(c) Der Aufruf um die allgemeine Entscheidung (zum Verbot des Kopftuches. N.d.Ü) in einem flämischen Schulnetz zu überprüfen, muss deshalb gegen jede solide Argumentation den Kürzeren ziehen. Es gibt viele Gründe nicht zu akzeptieren, dass eine einzige fundamentalistische Auslegung einer Religion sich konstant in der Klasse profilieren darf. Oder wollen wir auch alle anti-religiösen oder anti-sozialen Meinungen ähnliche Rechte verschaffen?
Empfindet man außerdem keine Empathie für Lehrer, die die Evolutionstheorie erklären müssen und den Eindruck bekommen, gegen eine Mauer zu reden, eine Mauer von ablehnenden Hijabs?
Man fordert zu Recht einen aktiven Pluralismus. Aber bedeutet das, dass nur eine und einzige Gruppe offensiv eine bestimmte Auslegung einer Religion bezeugen darf? Sollte das Ziel nicht eher sein, dass Schüler unterschiedlicher Herkunft objektiv über die religiösen Inhalte und Gebräuche ihrer Mitschüler informiert werden? Dass sie eine gegenseitige Sympathie entwickeln durch das Miterleben der Chanukka, der Weihnachtsfeier, des Zuckerfestes (Ende des Ramadan), etc., wovon man den Hintergrund erklären kann? Man kann auch, in genehmigten Stunden, moderierte Diskussionen um die verschiedenen Weltbilder organisieren. Man kann Ausarbeitungen über die "Barmherzigkeit" im Islam, die "Liebe deine Feinde" des Christentums, die Geschichte von "Nathan der Weise" über die Toleranz von Freisinnigen, etc stimulieren. Dies kann zu gegenseitigem Respekt führen. Andere ständig unaufgefordert konfrontieren mit den eigenen, oft engstirnigen Einstellungen, trägt nicht dazu bei. Lassen Sie ja den echten Respekt zurückkehren!
(4) In anderen Beiträgen findet man oft das Argument, dass muslimische Frauen ihre eigene Identität zum Ausdruck bringen dürfen. Warum müssen muslimische Jungen das nicht tun? Ist das keine Diskriminierung?
Pater Damiaan (Ein flämischer Missionar, bekannt durch seinen Einsatz für die Leprakranken. N.d.Ü) ) trug ein Priesterkleid, weil dies die Praxis war, aber er drückte seine wahre Identität durch die Leprakrankheit aus: das Ergebnis seiner völligen Hingabe im Dienst der Anderen. Jeder Mensch hat mehrere Identitäten: Wir sind Männer, Frauen, künstlerisch begabt oder nicht, intelligent oder mittelmäßig, aufbrausend oder geduldig, Arbeiter oder Beamter, Mutter oder kinderlose Frau, etc.
Wer aber das Erleben von Religion oder Weltanschauung zentral als Identität stellt, drückt dies am besten nicht durch äußere Zeichen aus, denn es geht dabei viel um Heuchelei. Lass der gute Muslim oder Christen oder Humanisten, durch seine Lebensweise und seinen Dienst für andere, von seiner Identität zeugen.
Es ist auch eine eher seltsame Gewohnheit persönliche Identität durch das Tragen einer Uniform auszudrucken. Man nennt das dann paradoxerweise ein Streben nach Diversität! Das Jugendliche in der Pubertät ein Bedürfnis nach Vorbildern und ihre Identität in einer Zugehörigkeit zu einer Gruppe suchen, ist verständlich. Doch das Hineinwachsen in das Erwachsensein bedeutet die Entwicklung einer echten, persönlichen Identität, und Uniformen - außer in beruflichen Kontext - reduzieren das Individuum zu Komponente eines Gesamtsystems, ein ungenannter Mitläufer in einer alles bestimmenden Bewegung.
Schließlich hat der Schleier als Symbol der muslimischen Identität keine Grundlage in der muslimischen Tradition. Er konnte es nicht, da fast alle Frauen in islamischen Ländern, "Dar-al-Islam“, Muslima waren. Es gibt wohl einen Identitätsaspekt, über den die Tradition keinen Zweifel lässt: Sie trugen die Kopfbedeckung, um zu zeigen, dass sie keine Sklavin waren. Wäre das nicht eher ein Grund, um den Schleier endgültig mit dem Mantel der Scham zu bedecken?