LEHRTE. (hpd/ibka) Die Einladung zur diesjährigen Mitgliederversammlung hatte einen besonderen Programmpunkt zu bieten: Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V. (IBKA) hat hier in Niedersachsen-Bremen einen Landesverband, der inzwischen seit fünf Jahren besteht – ein kleines Jubiläum!
Anders gesagt: Die Konfessionslosen und Atheisten in Niedersachsen und Bremen haben seit fünf Jahren beim IBKA einen Anknüpfungspunkt, einen Ansprechpartner. Aus diesem Anlass hat der Vorstand seine Mitglieder Anfang Mai diesmal nach Lehrte eingeladen.
In den Grußworten wurde der Verband und der Landesverband als gesellschafts-politisch wichtige Stimme gewürdigt.
So betonte der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Lehrte, Herr Dündar Kelloglu ausdrücklich die Notwendigkeit der beharrlichen Forderung nach strikter Trennung von Staat und Kirchen/allen Religionsgemeinschaften, wie sie vom IBKA von Anfang an gefordert wurde und weiterhin gefordert wird. Diese Trennung fordert nicht nur der Verfassungsbefehl des Grundgesetzes (Artikel 140). Mit Blick auf die gesellschaftliche Realität der Vielfalt im Denken der Menschen über die wesentlichen Fragen des Lebens und des friedlichen Zusammenlebens aller Menschen in diesem Land kann es gar keinen anderen Weg geben.
Die Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung in Vertretung ihres Mitglieds Frau Sigrun Stoellger betonte insbesondere die gute Zusammenarbeit mit dem Landesverband. Sie verwies auf die gemeinsam organisierten regelmäßigen Stammtische insbesondere in Hannover und auf die gemeinsamen Aktionen wie beispielsweise die Kampagne "Mein Ende gehört mir!", an dem auch die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) beteiligt war.
In dem schriftlichen Grußwort der Humanistischen Union/HU Niedersachsen hob Herr Johann-Albrecht Haupt die Gemeinsamkeiten zwischen HU und IBKA in puncto der geforderten strikten Trennung von Staat und Kirche hervor, wie es unsere Verfassung vorsieht – im Interesse aller Bürger und Bürgerinnen der Bundesrepublik Deutschland.
Ein gemeinsames Vorhaben ist derzeit in Planung: Eine Demonstration anlässlich der Veranstaltung der niedersächsischen Landesregierung und der evangelischen Kirchen zum 60. Jahrestag des Loccumer Vertrages und des 50. Jahrestages des Niedersächsischen Konkordats.
Im Anschluss an diese Grußworte berichtete Hans-Jürgen Rosin als Mitbegründer des Landesverbandes kurz über die Entstehungsgeschichte und Rainer Ponitka, Sprecher des Bundesverbandes gab einen Überblick über die Geschichte des IBKA.
Die Historie des Landesverbandes
Es begann vor sechs Jahren. Eine kleine Gruppe Konfessionsloser aus Niedersachsen fand sich in Hannover zusammen, zunächst als lockerer Gesprächskreis, um sich über "Gott und die Welt" auszutauschen. Daraus entstand schließlich der Plan, in Niedersachsen einen Verband zu gründen, in dem konfessionslose Menschen sich aufgehoben fühlen können. Schließlich – so zeigte es der Blick in die Statistik – gibt es hier im Land noch viele weitere Konfessionslose. Und etliche von ihnen werden, so die Einschätzung, ebenfalls das Bedürfnis haben, mit Gleich-gesinnten zu sprechen, um das Gefühl des Alleinseins mit ihren "gottlosen" Ansichten zu überwinden und ihrem Unbehagen gegenüber dem übermäßig starken Einfluss der sog. christlichen Kirchen Ausdruck zu geben..
Die Überlegungen führten schließlich zu dem Schluss, dass es auf Dauer zu wenig wäre, nur in Gesprächskreisen zusammen zu kommen. Es sollte dem geplanten Verband auch darum gehen, den Konfessionslosen gegenüber der Politik eine Stimme zu geben, um politische Ziele durchzusetzen. Denn bei genauerer Betrachtung gab und gibt es eine Vielzahl von Kritikpunkten in der Bundesrepublik Deutschland, die nicht nur den Interessen Konfessionsloser zuwiderlaufen, sondern die als grundgesetzwidrig einzustufen sind. Das reicht vom Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach an den Schulen und der Theologenausbildung an staatlichen Universitäten über die Staatleistungen an die Kirchen bis zum machtvollen Einfluss der christlichen Kirchen in Rundfunk- und Fernsehräten, und vieles mehr. Als Kurzformel zusammengefasst wollten die Gründerinnen und Gründer einen politischen Verband in Niedersachsen, dessen Hauptziel die vollständige Trennung von Staat und Religion ist, die strikte Trennung von Staat und Kirche.
Einen Verband mit dieser Zielsetzung gibt es bereits seit 1976: "Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V." (IBKA). Und so konnte schließlich im März 2010 in Hannover der "IBKA-Landesverband Niedersachsen-Bremen e.V." gegründet werden. In der Pressemitteilung des IBKA vom 1.4.2010 wird der erste Landessprecher, Hans-Jürgen Rosin zitiert: "Wir werden die Anliegen der konfessionslosen Bevölkerungsanteile in den Bundesländern Niedersachsen und Bremen vertreten." Besonders im Blick: die Themen Bildung, Kirchenaustrittsgebühr und Subventionen des Landes Niedersachsen an die Religionsgemeinschaften.
In regelmäßigen Abständen werden seitdem die Stammtische in Hannover, Hildesheim und Braunschweig veranstaltet. Mit Infoständen insbesondere in Hannover macht der Landesverband regelmäßig auf die Probleme im Verhältnis Staat und Kirchen aufmerksam. Des weiteren werden der Öffentlichkeit Lesungen mit Diskussion zu dieser Problematik angeboten. Zuletzt ging es mit dem anerkannten Politologen und exzellenten Kenner der Kirchenfinanzen, Dr. Carsten Frerk / Berlin in Hannover, Hildesheim und Braunschweig um das Thema "Kirchenfinanzen – Wie der Staat die Kirchen finanziert". (siehe dazu auch das Buch von Carsten Frerk: "Violettbuch Kirchenfinanzen. Wie der Staat die Kirchen finanziert" (Alibri Verlag; 2010),
Im weiteren Programm des Tages folgte dann der Vortrag von Prof. em. Dr-Ing. Uwe Lehnert/ Berlin mit dem Titel: "Warum ich kein Christ sein will – Mein Weg vom christlichen Glauben zu einer naturalistisch-humanistischen Weltanschauung" (Tectum Verlag, 6.aktualisierte und erweiterte Auflage, 2015). In der anschließenden lebhaften Diskussion wurde insbesondere gefragt, warum bei so vielen theologischen Ungereimtheiten und biblischen Ungeheuerlichkeiten noch immer Menschen sich zum Christentum bekennen. Da ist zum einen die frühkindliche Indoktrination: Kinder werden im Religionsunterricht an Widersprüche gewöhnt, die sie dann als normal anerkennen. Zum anderen ist es die Unkenntnis der Menschen über die wirklichen Inhalte der Bibel, denn sie erfahren daraus nur das, was die Kirchenfunktionäre für jeweils geeignet halten und entsprechend interpretieren. Des weiteren ist es der machtvolle Einfluss der sog. christlichen Kirchen in den Medien. Und schließlich ist es die Feigheit der Mehrzahl der PolitikerInnen, die den Expansionsbestrebungen der Kirchen, in möglichst viele Gesellschaftsbereiche einzudringen, nicht Einhalt gebieten, sondern den Verfassungsbefehl des Grundgesetzes seit Jahrzehnten nonchalant und opportunistisch ignorieren. "Wir sind eben ein Kirchenstaat" – fasste Prof. Dr. Lehnert zusammen.
Den Abschluss der Veranstaltung "5 Jahre IBKA-Landesverband Niedersachsen-Bremen" bildete die Vorführung des schockierenden Films "Jesus Camp".
Über die gesamte Veranstaltung wird übrigens ein Film erstellt, der auf dem IBKA Youtube-Channel erscheinen wird.
Übernahme von der IBKA-Webseite.