Religionen und Glaubensgemeinschaften versprechen ein paradiesisches Leben nach dem Tod. Ihre Konzepte und Rezepte wirken aber etwas gar einfach.
Transzendenz gehört zum Kernthema der Religionen, speziell auch der christlichen. Das Überschreiten der Grenzen vom Immanenten zum Transzendenten ist unter anderem eine Glaubensfrage. Was beginnt jenseits dieser Grenze? Gott? Jesus? Der Heilige Geist? Der Himmel?
In manchen fernöstlichen Heilsvorstellungen wartet das Nirvana. Bei der Wiedergeburtsidee ist die Grenze auf beiden Seiten durchlässig. In der Philosophie geht es weniger um das Überschreiten der räumlich-spirituellen Grenzen, sondern der geistigen.
Die religiöse Vorstellung von Transzendenz geriet im Zug der Säkularisierung immer mehr ins Wanken. Gott als allmächtiger Schöpfer verliert an Relevanz. Noch härter trifft's den Himmel als Heimat von Gott, Jesus und teilweise den Heiligen Geist. Was ist der Himmel, wo ist er, wie sieht er aus, in welcher Form existieren seine Bewohner?
Fragen, die Gläubige brennend interessieren. Schließlich zielt ihr Glaubensleben auf ein transzendentales Phänomen ab: Was kommt nach dem Tod? Was befindet sich jenseits der Grenze? Noch wichtiger: Gehöre ich zu den Privilegierten, die die Grenze Richtung Himmel überschreiten dürfen? Oder zeigt der Wegweiser zur Hölle, der ungemütlichen Form der Transzendenz.
Welche hauptsächlichen Bedingungen müssen erfüllt sein, um das Ticket in den Himmel oder ins Paradies zu erhalten? Manche Religionen und Glaubensgemeinschaften postulieren einen Absolutheitsanspruch: Der Himmel ist den eigenen Gläubigen vorbehalten. Davon sind vor allem die Zeugen Jehovas und viele Freikirchen überzeugt. Auch katholische Fundamentalisten neigen zu dieser Interpretation. Dann braucht es natürlich ein möglichst sündenfreies, gottesfürchtiges Leben im Diesseits.
Die Fundis stellen sich den Himmel nach dem Wort Gottes in der Bibel vor. Das Europäische Bibel Trainings Centrum EBTC beschreibt ihn so:
"Im Himmel treffen wir keine Sünde an, kein Leid, keinen Schmerz und auch keine Qual. Im Himmel finden wir keine Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten. (…) Endlich werden wir Liebe in ihrer vollendeten Form kennen. Wir werden Gott vollkommen lieben und auch von IHM vollkommen geliebt werden bis in alle Ewigkeit."
Das Himmelreich muss hart verdient werden
Doch wie kommt man in den Himmel? Nimmt man die Bibel als Richtschnur, wird wohl vielen Gläubigen Angst und Bange. So heißt es im 1. Korinther 6,9-11:
"Oder wisst ihr nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Irrt euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener noch Ehebrecher noch Lustknaben noch Knabenschänder noch Diebe noch Habsüchtige noch Trunkenbolde noch Lästerer noch Räuber werden das Reich Gottes erben."
In der Offenbarung 20:12 steht:
"Und ich sah die Toten, Kleine und Große, vor Gott stehen, und es wurden Bücher geöffnet, und ein anderes Buch wurde geöffnet, das ist das Buch des Lebens; und die Toten wurden gerichtet gemäß ihren Werken, entsprechend dem, was in den Büchern geschrieben stand."
Oder:
"Der Herr ist geduldig und von großer Barmherzigkeit und vergibt Missetat und Übertretung, aber er lässt niemand ungestraft, sondern sucht heim die Missetat der Väter an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied." (2. Mo 34,6)
Jesus als Erlöser
Da kaum ein Mensch die harten Bedingungen erfüllen kann, hat sich Jesus uns Sündern angeblich erbarmt. Mit seinem Tod am Kreuz hat er vorsorglich unsere Sünden auf sich geladen und getilgt. Deshalb dürfen auch sündig Gläubige am Jüngsten Tag auf die Erlösung hoffen.
Es braucht viel kindliche Fantasie, um sich das Leben nach dem Tod im Himmel vorzustellen, wie es die Bibel und die christliche Lehre darstellen. Fortschrittliche Theologen und Geistliche nehmen die biblischen Bilder als Metapher und übersetzen sie in eine Sprache, die unserem Bewusstsein und unserem Weltverständnis besser entsprechen.
Da sie dabei auf einem schmalen geistigen und theologischen Grat wandern müssen, umschiffen viele das delikate Thema bei ihren Predigten und Abdankungen. Der Glaube an den christlichen Himmel und das Leben im Jenseits ist zwar ein Kernthema der Glaubensgemeinschaften, aber auch ein schwer lösbares Dilemma.
Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.
12 Kommentare
Kommentare
wolfgang am Permanenter Link
Fragen, die Gläubige brennend interessieren? Das ist ein Irrtum! Der Gläubige hat das zu Glauben, was ihm der Priester vorbetet! Der Zweifel besteht bei keinem erzkonzervativen
Petra am Permanenter Link
"Es braucht viel kindliche Fantasie, um sich das Leben nach dem Tod im Himmel vorzustellen": Hugo Stamm voll des Lobes für die christliche Heilsvorstellung!
E. Steinbrecher am Permanenter Link
Dieses Nirvana soll das eigentliche Ziel mancher fernöstlicher Religionen sein - das Nichts, das Menschen von der Last der Wiedergeburt erlöst.
Das im Grunde alle religiösen Gruppierungen faschistoide Ausrichtungen haben, ist wohl dem Selbsterhaltungstrieb der jeweiligen Begründer und deren Nachfolger geschuldet.
Das im paulinischen (christlichen) Kontext ein Herr Jesus, bürgerlicher Name war anderen Quellen zufolge Joshua Ben Josef, d e r Heilsbringer war ist reine Glaubenssache! Damit sind wir im Reich der Theologie. Diese wurde und wird, ungleich des Alters der Interpretationen, immer wieder aufs Neue komponiert.
Möglicherweise mit dem Hintergedanken der Fan´s: Wer´s glaubt wird seelig!
Klaus Bernd am Permanenter Link
Habe die Erklärungen von Transzendenz in Wikipedia kurz zusammengefasst so verstanden:
Man muss unheimlich tiefe Gedanken haben, um in unglaubliche Höhen aufsteigen zu können.
2 Aussagen haben mich besonders tief berührt und zu geistigen Höhenflügen angeregt.
a) Natürlich gibt es eine jenseitige Welt. Die Frage ist nur: wie weit ist sie von der Innenstadt entfernt und wie lange hat sie offen.
b) Die eigentliche Transzendenz, die Transzendenz aller Transzendenzen ist das eigentliche Sein. Sie ist zugleich das Umgreifende schlechthin oder das Umgreifende des Umgreifenden.
Frage 1: von wem ist Aussage a)
Frage 2: von wem ist Aussage b)
Frage 3: wer ist der bessere Philosoph ?
Antwort 1: Woody Allen
Antwort 2: Karl Jaspers
Antwort 3:
Die Antwort auf Woody Allens Frage findet man übrigens bei Google Maps für München: 8,3 km, rund um die Uhr geöffnet
A.S. am Permanenter Link
Die Probleme sind hausgemacht. Warum haben die Theologen Gott, Himmel und Hölle nicht besser erfunden?
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Weil der Intellekt dazu nicht ausgereicht hat und alle Nachbesserungen alles nur noch verschlimmert haben.
Werner Helbling am Permanenter Link
Durchschnittliche Lebenserwartung eines Erdenmenschen heute um die 80 Jahre.
Doris Köhler am Permanenter Link
Das ist doch ein geiles Geschäftsmodell:
- Stelle Regeln auf, die niemand vollständig erfüllen kann
- drohe mit einer angstmachenden Zukunft für alle, die die Regeln nicht einhalten
- verlege diese Zukunft in das "Jenseits", das niemand überprüfen kann
- verlange für Deine Leistung Alimentation und Macht.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Genau so geht Kirche und Glaube an ein erfundenes Märchenwesen.
A.S. am Permanenter Link
Volltreffer, Frau Köhler!
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Nett ist doch aus, dass das Allerlösungsversprechen durch den Opfertod von Gottes eigenem Sohn durch diesen zu Lebzeiten doch bereits konterkariert wurde.
Ich würde das ja alles sehr gern auf nachvollziehbar logischer Basis verstehen. Aber schon im Konfirmandenunterricht habe ich - lange her - auf entsprechende Fragen hin nur Rumgeschrei und Kreidewerfen von seiten des Herrn Pastors erlebt. Sicher war er nur aufgebracht, weil er um mein Seelenheil fürchtete.
Die schlimmste meiner Fragen war wohl, weshalb sich die Christenmenschen so sehr vor dem Tod fürchten würden, wo doch die eigentliche Verheißung ihrer Lehre die ewige Seligkeit sei ... ?
Irgendwie wurde das aber nichts mit meiner christlichen Karriere. Zweifellos gelten für mich nicht die Heilsversprechen des Christenums, sondern Jesu Höllenflüche, von den Aussichten, die die Johannes-Offenbarung offeriert, ganz zu schweigen.
Meine einzige Chance scheint darin zu bestehen, dass ich den Einträgen im Buch des Lebens widerspreche, weil ich zu denen keine datenschutzrechtliche Einwilligung gegeben habe. Fast hätte ich gesagt, Gott sei Dank ...
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
@ Udo Endruscheit: Hallo Udo, das kommt mir bekannt vor, genau so erging es mir im Konfirmationsunterricht 1958 und wurde rausgeschmissen, wie es dann weiterging, kann man in meinem ersten Büchlein von 2017 nachlesen.