MAINZ. (hpd) Eine Gruppe überwiegend junger Menschen zeigte vor und im Standesamt in Mainz, dass es Spaß machen kann, sich aus der Umklammerung der Kirchen zu lösen. Via Facebook hatten sie sich gefunden, um gemeinsam aus der Kirche auszutreten. Sie setzten damit ein Zeichen gegen die Kirchen und für die Freiheit.
Eigentlich ist der Gründonnerstag dazu da, dem letzten Abendmahl zu gedenken, das Jesus mit seinen zwölf Aposteln am Tage vor seiner Kreuzigung beging. Man kann diesen Tag jedoch auch sinnvoller nutzen: etwa zum Kirchenaustritt. Normalerweise ist ein solcher Schritt ja eher eine stille Angelegenheit. Man begibt sich einsam und allein zum Standesamt oder zum Amtsgericht, legt dann seinen Ausweis vor und erklärt den Austritt. Als Gebühr für diesen Verwaltungsakt darf man dann noch in der Regel zwischen 20 und 50 Euro bezahlen. Man kann jedoch auch ein Event daraus machen und genau das hat eine Gruppe junger Menschen aus Mainz getan.
So fanden sich am Donnerstagmorgen rund 50 Personen ein, die sich überwiegend über das soziale Netzwerk Facebook verabredet hatten. Nicht alle waren jedoch gekommen, um aus der Kirche auszutreten. Einige wollten einfach nur die Aktion unterstützen und ein Signal setzen. Jedenfalls war ein buntes Völkchen vor Ort. Es waren Plakate, Buttons und Aufkleber mitgebracht worden und sogar Sekt hatte man zur Feier des Tages organisiert. Aber auch die Stadt Mainz zeigte sich gut gerüstet. Da im Vorfeld in den Medien bereits umfangreich über die Aktion berichtet worden war, hatte man extra ein großes Schild aufgestellt. Darauf war zu lesen, wo man hin musste, was man mitzubringen hatte und dass der Spaß 20,45 Euro kosten würde. Angesichts der horrenden Parkgebühren von 2,80 die Stunde vor Ort ist das durchaus als Schnäppchen zu betrachten.
Pünktlich um 10 Uhr konnte die Aktion dann beginnen. Mitorganisator David Häuser begrüßte die Anwesenden und hielt eine kleine Ansprache, in der er zunächst das Prozedere erläuterte. Zudem kritisierte er ausführlich das Landesgesetz über den Schutz der Sonn- und Feiertage, das öffentliche Versammlungen, Aufzüge und Umzüge am Karfreitag verbietet. Dann konnte es aber losgehen. Die erste Austrittswillige betrat das Gebäude und erklärte ihren Austritt. Dies wiederholte sich an diesem Tage noch 29 mal. So viele Leute traten laut der Pressestelle des Standesamtes aus. Mit glücklichen Gesichtern verließen die Ausgetretenen das Gebäude und jeder wurde mit Applaus begrüßt. Als Belohnung bekamen dann alle noch Sekt, eine Enttaufungsoblate (Selbstverständlich vegetarisch, also ohne Heiland drin) und ein Geschenk.
Bei einem Kirchenaustritt liegt natürlich immer die Frage nach den Gründen nahe. Die Gründe für die anwesenden Austrittswilligen waren zwar mitunter unterschiedlich jedoch war der allgemeine Tenor dann doch, dass man nicht mehr an Gott glaube und auch mit der Kirche nichts Gutes verbinde. Sehr prägnant brachte eine frisch ausgetretene Studentin ihre Gründe auf den Punkt: „Ich bin schon lange nicht mehr gläubig und der Austritt war nur noch eine Frage der Zeit. Außerdem habe ich immer mehr gesehen, dass die Institution Kirche an sich nicht mehr unterstützenswert ist. Zum einen eben diese Missbrauchsgeschichte, aber auch die Tatsache, dass die meisten Gelder für kircheninterne Zwecke verwendet werden und nicht für soziale, wie es immer dargestellt wird.“
Mitorganisator David Häuser jedenfalls war mit der Aktion sehr zufrieden. Er erklärte gegenüber dem hpd, dass alle ihren Spaß gehabt hätten, es vor Ort keine Probleme gab und die Aktion auf breite Medienresonanz stieß. Angespornt durch den Erfolg soll es nun auch weitergehen, wie er versicherte. Man wolle versuchen auch andere zu animieren ähnliche Aktionen durchzuführen.
Überwältigend war jedenfalls die mediale Resonanz, die die Aktion ausgelöst hat. So war nicht nur der SWR mit einem Kamerateam vor Ort, sondern auch der arabische Sender Al Jazeera.
Von säkularen Verbänden wurde die Aktion sehr begrüßt. So hatten der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten und die Giordano Bruno Stiftung die Aktion im Rahmen des Jahr des Kirchenaustritts bereits im Vorfeld unterstützt. IBKA Pressesprecher Rainer Ponitka kommentierte die Aktion mit den Worten: „Es ist schön zu sehen, dass sich junge Menschen für einen Kirchenaustritt entscheiden. Damit gewinnen sie ihre Freiheit vor religiöser Bevormundung wieder.“ Auch gbs Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon zeigte sich erfreut über die Aktion: „Es ist zu hoffen, dass noch viel mehr Menschen diesen Schritt vollziehen. Jeder Austritt ist ein Gewinn für die Gesellschaft.“
Diese Aktion wird also hoffentlich nicht die letzte ihrer Art sein. Das Jahr des Kirchenaustritts läuft noch bis zum 11. November. Es bleibt also noch genug Zeit sich in diesem Rahmen für einen Austritt zu entscheiden. So wäre doch der Papstbesuch im September geradezu ideal für weitere Massenaustritte. Die Marke von 29 Austritten wäre zu überbieten!
Frank Welker