Warnstreik beim Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg

Man wird weiter miteinander reden müssen

Unvereinbare Gegensätze scheint es zwischen der Geschäftsführung des Humanistischen Verbands Berlin-Brandenburg und seinen Angestellten zu geben. Bereits seit 2017 verhandeln GEW und ver.di mit den Arbeitgebern ergebnislos über einen neuen Tarifvertrag. Heute gab es deshalb einen Warnstreik.

Die Gewerkschaft ver.di weist darauf hin, dass die Tarifkommissionen bereits seit 2017 gemeinsam mit der Arbeitgeberseite über einen neuen Tarifvertrag für die Beschäftigten des HVD Berlin-Brandenburg verhandelt. "Unsere Forderungen und Vorschläge haben die Arbeitgebervertreter*innen am 28. Januar zurückgewiesen. Auch ein Kompromissvorschlag wurde abgelehnt."

Der Verhandlungsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Berlin, Udo Mertens, sagte zur Begründung des Warnstreiks: "Die Annahme der Arbeitgebervorschläge würde dazu führen, dass beim HVD sieben unterschiedliche Tabellen gelten, dass es höchst intransparente Eingruppierungsmerkmale gäbe, dass eine Reihe von Kolleg*innen weniger als bisher verdienen würden und dass Beschäftigte nicht entsprechend ihrer Ausbildung und der Tätigkeit, zum Beispiel als Sozialpädagog*in, sondern nach Zuordnung zu einem Bereich bezahlt würden."

Den Beschäftigten beim HVD sei diese Ungleichbehandlung nicht zu vermitteln. Ebenso wenig, weshalb sie deutlich schlechter als ihre Kolleg*innen im öffentlichen Dienst bezahlt werden.

Die Gewerkschaften wollen die Wiederinkraftsetzung des TV HVD-BB zum 1. Januar 2020 ohne zeitliche Befristung durchsetzen. Zudem fordern sie eine Erhöhung der tariflichen Tabellenentgeltbeträge für den HVD Berlin-Brandenburg rückwirkend zum 1. Januar 2020 um 6 Prozent und zeitnahe Verhandlungen, um die Struktur der Entgelttabellen des TV HVD-BB an die Struktur der Entgelttabellen des TV-L anzupassen und einen Stufenplan zur Angleichung der Tabellenentgeltbeträge für den HVD an die des TV-L zu vereinbaren.

Dem widerspricht die "Paritätische Tarifgemeinschaft" (PTG), die als Vertreterin des Arbeitgebers am Verhandlungstisch mit den Gewerkschaften sitzt. In einem Schreiben an die Mitarbeiter*innen des HVD vom 11. Februar 2020 zeigt sie sich überrascht von der Warnstreikandrohung und fordert die Gewerkschaften auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die PTG schreibt darin: Wir gingen "davon aus, dass wir unser im Oktober 2019 übersandtes Angebot – wie mit den Gewerkschaften verabredet – im März vorstellen und erklären können. Denn aus unserer Sicht war anhand der Äußerungen der Tarifkommissionen erkennbar, dass offenkundig grundsätzliche Fehlinterpretationen hinsichtlich dieses Angebots vorliegen."

Niemand werde durch das Tarifangebot weniger verdienen, so die PTG. Das gelte "nicht durch das derzeitige Angebot des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg (HVD BB) und der PTG noch in der Zukunft!" Nach Angaben des Arbeitgebers liegt das Angebot der Gewerkschaften für einen großen Teil der Belegschaft weit unter der vom HVD Berlin-Brandenburg gewünschten Tariferhöhung.

Das wiederum weist der Sprecher der Gewerkschaft GEW bei der Kundgebung am heutigen Mittwoch weit von sich. Er unterstellte der Gegenseite, die Mitarbeiter mit dem Schreiben falsch informiert zu haben. Denn anders als die PTG in ihrem Schreiben vom 11. Februar an die Mitarbeiter des HVD behaupte, gebe es bereits weitere Verhandlungstermine. "Wir müssen jetzt Druck machen!", rief er beim heutigen Warnstreik in der Berliner Wallstraße aus.

Betriebsrat Thomas Dornieden wies gegenüber dem hpd darauf hin, dass der HVD eine Vielzahl von Refinanzierungsquellen hat. Man könne nicht pauschal sagen, dass die finanzielle Unterstützung des HVD durch den Staat/Senat geringer als der für die Kirchen sei. Allerdings könne man zum Beispiel für die Abteilung Kita feststellen, dass die Förderung nach Kitaförderungsgesetz (KitaFöG) für alle freien Träger gleich ist (einschließlich der Kirchen); dennoch handhaben die Träger die Entlohnung unterschiedlich und sind auch nicht gehalten, die Förderung zu 100 Prozent an die Beschäftigten weiterzugeben. Der Tarifvertag der Kirchen TV EKBO sei nahezu gleich den Tabellenwerten des TV-L.

David Driese ist Vorstand des Humanistischen Verbands Berlin-Brandenburg KdöR und erläuterte dem hpd: "Wir erhalten – wie andere Sozialeinrichtungen auch – staatliche Finanzierungen." Diese sei jedoch an die Einrichtungen gebunden (wie zum Beispiel Kindergärten oder den Lebenskundeunterricht). Der HVD möchte diese Förderungen eins zu eins an die Kolleg*innen weiterreichen. Dadurch komme es zu den vielen verschiedenen Tabellen.

Insbesondere diese sehr unübersichtliche Situation, die sich aus verschiedenen Tarifmodellen ergibt, erzeugt den Widerspruch durch die Gewerkschaften. In einem dem hpd vorliegenden Rechenmodell gibt es Fälle, bei denen bei gleicher Beschäftigung an anderen Einsatzorten ein/e Mitarbeiter*in zukünftig 1,68 Prozent mehr erhält, während ein anderer/eine andere 12,45 Prozent weniger verdienen würde als bisher.

Die Arbeitgeberseite weist den Vorwurf zurück, dass die neue Tarifstruktur unübersichtlich sei. "Wir haben den Gewerkschaften ein für jeden Arbeitsbereich ausgearbeitetes Eingruppierungswerk vorgelegt. Dieses wird nach der erfolgreichen Verhandlung weiterhin transparent auf der Homepage des HVD Berlin-Brandenburg zugänglich sein. Im Gegensatz zur jetzigen sehr schwammigen Eingruppierungslogik findet dann jede*r Beschäftigte die eigene Entgeltgruppe. Derzeit müssen sich viele verschiedene Berufsfelder eine Entgeltgruppe teilen. Künftig hat jedes Arbeitsfeld seine eigene Gruppe."

Die Positionen in diesem Tarifkonflikt scheinen weit voneinander entfernt. Daran wird wohl auch der heutige Warnstreik nicht viel ändern. Vielleicht jedoch die weiteren Verhandlungen, die ab morgen stattfinden.

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