Tagung: Wissenschaft contra Aberglauben

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ROSSDORF / WIEN. (hpd/WR/gwup) Die Skeptikervereinigung GWUP (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften) und ihre österreichische Tochterorganisation GkD (Gesellschaft für kritisches Denken) halten ihre Jahrestagung vom 2. bis 4. Juni in Wien ab. „Eine offene und demokratische Gesellschaft braucht sachliche Informationen – gerade bei emotional besetzten Themen“, sagt Amardeo Sarma, Vorsitzender der GWUP.

Horoskope, Wünschelruten, Heilkristalle: Mit Zaubertricks und Versprechungen, die wissenschaftlich längst widerlegt sind, lässt sich immer noch Geld verdienen. In vielen Ländern haben sich daher Organisationen formiert, die über den Unterschied zwischen solider Wissenschaft und fragwürdiger Esoterik informieren. Aus diesem Grund versuchen Skeptikerinnen und Skeptiker, auf sachliche und wissenschaftlich saubere Weise parawissenschaftliche Behauptungen zu untersuchen. Vom hellseherischen Blick in die Zukunft bis zum wundersam energetisierten Wasser: Die Skeptiker bieten über viele Themen Information aus wissenschaftlicher Perspektive und führen, wenn nötig, selbst wissenschaftliche Tests dazu durch.

Wer behauptet, übernatürliche Fähigkeiten zu haben und es schafft, dies in einem sauberen Experiment zu beweisen, der könnte sogar ein Preisgeld kassieren.

Alles nur fauler Zauber

Bisher war das Ergebnis immer dasselbe: Auf der Welt geht es mit rechten Dingen zu, bei genauerem Hinsehen ist es mit angeblichen Wundern meist sehr schnell wieder vorbei. Trotzdem ist es keine Zeitverschwendung, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen: „Noch immer ist esoterischer Wunderglaube tief in der Bevölkerung verankert – zum Beispiel im Bereich sogenannter alternativer Heilmethoden“, meint Prof. Ulrich Berger, Vorsitzender der Wiener Skeptikergruppe GkD. „Viele Behauptungen halten einer wissenschaftlichen Überprüfung einfach nicht stand, und darüber wollen wir die Bevölkerung informieren. Schließlich soll niemand seine Zeit und sein Geld mit wirkungslosem Unfug verschwenden.“

Drei Tage Information in Wien

Wer mehr über die deutschsprachigen Skeptikervereine erfahren will, ist herzlich eingeladen, sich vom 2. bis 4. Juni näher zu informieren. Am 2. Juni findet ein Informationstag im Naturhistorischen Museum statt, u.a. mit „Science Buster“ Prof. Heinz Oberhummer. Dort wird auch das „Goldene Brett“ verliehen – eine ganz besondere „Auszeichnung“ für den widersinnigsten und unwissenschaftlichsten Unfug des Jahres. Am 3. und 4. Juni werden im Kuppelsaal der TU Wien unter dem Titel „Fakt und Fiktion“ Fachvorträge gehalten, u.a. von Prof. Edzard Ernst, dem weltweit ersten Inhaber eines Lehrstuhls für Komplementärmedizin.

Näheres über die Tagung.
 

Wenige Tage vor Beginn der Konferenz "Fakt und Fiktion" in Wien berichtet Amardeo Sarma über die Arbeit der Skeptiker

Amardeo Sarma ist Vorsitzender der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) und der europäischen Skeptiker-Dachvereinigung ESCO. Zuletzt erlangten die Skeptiker mit ihrer homöopathiekritischen Aktion 10^23 weltweit Aufmerksamkeit. Im Interview resümiert Sarma die Kampagne und legt dar, warum der Umgang mit unbelegten medizinischen Methoden mehr kritische Stimmen als zuvor benötigt. Sarma, der auch zum international arbeitenden Committee for Skeptical Inquiry (CSI) gehört, erklärt worüber er lachen kann und warum sich skeptisches Denken schon in der Jugend und im Alltag trainieren lässt. Er und viele andere Skeptiker lassen sich demnächst bei der Skeptiker-Konferenz “Fakt und Fiktion” in Wien treffen.

 

“Wir lachen nicht, wenn es ein wirklich Glaubender ist”

Ein Interview von Arik Platzek (für wissenrockt.de)

Beispielbild
Amardeo Sarma (3.v.l.) Foto: CSI 

War die letzte 10^23-Kampagne zur Homöopathie ein Erfolg?

Sarma: Ja, es war ein Erfolg. Wir konnten weltweit mit einer gemeinsamen Aktion aufgetreten und das Thema in den Vordergrund stellen. Wir konnten darstellen, was Homöopathie wirklich ist, im Gegensatz zum Image der Homöopathie. Im letzten Jahr gab es ja schon 10^23 Aktionen, aber in diesem Jahr war es globaler und gerade in Deutschland konnten wir Menschen in vielen Städten für eine Teilnahme mobilisieren. Es war auch mit Blick nach außen der Erfolg, der aus realistischer Sicht zu erreichen war. Wir sind zufrieden.

Ein Mitglied meiner Familie, bar jeder abergläubischen Sozialisation, berichtete kürzlich glaubhaft von großartigen Therapieerfolgen mit traditioneller chinesischer Medizin. Muss ich mir Sorgen machen?

Amardeo Sarma: Tatsächlich besteht oft der subjektive Eindruck von großen Erfolgen. Es ist ein Ergebnis der Evolution und unserer Wahrnehmung. Und das ist nicht neu! Wenn man die Tradition der europäischen Medizin wie etwa den Aderlass betrachtet, stellt man ja fest, dass der Glauben an den Erfolg bei Ärzten und Patienten rund mehr als 1000 Jahre lang gehalten hat. Viele glauben, dass eine Therapie hilft. Die Frage, ob das wirklich so ist, kann man nur in sauberen, objektiven, so genannten Doppelblindversuchen klären: Ist es nur ein anderes Gefühl oder hat es wirklich eine Änderung am Krankheitszustand gegeben? Bei vielen alternativmedizinischen Behandlungsmethoden lässt sich immer wieder feststellen, dass es keine über den Placebo-Effekt hinausgehenden Effekte gibt. Dass der Einzelne beeindruckt ist und meint, dass er oder sie geheilt worden ist, kann verschiedene Ursachen fern jeglicher medizinischer Wirkung haben. Wenn es innerhalb der regulären Schwankungen einer vielleicht chronischen Krankheit einem dann wieder besser geht, neigen Menschen dazu, ihre Lieblingsbehandlung als die entscheidende anzusehen, auch wenn sie nur Begleitmusik einer Genesung gewesen ist.

Die Frage ist noch offen. Wie geht man als skeptischer Mensch an solche Beschreibungen am besten heran, wenn man auch um die problematischen Aspekte dieser nicht schulmedizinischen Therapien weiß?

Sarma: Sofern es zu der speziellen Methode, die angewandt wurde, Untersuchungen gibt, kann man darüber informieren. Und wenn jemand unbedingt an alternativmedizinischen Behandlungen festhalten will, kann man zumindest darauf hinwirken, dass eine notwendige reguläre Behandlung nicht versäumt wird. In einem solchen Versäumnis stecken gesundheitliche Risiken bis hin zum Tod. Und darüber hinwegsehen kann man nur so lange, wie eine alternativmedizinische Behandlung – siehe Aderlass – nicht selbst schädlich ist.