Demonstrationen in Berlin und Karlsruhe forderten Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen

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Demonstrationszug in Berlin
Demonstrationszug in Berlin

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Gisela Notz sprach in Berlin
Gisela Notz

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Demonstrationszug in Berlin
Demonstrationszug in Berlin

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Demonstrationszug in Berlin
Demonstrationszug in Berlin

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Viele verschiedene Organisationen beteiligten sich am Berliner Protest, so wie hier Terre des Femmes.
Viele verschiedene Organisationen beteiligten sich am Protest

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Demonstrationszug in Berlin
Demonstrationszug in Berlin

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Schild auf der Demonstration in Berlin
Schild auf der Demonstration in Berlin

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Schild auf der Demonstration in Berlin
Schild auf der Demonstration in Berlin

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Demonstrationszug in Berlin
Demonstrationszug in Berlin

Am Samstag fanden in Berlin und in Karlsruhe Demonstrationen für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und der damit einhergehenden Entkriminalisierung von Abtreibungen statt. Nach Angaben der Veranstalter waren etwa 7.000 Menschen auf den Straßen.

In Berlin haben laut Veranstalter rund 4.500 Menschen für die Legalisierung von Abtreibungen in Deutschland demonstriert. Die Strecke führte vom Alexanderplatz (Karl-Liebknecht-Straße) über die Straße Unter den Linden zum Platz der Republik. Rund 100 Organisationen, Vereine und Verbände hatten zum Protest aufgerufen.

Auf der Demonstration wurde auf Plakaten und in den Reden gefordert, den Paragraf 218 ersatzlos aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Laut diesem Gesetz ist der Schwangerschaftsabbruch – auch wenn viele das nicht mehr wissen – eine Straftat. Sie wird aber nicht verfolgt, wenn sich Betroffene zuvor beraten lassen und der Abbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft stattfindet. Die Initiatoren verlangen dagegen das Recht auf freiwillige Beratung und die vollständige Kostenübernahme durch die Krankenkassen, Schwangerschaftsabbrüche als Teil der medizinischen Ausbildung und mehr sexuelle Aufklärung bei Kindern und Jugendlichen.

Im Bundestag wurde am vergangenen Donnerstag über einen Gesetzentwurf zur Reform des Abtreibungsrechts debattiert. Kern des von Abgeordneten der SPD, der Grünen und der Linken eingebrachten Vorschlags ist die Legalisierung von Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche. Dies ist für die Veranstalter der Demonstrationen und für viele der Menschen, die am Samstag auf die Straße gingen, ein schlechter Kompromiss. Die Forderungen der Straße gingen weit darüber hinaus. Doch war allen klar – und das wurde in den Redebeiträgen deutlich gemacht – dass das Zeitfenster, in dem sich eine Änderung des Paragrafen 218 erreichen lässt, sehr klein ist und man wohl oder übel mit dem eventuellen Kompromiss, der sich abzeichnet, leben müsse. Der Kampf um eine vollständige Legalisierung des Schwangerschaftsabbruches sei damit jedoch nicht zu Ende.

Foto: © Frank Nicolai
Demonstrationszug in Berlin, Foto: © Frank Nicolai

Demonstration für die Legalisierung von Abtreibung in Karlsruhe: Ein starkes Zeichen der Solidarität

Auch in Karlsruhe fand – parallel zur Demo in Berlin – eine eindrucksvolle Abschlusskundgebung der zwölfwöchigen Kampagne "Abtreibung legalisieren – jetzt!" statt. Zu dieser wichtigen Veranstaltung, organisiert von ebenfalls mehr als 100 Unterstützerorganisationen, darunter die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) und die gbs Karlsruhe, fanden sich nach Angaben der Veranstalter über 2.500 Menschen ein.

Von zahlreichen Städten wie Stuttgart, Tübingen, Heidelberg, Mannheim, Landau und Freiburg waren Bürger:innen angereist, um ihre Stimme für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen zu erheben. Gruppen aus Marburg, Gießen und Köln reisten mit Bussen nach Karlsruhe und stellten so eine starke, solidarische Front dar. Auch die gbs-Regionalgruppen aus Karlsruhe, Rhein-Neckar, Rhein-Main und Stuttgart waren vertreten, um für die Rechte der Frauen und die dringend notwendige Entkriminalisierung von Abtreibungen zu kämpfen.

Die Auftaktkundgebung der Demonstration auf dem Kronenplatz umfasste vier engagierte Reden. Der Beitrag der Feministischen Intervention hob die gesellschaftliche Dimension von Schwangerschaftsabbrüchen hervor, während die Rednerin von pro familia auf die Notwendigkeit von Beratungsangeboten und den Ablauf von Beratungen für betroffene Frauen einging. Die Vertreterin des Bündnisses Krankenhaus statt Fabrik betonte, dass Abtreibung eine medizinische Grundversorgung sein müsse und die Linkspartei lieferte eine parlamentarische Perspektive auf die Thematik. Bevor der Demonstrationszug durch die Stadt zum Bundesverfassungsgericht startete, wurde der Paragraf 218 von mehreren Frauen in einer symbolischen Aktion "gestrichen" (siehe Foto weiter unten).

Kristina Hänel, Foto: © Ria Weber
Kristina Hänel sprach vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, Foto: © Ria Weber

Ein wichtiger Moment der Demonstration war die Zwischenstation vor dem Bundesverfassungsgericht. Kristina Hänel, Ärztin und bekannte Aktivistin, hielt eine eindringliche Rede, in der sie erklärte: "Das Abtreibungsverbot tötet Frauen." Hänels öffentlicher und juristischer Widerstand führte 2022 zur Abschaffung des umstrittenen Paragrafen 219a StGB, der die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche bestrafte, de facto aber vor allem Information darüber verunmöglichte. Hänels Erfahrungsbericht war ein starkes Plädoyer für die Notwendigkeit einer gesetzlichen Reform. Zuvor hatte eine Karlsruher Anwältin das zweimalige Scheitern liberalerer Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch vor dem Bundesverfassungsgericht erläutert.

Anschließend ging es zurück zum Kronenplatz, wo die Abschlusskundgebung den Aktionstag beendete. Unter den Rednerinnen waren Vertreterinnen von ver.di, die aus gewerkschaftlicher Perspektive auf die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen für Frauen und Mütter eingingen. Die Rednerin der Seebrücke Heidelberg brachte die internationale Perspektive ein und der Beitrag des Offenen Feministischen Treffens Karlsruhe (OFT) warf die Systemfrage auf.

Zu den Rednerinnen der Abschlusskundgebung gehörte auch die Co-Autorin dieses Textes von der gbs Karlsruhe, die in ihrer Rede mit Nachdruck folgende zentrale Botschaften vertrat: "Jetzt ist die Zeit für Veränderung, und die Unterstützung aus der Gesellschaft ist überwältigend. Eine breite Mehrheit, einschließlich der Mitglieder von Kirchen und Religionsgemeinschaften, unterstützt die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Eine Umfrage des Bundesfamilienministeriums zeigt, dass 77 Prozent der Unionswähler:innen und 65 Prozent der Katholik:innen eine Regelung außerhalb des Strafgesetzbuches befürworten."

Die bestehenden Gesetze wurden als "schlecht, basierend auf überholten religiösen Überzeugungen", die Leid verursachen und die Freiheit sowie Selbstbestimmung von Frauen einschränken, kritisiert. Die Autorin und Rednerin appellierte an die Verantwortung des Staates, "weltanschaulich neutrale Gesetze zu verabschieden und nicht Frauen durch Strafandrohung zu unterdrücken" und forderte die Zuhörer:innen auf, aktiv zu werden: "Jede Stimme für den aktuellen Gesetzentwurf im Bundestag ist wichtig, und alle können dazu beitragen, dass er eine Mehrheit erhält." Sie beendete ihre Rede mit dem Aufruf: "Unterschreibt die Petition! Nutzt das Online-Tool des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung, um den Abgeordneten im eigenen Wahlkreis zu schreiben!"

Foto: © Ria Weber
Symbolisches Streichen von Paragraf 218 in Karlsruhe, Foto: © Ria Weber

Die Demonstration in Karlsruhe war ein kraftvolles Zeichen für die notwendig gewordene gesellschaftliche Debatte um die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Plakate und Banner der Protestierenden, die unter anderem Botschaften trugen wie "My Rights Don't End Where Your Religion Begins", "Patriarchy proudly presents: § 218 StGB – Der Klassiker seit 1871", "Medizinische Grundversorgung gehört nicht ins Strafrecht" unterstrichen die Dringlichkeit und den breiten Rückhalt in der Gesellschaft für diese Anliegen.

Zum Abschluss der Kampagne bleibt die Hoffnung, dass die vielen Stimmen für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in der politischen Arena gehört werden und dazu beitragen, dass Abtreibung noch vor den Bundestagswahlen aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wird.

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