Nada Peratović, Foto: © Evelin Frerk / IBKA

Nada Peratović, Foto: © Evelin Frerk / IBKA

Weiter zeigte Peratovic die Situation der Humanisten in Kroatien auf. Früher, zu Zeiten der Sowjetunion, sei der Atheismus vorgeschriebene Staatsräson gewesen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem darauf folgenden Jugoslawischen Krieg seien viele der einstigen Atheisten quasi über Nacht zu Gläubigen Christen geworden. Auch folgten aus dem Kollaps des Sowjetsystems viele religiöse Freiheiten. Diese neu entstandenen Rechte seien vor allem für die katholische Kirche nutzbringend gewesen: Steuerbegünstigungen, staatliche Subventionen, Immobilien, kirchlicher Religionsunterricht in den Schulen etc. Trotz katastrophalen wirtschaftlichen Zuständen – Menschen seien obdachlos – bekäme die katholische Kirche unverändert ihre finanzielle Unterstützung vom Staat.