OZEANE. (hpd) Die Teufelsrochen der Knorpelfisch-Gattungen Manta und Mobula sehen einer globalen Ausrottung entgegen, so ein schockierender Report aus 2011 über einen wenig bekannten aber rapide wachsenden Handel mit den Kiemenrechen pelagischer Rochen. Mit diesen für einen Fisch riesigen rechenartigen Filterapparaten sammeln diese Planktonjäger ihre Nahrung aus dem Meer.
Der circumtropikale Teufelsrochen Manta birostris mit Spannweiten über 6 m wird deshalb besonders gejagt, weil ein Tier bis zu sieben Kilo getrocknete Kiemen erbringt. Auf chinesischen Märkten erzielt bereits ein Kilo solcher Rochenkiemenrechen bis zu US$ 500.
Dieser Report, Manta Ray of Hope: Global Threat to Manta and Mobula Rays, wurde nach mehrjähriger Forschung und Ermittlungen vierer engagierter Tierschützer, Shawn Heinrichs, Paul Hilton, Mary O’Malley und Hannah Medd 2011 erstellt, indem sie den Rochenhandel weltweit zu den boomenden Märkten von Guangzhou in China mit ihren Kameras unter und über Wasser verfolgten. Immerhin wusste man bereits zuvor, dass viele lokale Rochenpopulationen ausgerottet worden waren, so sind zum Beispiel die kleineren (Mobulas > 3 m breit) und die großen (Mantas > 6.5 m breit) Teufelsrochen in der durch Landmassen abgegrenzten mexikanischen Sea of Cortez (Gulf von Kalifornien) für immer verschwunden.
Heinrichs berichtet: „Das Auslöschen von pelagischen Rochen war nie zuvor so extrem. Wenn man jetzt nichts tut, werden wir alle Populationen von Mantas und Mobulas verlieren. Aber es gibt Hoffnung und deshalb wollen wir auch Menschen informieren, die nichts mit dem marinen Lebensraum zu tun haben.“
Der Handel mit den Kiemenrechen der Rochen hat sich aus der etablierten „Shark-finning-industry“ entwickelt: Bekanntlich lassen jährlich Millionen von Haien ihr Leben, weil die Gier der Menschen nach ihren Flossen zwecks Potenzsteigerung ein Riesengeschäft geworden ist. Während der Handelswert der Rochenkiemen mit geschätzten US$ 12 pro Jahr im Vergleich zu den hunderten Millionen aus der Haiflossenjagd gering erscheint, ist die Jagd auf die Rochen zerstörerischer, weil von ihnen nur kleine Populationen weltweit existieren. Die Teufelsrochen vermehren sich erst spät in ihrem Lebenszyklus und gebären lediglich ein Junges alle 2 bis 5 Jahre.
„Vor wenigen Jahren sah ich auf dem Fischmarkt von Guangzhou in China seltsame Säcke und dachte, sie seien mit getrocknetem Seetang gefüllt,“ erläutert Hilton. „Ich war entsetzt, als ich begriff, dass es sich um getrocknete Kiemenrechen von Mantas handelte. Meine Kollegen und ich entdeckten weiter, dass in allen Häfen mit traditioneller Haijagd ganze Plätze mit gerade geschlachteten Teufelsrochen bedeckt waren“.
"Jagdausbeute": Die Kiemenrechen der Teufelmantas / Fotos: Shawn Heinrichs, Paul Hilton for Manta Ray of Hope
Den Tierschützern wurde vor Ort erklärt, dass die getrockneten Kiemenrechen als sogenannte traditionelle chinesische Medizin zur Heilung von Fieber genutzt würde. Allerdings gab es aus chinesischen Medizinbüchern kein Hinweis darauf, vielmehr verwiesen Experten auf einen kompletten medizinischen Schwindel. Was man weiß: Die überdimensionalen Brustflossen der Rochen werden ähnlich wie die der Haie (beides sind Knorpelfische) als potenzfördernde Mittel verkauft.
Heinrichs und Kollegen folgten den Spuren der Rochenfänge nach Thailand, Indonesien, Indien, Sri Lanka und zu anderen Fangorten im Ostpazifik wie Mexiko und Peru. Selbst in Ghana an der afrikanischen Atlantikküste hatte die industrielle Nutzung von Teufelsrochen begonnen. Ihr Report zur intensiven Rochenjagd schreibt von jährlich weltweit 3.400 getöteten Mantas und über 90.000 geschlachteten Mobulas, was einem Aufkommen von 60.000 bis 80.000 Kiemenrechen entspricht.
Wo früher kleine lokale Fischereien nach dem genießbaren Rochenfleisch bestanden, dokumentierte das Team nun kommerzielle Fangoperationen rund um den Erdball. Das offensichtliche Problem ist aber, dass die bestehenden Rochenpopulationen einem solchen Druck nicht standhalten können und über kurz ausgerottet sein werden. Zum Beispiel auf den Philippinen, wo die Fangmengen an pelagischen Rochen dermaßen gering geworden sind, dass die entstandene Rochenindustrie sich wieder dem ebenso zur Ausrottung führenden Haifang zuwendet.
Die Rochenforscher prüften weiterhin den touristischen Nutzen von Teufelsrochen. Es gibt nämlich Taucher-Destinationen, die nur mit ihren Vorkommen an Teufelsrochen wie um die Insel Yap (Mantas) im Pazifik oder den Azoren (Mobulas) im Atlantik werben. Ganz zu schweigen von den vielen Inseln der Malediven, wo Manta-Begegnungen sogar in großen Schulen garantiert werden.
Solche Plätze ziehen Taucher und sogar Schnorchler in Massen an, weil letztere die vogelartigen Bewegungen der seitlich ausgezogenen Brustflossen dieser majestätischen Teufelsrochen auch von der Meeresoberfläche bewundern können. Tauchmagazine locken ihre Leser mit ganzseitigen Titelfotos (UNTERWASSER sogar zwei Mal in 2011) der pelagischen Riesenrochen. Und des Autors Buch FESTSCHMAUS FÜR TEUFELSROCHEN ziert auf dem Titel ebenfalls ein elegant schwebender Manta. Die Einschätzung von Heinrichs und seinem Team ergibt, dass allein der Manta-Tourismus sich auf mehr als US$ 100 Millionen weltweit beläuft. Und dass diese Zahlen noch steigen können.
Der Report der vier Forscher zielt auf einen vollständigen und eiligen Bann des Handels mit Teufelsrochen ab. Denn immer noch ist diese Gruppe nicht auf der CITES-Liste für bedrohte Arten zu finden. Gewünscht ist auch eine internationale Erziehungs-Kampagne, speziell in den asiatischen Ländern, um die dubiosen Handelsgründe mit den Kiemenrechen der Teufelsrochen aus der Welt zu schaffen. Überhaupt, um auf den ökonomischen Nutzen der Tiere und ihre Umwelt aufmerksam zu machen. In einem vortrefflichen Video-Film werden die oben aufgeführten Fakten von Shawn Heinrichs und seinem Team dokumentiert und ich empfehle jeder/m interessierten LeserIn, diesen Link zu öffnen:
Es ist erst ein paar Monate her, dass in der Presse allenthalben positiv die Geburt des sieben milliardsten Menschen „gefeiert“ wurde. Und die Genugtuung verbreitet wurde, wie einfach es immer noch gelinge, diese unglaubliche Masse zu ernähren. Aber zu welchem Preis? Kein Wort zu den Mitbewohnern der Menschen, den Tieren und Pflanzen, zu dem ungeheuren Druck, dem sie durch die Überbevölkerung der Menschheit seit Jahrzehnten ausgesetzt sind. Dieser Report macht aus seinem „kleinen“ Blickwinkel deutlich, welchen Wert die „Krone der Schöpfung“ tatsächlich ihrer Umwelt und den Mitbewohnern beimisst.