Als Grundlage für den Umgang mit Homosexualität verweist die Führungshilfe zunächst auf das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und das Verbot von Ungleichbehandlungen wegen sexueller Orientierungen, wie sie sich aus dem Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention (die der Vatikan nicht unterzeichnet hat) ergeben. Im Anschluss heißt es – und hier wie auch im Folgenden finden sich die Hervorhebungen im Original, also der Führungshilfe der Bundeswehr:
„Aus diesen Grundsätzen ergeben sich die folgenden Regeln, deren Kern vor allem Toleranz und gegenseitiger Respekt bilden.“ Als „Allgemeine Verhaltensregel“ gilt: “Sexualität ist grundsätzlich Privatangelegenheit.”
Folgerichtig heißt es weiter:
(a) Zurückhaltung
Auf Grund unterschiedlicher Einstellungen zur Sexualität kann es zu Irritationen und negativen Reaktionen in einer Gruppe kommen. Deshalb ist auf die Gefühle und Überzeugungen anderer Rücksicht zu nehmen. Ein sensibler Umgang sowohl mit der eigenen wie mit der Sexualität anderer ist ein Gebot der Kameradschaft. [...]
Und weiter:
(c) Wahrung des Zusammenhalts
Ein vorurteilsfreier Umgang mit nicht strafbewehrten sexuellen Orientierungen verhindert, dass es zu Gerüchten, übler Nachrede oder zu Mobbing-Verhalten kommt und dadurch die Rechte Einzelner verletzt und der Zusammen¬halt in einer militärischen Gruppe gestört werden. Der Soldat darf den kameradschaftlichen Zusammenhalt nicht durch Neid, Eifersucht oder demonstrative Ablehnung einer bestimmten sexuellen Orientierung stören. Einem derartigen Verhalten und einer Ausgrenzung Einzelner ist im Kameradenkreis energisch entgegenzuwirken.
An dieser Stelle ist also festzuhalten: Ausgehend vom Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention ist der demonstrativen Ablehnung homosexueller Orientierung entgegenzuwirken. Zwar kann man Militärbischof Overbeck nicht vorwerfen, dass er „Einzelne“ ausgrenzt (weil er sich ja quasi auf alle Homosexuellen bezieht) – es liegt allerdings auf der Hand, dass Overbeck und die katholische Lehre (die den hier beschriebenen Grundsätzen zuwider läuft) dieser Ausgrenzung Vorschub leisten.
Weiter legt die Führungshilfe fest:
(d) Respektieren von Partnerschaften
Bestehende Partnerschaften sind stets zu achten. Der Respekt gegenüber Partnerschaften – auch über den unmittelbaren Dienstalltag hinaus – ist wesentliche Grundlage für das Vertrauen der Soldaten untereinander. Ihm kommt daher eine wesentliche Rolle für den Zusammenhalt zu.
Dies muss sich in diesem Zusammenhang auch auf gleichgeschlechtliche (und nicht-eheliche) Partnerschaften beziehen, da ja zuvor auf den Grundsatz verwiesen wird, dass niemand wegen seiner sexuellen Orientierung benachteiligt oder diskriminiert werden darf.
Die katholische Kirche akzeptiert aber keine gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und hat in der Vergangenheit alles in ihrer Macht stehende getan, um die zivilrechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zu verhindern. Der jetzige Papst, Josef Ratzinger (Benedikt XVI.), sprach in diesem Zusammenhang sogar von der „Legalisierung des Bösen“ und betrachtet Verhältnisse jenseits von traditionellen heterosexuellen Beziehungen als „Zerstörung von Gottes Werk“.
Man mag der katholischen Kirche ja das Recht zugestehen, ihre bronzezeitlichen Vorstellungen den eigenen Mitgliedern vorzuschreiben. Mit ihrer verbissenen Opposition gegen die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften will die katholische Kirche ihre Vorstellungen aber allen Bürgerinnen und Bürgern aufdrängen. Dies steht im direkten Gegensatz zu folgender Regel:
(f) Toleranz
Die Verpflichtung zur Kameradschaft gebietet Toleranz gegenüber anderen nicht strafbewehrten sexuellen Orientierungen, dementsprechend auch für gleichgeschlechtlich veranlagte Soldatinnen und Soldaten. Die eigenen Lebensentwürfe dürfen nicht zum Maßstab für andere gemacht werden. Un¬abhängig davon, welche moralische Einstellung der Einzelne hat, muss von ihm die Toleranz erwartet werden, Kameraden ein anderes als das eigene Sexualverhalten zuzugestehen, solange dadurch Ausbildung und Einsatz nicht gefährdet werden.
Hier wird ausdrücklich festgestellt:
- Die eigenen Lebensentwürfe dürfen nicht zum Maßstab für andere gemacht werden.
- Den Kameraden (Mitbürgern) muss ihr Sexualverhalten zugestanden werden, solange es nicht strafbar ist.