AHA! Komponisten

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Collage und Bearbeitung: F. Lorenz

(hpd) Klassische Kompositionen waren über Jahrhunderte hinweg häufig Gott gewidmet oder wurden im Auftrag der Kirche geschrieben. Man sollte sich in Erinnerung rufen, dass es für lange Zeit überlebensnotwendig war, so zu verfahren. Inzwischen kommen jedoch Komponisten zu Wort, die Agnostiker, Humanisten oder Atheisten sein durften und dürfen.

Nicht immer sind ihre Aussagen eindeutig, manche Komponisten (ebenso wie Vertreter anderer Zünfte) wandelten im Verlauf ihres Lebens ihre Weltanschauung in die eine oder andere Richtung. Hier ist eine Auswahl von acht Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts, deren AHA-Anschauung (einigermaßen) deutlich belegbar und stabil war bzw. ist.

 

Die Komponisten sind nach Geburtsdatum sortiert:

 

Hector Berlioz, 11. Dezember 1803 – 8. März 1869, war ein französischer romantischer Komponist. Am meisten bekannt sind Symphonie fantastique und Grande messe des morts (Requiem). Berlioz trug mit seinem Grand traité d’instrumentation et d’orchestration moderne wesentlich zum modernen Orchester bei. Er legte eine enorme orchestrale Gewalt für einige seiner Werke fest und als Dirigent gab er einige Konzerte mit mehr als 1.000 Musikern. Zudem komponierte er etwa 50 Lieder. Sein Einfluss trug entscheidend zur weiteren Entwicklung des Romantizismus bei, vor allem bei Komponisten wie Richard Wagner, Nikolai Rimski-Korsakow, Franz Liszt, Richard Strauss, Gustav Mahler und vielen anderen.
In seinen Briefen gab Berlioz häufig an, Atheist zu sein. In einem Brief, den er kurz vor seinem Tod schrieb, schrieb er in Bezug auf Religion: „Ich glaube nichts“.

 

 

Giuseppe Fortunino Francesco Verdi, 10. Oktober 1813 –

27. Januar 1901, war ein italienischer romantischer Komponist, vor allem der Oper. Er war einer der einflussreichsten Komponisten des 19. Jahrhunderts. Seine Werke werden weltweit häufig aufgeführt und überschreiten die Grenzen des Genres. Einige seiner Motive haben längst in der Populärkultur Wurzeln geschlagen – etwa wie La donna è mobile aus Rigoletto oder Libiamo ne’ lieti calici aus La Traviata.
Angeblich beobachteten die österreichischen Behörden den Komponisten aufgrund seines Antiklerikalismus und seiner nationalistischen Gefühle. Seine zweite Frau Giuseppina Strepponi betrachtete – neben anderen Bekannten – Verdi als Atheisten, obgleich er selbst das nie zugab. Seine Frau beschrieb einmal in einem Brief die religiösen Überzeugungen ihres Mannes: „Und doch erlaubt dieser Pirat es sich — ich würde nicht gerade sagen, Atheist zu sein, sicherlich jedoch, kein überzeugter Gläubiger zu sein, und all das mit einer Sturheit und Ruhe, für die man ihn am liebsten verdreschen würde. Ich erzähle also weiter über die Wunder des Himmels, der Erde, der Meere usw. usf. Er lacht mir offen ins Gesicht und lässt mich mitten in meinem Ausbruch ausgesprochen göttlicher Begeisterung erstarren, indem er sagt: `Du spinnst ja!' und leider sagt er das auch noch in tiefer Überzeugung.

 

Joseph-Maurice Ravel, 7. März 1875 – 28. Dezember 1937, war ein französischer Komponist, der vor allem für seine Melodien, orchestralen und instrumentalen Strukturen und Effekte bekannt war. Viele seiner Stücke – Musik für Klavier, Kammermusik, Gesang und Orchester – haben Eingang ins Standard-Konzertrepertoire gefunden. Am meisten bekannt ist wahrscheinlich sein Orchesterstück Boléro (1928), welches er selbst als trivial empfand.
In Ravels gesamtem Werk gibt es eine bemerkenswerte Abwesenheit religiöser Formen oder Referenzen. Er ließ sich von der Natur, von Märchen und Folkloreliedern inspirieren, wie auch von klassischen und orientalischen Legenden. Zudem stand er den religiösen Werken anderer Komponisten nicht immer positiv gegenüber. Ida Godebska gegenüber äußerte Ravel in einem Brief: „Was Sie mir über die Vorteile der Religion schreiben, darüber haben wir mit Pierrette Haour gesprochen, Atheistin wie ich.“
“Ce que vous m'écrivez sur les bienfaits de la religion, nous nous le sommes dit avec Pierrette Haour, athée comme moi.”  (Ravel to Ida Godebska 15.i.1920, Orenstein, [1989], letter 164)

 

 

Béla Viktor János Bartók, 25. März 1881 – 26. September 1945, war ein ungarischer Komponist und Pianist. Er wird als einer der wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts angesehen und gilt, zusammen mit Liszt, als der größte Komponist Ungarns. Durch seine Sammlung und analytische Studie der Folkloremusik war er einer der Begründer der Musikethnologie.
Er wurde römisch-katholisch erzogen, war aber zu Beginn seines Erwachsenenlebens Atheist geworden. Bartók meinte, die Existenz Gottes könne nicht festgestellt werden und sei unnötig. Später allerdings wandte er sich dem Unitarismus zu und konvertierte 1916 öffentlich zum unitaristischen Glauben.
In einem Brief, den er 1905 schrieb, behauptete Bartók, ein Anhänger Nietzsches zu sein und brachte seine Skepsis gegenüber religiösen Lehren zum Ausdruck: „Es ist seltsam, das die Bibel sagt, ‚Gott erschuf den Menschen’, während es genau andersherum ist: Der Mensch hat Gott erschaffen. Es ist seltsam, dass die Bibel sagt: ‚Der Körper ist sterblich, die Seele ist unsterblich“, während auch hier das Gegenteil wahr ist: Der Körper (seine Substanz) währt ewig, die Seele (die Form des Körpers) ist vergänglich.“
“It is odd that the Bible says, 'God created man,' whereas it is the other way round: man has created God. It is odd that the Bible says, 'The body is mortal, the soul is immortal,' whereas even here the contrary is true: the body (its matter) is eternal; the soul (the form of the body) is transitory.”
Zwei Jahre später, kurz nachdem er Transsylvanien verlassen hatte, schrieb Bartók zwei Briefe an die Violinistin Stefi Geyer. In diesen bezeichnete Bartók die Trinität als eine „unbeholfene Fabel“, welche „das Denken versklavt“. „Dieser mystische Hokuspokus“ sei nicht auf Jesus zurückzuführen, der nur ein Moralist gewesen sei, wenn auch ein großartiger. Er nannte die Vorstellung von Gott als „einem körperlosen, ewig währenden und allgegenwärtigen Geist, der alles bestimmt hat, was in der Vergangenheit geschah und die Zukunft in ähnlicher Weise bestimmt“, eine „verworrene Idee“. Die Existenz des Universums benötige nicht die Hypothese eines Schöpfers, meinte Bartók. „Warum können wir nicht einfach sagen: Ich kann den Ursprung seiner Existenz nicht erklären und es dabei belassen?“ 
Two years later, shortly after leaving Transylvania, Bartók wrote two letters to violinist Stefi Geyer which contain his most detailed statement of religious belief. Bartók called the trinity a “clumsy fable” that "enslaves thought.” “That mystical mumbo-jumbo” was not to be blamed on Jesus, who was only a moralist—though a great one. He called the conception of God as “a bodiless, everlasting and omnipresent Spirit who has decreed all that has happened in the past, and similarly ordains the future,” a “muddled notion.” The existence of the universe did not require the hypothesis of a creator, Bartók thought. “Why don't we simply say: I can't explain the origin of its existence and leave it at that?”

 

 

Aaron Copland, 14. November 1900 – 2. Dezember 1990, war ein amerikanischer Komponist, Kompositionslehrer, Autor und später Dirigent seiner eigenen und anderer amerikanischer Musik. Er trug entscheidend dazu bei, einen eindeutig amerikanischen Kompositionsstil zu schmieden und wird häufig als „Vorsteher der amerikanischen Komponisten“ bezeichnet. Am meisten bekannt sind seine Werke, die in den 1930ern und 1940ern entstanden, einschließlich der Ballette Appalachian Spring, Billy the Kid oder Fanfare for the Common Man. Die offenen, langsam wechselnden Harmonien seiner Werke sind archetypisch für das, was für viele Menschen als der Klang amerikanischer Musik gilt. Jedoch schrieb er unterschiedliche Musikstile in unterschiedlichen Perioden seines Lebens.
Copland, der offen schwul lebte, war ungläubig. Professor Howard Pollack schrieb: „Copland zeigte wenig direkte Verbindung mit dem Judentum oder der jüdischen Kultur. Er war weder religiös noch praktizierte er. Selten nahm er an einer Messe in der Synagoge teil. ... Sein Freund und Protegé Leonard Bernstein foppte ihn, indem er sagte, Copland sei kein ‚richtiger Jude’. Allem Anschein nach war er, was man als säkularen Humanisten bezeichnen könnte.“
“[A]lthough retaining strong memories of the music he heard in the synagogue and at Jewish weddings," Professor Howard Pollack wrote, "Copland evidenced little direct connection with Judaism or Jewish culture. He was neither religious nor observant. He rarely attended a synagogue service. . . . His friend and protege, Leonard Bernstein, would tease him by saying that he was not a 'real Jew.' To all appearances, and by all accounts, he was what many might call a secular humanist.”
In seinem Testament gab er an, sein Begräbnis möge, wenn überhaupt eines stattfände, “nicht religiös” sein.
His will specified that his funeral service, if any, be "non-religious."
 

 

Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch, 25. September 1906 – 9. August 1975, war ein sowjetrussischer Komponist und Pianist. Er war einer der am meisten gefeierten Komponisten des 20. Jahrhunderts.
Nach einer Periode, die von Sergej Prokofiev und Igor Strawinsky beeinflusst wurde, entwickelte Schostakowitsch einen hybriden Stil, wie er beispielsweise bei Lady Macbeth von Mzensk (1934) deutlich wird. Dieses Werk stellt eine große Bandbreite an Trends nebeneinander, einschließlich des neoklassischen Stils (und zeigt damit den Einfluss von Strawinsky) wie des Postromantizismus (nach Gustav Mahler). Scharfe Kontraste und Elemente der Groteske charakterisieren einen Großteil seiner Musik.
Anfangs wurde Schostakowitsch in der Sowjetunion berühmt, hatte aber später eine komplexe und schwierige Beziehung zur Regierung. Nichtsdestotrotz erhielt er Auszeichnungen und Staatspreise.
Bezüglich des Gottesglaubens erhält man von Schostakowitsch eine deutliche Aussage: “Ich bin nie ein doktrinärer Atheist gewesen. Soll doch jeder glauben, was ihm zu glauben nötig ist”
(Solomon Volkow (Hg.): Zeugenaussage. Die Memoiren des Dmitrij Schostakowitsch, übersetzt von Heddy Pross-Weerth, Hamburg 1979, S. 82)

 

 

Edward Benjamin Britten, Baron Britten, 22. November 1913 – 4. Dezember 1976, war ein englischer Komponist, Dirigent und Pianist sowie eine der zentralen Figuren der britischen klassischen Musik des 20. Jahrhunderts. Schon sehr früh stellte er sein Talent unter Beweis. Mit der Premiere seiner Oper Peter Grimes erlangte er 1945 internationalen Ruhm.
In den darauf folgenden 15 Jahren widmete er einen Großteil seiner kompositorischen Aufmerksamkeit dem Schreiben von Opern, wodurch er zu einer der führenden Figuren des 20. Jahrhunderts in diesem Genre wurde. Seine Interessen als Komponist waren breit gefächert: Er produzierte wichtige Musikstücke in unterschiedlichen Genres wie Orchester, Chor, Sologesang, Kammermusik und Instrumental, wie auch Filmmusik. Darüber hinaus schrieb er Musik für Kinder und Amateure, und war ein hervorragender Pianist und Dirigent.
1939 verließ der erklärte Pazifist Britten Europa und ging in die USA. Noch vor Ende des Krieges kehrte er jedoch 1942 nach Großbritannien zurück.
Wie Copland lebte Britten seine Homosexualität offen, obgleich das zur damaligen Zeit illegal war. Sein Lebenspartner, der Tenor Sir Peter Pears, beschrieb Britten als „Agnostiker mit einer großen Liebe für Jesus Christus“.
His life partner, Peter Pears, would describe Britten as “an agnostic with a great love for Jesus Christ.”

 

Gerhard Wimberger, geboren am 30. August 1923 in Wien, ist ein österreichischer Komponist, Dirigent und ehemaliger Hochschulprofessor am Mozarteum. Von 1971-1991 war er Mitglied des Direktoriums der Salzburger Festspiele und arbeitete u.a. mit Herbert von Karajan zusammen. Als Dirigent war Wimberger im In- und Ausland tätig.
Wimberger schrieb sechs Opern (u.a. Dame Kobold, und Fürst von Salzburg), zahlreiche Orchester, Chor- und Kammermusikwerke sowie Bühnen-, Hörspiel, Film- und Fernsehmusiken. Seine Werke wurden durch namhafte Orchester intoniert, beispielsweise die Wiener Philharmoniker, die Berliner Philharmoniker, geleitet u.a. von Herbert von Karajan.
Gerhard Wimberger ist Mitglied im Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung. Der hpd veröffentlichte Ende 2010 eine dreiteilige Zitate-Serie, in der Wimberger alphabetisch geordnete Themen aus der Bibel und anderen religiösen Schriften zusammengetragen hatte. Seine Einführung liest sich wie folgt: „Diese Sammlung von Gerhard Wimberger enthält Texte, die zu denken geben, zu denken geben müssen. Sehr viele davon und daraus sich ergebende Fragen sind kaum bekannt, vielleicht auch manchem Theologen. Neben Zitaten aus vom kirchlichen Lehramt festgeschriebenen Dekreten sind Worte gesetzt, die von religiös freier Gesinnung künden. Auch diese geben zu denken.”
(ZITATE (1), ZITATE (2), ZITATE (3))

Weitere Komponisten, von denen es heißt, sie seien Atheisten oder Agnostker gewesen, sind: Johannes Brahms, Franz Schubert, Alexander Nikolajewitsch Skrjabin, Sergei Prokofiev, Claude Debussy und Leonard Bernstein. Allerdings ließen sich bei ihnen keine eindeutigen Belege finden, zum Teil widersprachen sich die Aussagen bzw. Zitate, die einerseits von ihrem (angeblichen) Atheismus kündeten, andererseits doch religiöse oder esoterische Überzeugungen vermuten ließen. Ein Beispiel ist Prokofievs nachgesagte Mitgliedschaft in „Christian Science“, obgleich er sich schon früh von Religion verabschiedet haben soll und keines seiner Werke religiös gefärbt war.
In einigen Berufsgruppen ist es demnach schwierig, eindeutige weltanschauliche Bekenntnisse ihrer Vertreter zu finden, vor allem wenn diesen Berufsgruppen andere Ausdrucksformen als öffentliche verbale Äußerungen zu eigen sind.

Fiona Lorenz

 

Anmerkung: Die Originalzitate sind – sofern nicht anders gekennzeichnet - wikipedia.org entnommen

 

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