In der letzten Woche hat das Europäische Parlament den EU-Menschenrechtsbericht 2022 veröffentlicht. Anders als in früheren Jahren, bezieht die aktuelle Ausgabe deutlich Stellung für die weltanschaulichen Rechte von Säkularen, Humanisten und Atheisten.
In Fragen der Weltanschauungs- und Religionsfreiheit schlägt der Menschenrechtsbericht des Europäischen Parlaments 2022 neue Töne an. Das Papier, das am vergangenen Mittwoch in Straßburg verabschiedet wurde, positioniert sich klar für die Rechte von Atheisten, Humanisten und Agnostikern – ein Aspekt, der in früheren Ausgaben bestenfalls am Rand anklang.
So heißt es, "dass die Gedanken- und Gewissensfreiheit und die Freiheit der Religion oder Weltanschauung ein Grundrecht jedes Menschen ist und für alle Personen gleichermaßen gilt". Weiter stellt der Bericht mit "großer Besorgnis" fest, "dass das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sowie das Recht, seine Weltanschauung zu wählen oder keiner Weltanschauung anzuhängen, sich als Atheist oder Agnostiker zu identifizieren, einschließlich des Rechts, religiöse oder nicht-religiöse Überzeugungen in Ausdruck, Lehre und Praxis zu bekennen, und des Rechts, seine Religion zu wechseln oder aufzugeben, nach wie vor in vielen Ländern der Welt verletzt wird".
Ferner wird kritisiert, dass einige Regierungen unter dem Vorwand der Pandemie-Situation diskriminierende Praktiken angewandt und religiöse Minderheiten als Sündenbock missbraucht hätten, ohne dass der Bericht konkrete Beispiele aufführt. Der Text verurteilt zudem die Verfolgung von Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder der Religion. Besondere Aufmerksamkeit verdient hier der Umstand, dass als Betroffene neben Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften auch Gruppen von Atheisten, Humanisten, Agnostikern oder Konfessionsfreie aufgeführt werden. Zudem lenkt das Papier die Aufmerksamkeit ausdrücklich auf die zunehmende Verfolgung, der nichtreligiöse, säkulare und humanistische Organisationen in vielen Ländern ausgesetzt seien, "darunter beispiellose Wellen von Aufstachelung zu Gewalt gegen sie, Hass und Tötungen".
Die Äußerung religionskritischer Ansichten werten die Autoren als legitimen Ausdruck von Gedanken- und Kunstfreiheit. Besorgt zeigen sie sich angesichts von "Missbrauch und Instrumentalisierung von Religion zur Befeuerung von Intoleranz und zur Untergrabung von Menschenrechten", wobei sie als Beispiel auf Kinderrechte, Rechte der LGBTIQ-Community sowie die Rechte von Frauen auf sexuelle und reproduktive Gesundheit und Selbstbestimmung verweist.
Die Akzentverschiebung zugunsten weltanschaulicher Diversität und Stärkung säkularer Lebensformen trägt den gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte Rechnung. So verzeichnen die EU-Staaten in den letzten Jahren einen stetigen Säkularisierungsprozess. Vor diesem Hintergrund will die EU auch ihre Leitlinien zur Förderung und zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit aus dem Jahr 2013 evaluieren.
Darüber hinaus ruft das EU-Parlament im neuen Menschenrechtsbericht alle Mitgliedsstaaten auf, diese Fragen in den Menschenrechtsforen der Vereinten Nationen zur Sprache zu bringen. Dies ist auch ein Betätigungsfeld für den EU-Sonderbeauftragten für die Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit außerhalb der EU, den belgischen Diplomaten Frans van Daele. Er hat die Stelle im Dezember 2022 übernommen, nachdem sie 15 Monate lang unbesetzt war.
9 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Na endlich tut sich was im Europaparlament in Richtung Selbstbestimmtheit, das lässt doch hoffen, dass jeder seine eigene Sicht auf die Dinge des Lebens, ohne Gefahr für Leib und Leben, äussern kann.
Dies sollte auch ein Anlass sein für alle, welche an einen Gott glauben, dies zu hinterfragen
und sich um eine realistische Sichtweise im Leben zu bemühen.
Die Tatsache, dass in allen Ländern mit strenger Religion auch Gesetze herrschen, welche sich gegen Vernunft und Menschenrechte stellen, kann man täglich in den Weltnachrichten sehen.
Wer eine bessere Welt möchte, sollte sich mit den Auswüchsen von Religionen befassen
und seine Schlüsse daraus ziehen.
Ebenso sollte man die Beschlüsse und Gesetze der Politik im jeweiligen Land hinterfragen,
ob diese allen Menschen nutzt, oder nur einer bestimmten Clique von Machthabern.
Angelika Wedekind am Permanenter Link
Religionsunterricht als Bekenntnisunterricht an Schulen gehört europaweit verboten. Das ist Missionierung an unmündigen Kindern und eine Form der Kindesmisshandlung. Angstpädagogik raus aus Kitas und Grundschulen!
Inseljunge am Permanenter Link
"... Religionskunde ab Klasse 6 über alle Religionen, die es gab und gibt ..."
Nachbesserung: Das Fach sollte 'Weltanschauungskunde' heißen und auch
alle nicht-religiösen Beispiele lehren.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Liebe Angelika, Religionsunterricht ist nichts anderes als Indoktrination von Kinderköpfen.
Dass es dies im 21 Jahrhundert immer noch gibt, ist dem unheiligen Bündnis von Staat und
Was den Glauben an einenGott betrifft, so kann ich jedem nur empfehlen sich das Buch von
UWE HILLEBRAND zuzulegen, der Titel: < Die Leere der katholischen Lehre > dies gilt für alle
Religionen Weltweit.
A.S. am Permanenter Link
Es wäre an der Zeit, ein Recht auf ungehinderten und gefahrlosen Austritt aus einer Religionsgemeinschaft zu formulieren, als Voraussetzung für die Tolerierung selbiger.
Analoges müsste man für Religionskritik formulieren: Nur Religionen, die ausdrücklich Kritik an ihren Weltansichten erlauben, sind freiheits- und demokratieverträglich.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
@A.S. eine derartige Religion gab und gibt es leider nicht, so wird weiterhin zwangsindoktriniert in den Schulen und Kindergärten und deren Köpfe mit sinnlosen Märchen
sehen.
Dies wird sich auch nicht ändern, solange es Religionen gibt, diese sind immer der Anlass
für Kriege und Straftaten jeglicher Art.
A.S. am Permanenter Link
Lieber Herr Baierlein,
ein Recht auf Austritt ist selbstverständlich nicht im Sinne der Religionsführer, könnte aber vom Staat erzwungen werden. Es braucht dafür den politischen Willen und eine Uminterpretation des Verständnisses von Religionsfreiheit.
Bei Religionsfreiheit müsste das Recht auf die freie Wahl (statt durch die Eltern aufgezwungen) der Religion oder Nicht-Religion ins Zentrum gestellt werden. Der entsprechende Artikel der Menschenrechtsdeklaration der UN ließe das zu.
Bei der politischen Durchsetzung scheitern selbst die Humanisten an den anerzogenen Scheren im eigenen Kopf. Diese sind: "Religion ist gut und wichtig" und "Religion darf man den Menschen nicht nehmen". Beides falsch, aber die landläufige Indoktrination in Deutschland.
Die Doktrin "Religion darf man den Menschen nicht nehmen" ist angesichts von IS-Heimkehrern und islamistischen Attentätern dringend zu hinterfragen.
Ich vertrete die Meinung: "Wenn religiöse Vorstellungen gefährlich für die Mitmenschen werden, müssen die entsprechenden Vorstellungen aufgelöst werden. Den Tätern muss per Gerichtsbeschluss auferlegt werden können, sich diese Gehirnwäsche von allgemeingefährlichen Vorstellungen gefallen zulassen."
G.B. am Permanenter Link
Lieber A.S. Sie schreiben im Konjunktiv, was ja per se nicht falsch ist, nur die Tatsache, dass
unsere Politik noch immer religiös verseucht ist, verhindert Ihre Hoffnungen.
Was Sie mit den anerzogenen Scheren im Kopf von Humanisten genau meinen erschließt sich mir nicht so recht.
Das Hofieren von Islamischen Verbänden in der BRD, finde ich völlig daneben, Deutschland ist dabei sich von der eigenen Religion zu befreien, da ist es absolut kontraproduktiv, eine
fremde, radikale Religion hier im Lande zu etablieren.
Es bedarf weltweit eines grundlegenden Umdenkens, bevor die Menschheit an ihrer eigenen Dummheit zu Grunde geht.
Assia Harwazinski am Permanenter Link
Der nächste sinnvolle Schritt wäre ein juristischer, vor dem Europäischen Gerichtshof, mit dem konkreten Inhalt, dass Stellenausschreibungen an staatlichen Einrichtungen - wie z. B. Universitäten, Hochschulen usw.