Bundeswehr bekommt jüdische Militärseelsorger

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Bundeswehrsoldaten werden demnächst auch von jüdischen Militärrabbis betreut.

Neben staatlich besoldeten evangelischen und katholischen Militärseelsorgern werden nun auch jüdische Militärrabbis Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr betreuen. Das beschloss der Bundestag am vergangenen Donnerstag.

Religion und Militär standen sich schon immer nah. Nicht nur in längst untergegangenen Kulturen wurde vor dem Kampf der Segen der Götter erfleht, auch im Christentum waren Waffensegnungen jahrhundertelang üblich. Wer Gott auf seiner Seite wähnt, fühlt sich stärker. Tötet er, so kann er sein Gewissen beruhigen, denn er tat es mit göttlichem Beistand.

Zwar gehören Waffensegnungen in den gängigen christlichen Konfessionen seit einiger Zeit der Vergangenheit an, doch der geistliche Beistand gehört in vielen Armeen noch immer zur Grundausstattung. Auch in Deutschland. Hier ist die sogenannte "Militärseelsorge" durch Staatskirchenverträge geregelt. Die katholische Kirche kann sich diesbezüglich auf das 1933 mit dem Hitler-Regime geschlossene Reichskonkordat berufen, die evangelische Kirche auf den Militärseelsorgevertrag von 1957. Angehörige der Militärseelsorge sind Beamte auf Zeit und werden aus Mitteln des Bundeshaushalts bezahlt, der Staat hat ihnen gegenüber jedoch keinerlei Weisungsbefugnis.

Seit Gründung der Bundeswehr in den 1950er Jahren gab es jahrzehntelang nur katholische und evangelische Militärseelsorger. Während in den 1950er Jahren fast alle Soldaten Mitglied einer christlichen Kirche waren, sind es inzwischen nur noch rund die Hälfte – von den knapp 185.000 aktiven Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ungefähr 94.000. Das veranlasste die ehemalige Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen dazu, im April vergangenen Jahres einen "Tagesbefehl zur Weiterentwicklung der Militärseelsorge" auszugeben. "Ich habe entschieden, eine jüdische Seelsorge in der Bundeswehr einzurichten", heißt es darin.

Dieser Entscheidung folgte am 28. Mai 2020 die Tat. Ein entsprechender Staatsvertrag, den von der Leyens Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, bereits im vergangenen Dezember unterzeichnet hatten, wurde nun vom Bundestag gebilligt. Angehörige jüdischer Vereinigungen und diverser politischer Parteien begrüßten den Beschluss des Parlaments als Zeichen gegen Antisemitismus.

Die 94.000 Soldatinnen und Soldaten, die einer christlichen Kirche angehören, werden von rund 100 evangelischen und rund 80 katholischen Militärgeistlichen betreut. Für die etwa 300 jüdischen Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr sollen 10 Militärrabbiner bestellt werden. Auch für die rund 3000 Muslime in der Bundeswehr ist die Einrichtung einer Militärseelsorge geplant. Derzeit finden entsprechende Gespräche mit islamischen Verbänden statt.

Säkulare Organisationen beurteilen die Militärseelsorge unterschiedlich. Während sich beispielsweise der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) grundsätzlich gegen Militärseelsorge als staatlich finanzierte Missionierung und Verstoß gegen das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche ausspricht, fordert der Humanistische Verband Deutschlands in Niedersachsen (HVD Niedersachsen) neben diversen religiösen auch humanistische Seelsorger in der Bundeswehr, um so die Benachteiligung nicht-religiöser Soldatinnen und Soldaten zu beheben.

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