BERLIN. (hpd/hvd-bb) Wie schon im Vorjahr nimmt knapp ein Drittel aller den Religions- oder Weltanschauungsunterricht besuchenden Schülerinnen und Schüler in Berlins öffentlichen und privaten Schulen am Humanistischen Lebenskundeunterricht teil. Dies geht aus den Zahlen zum Religions- und Weltanschauungsunterricht der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft hervor.
Nachdem im vergangenen Schuljahr die Zahl der am Religions- oder Weltanschauungsunterricht teilnehmenden Schüler/-innen leicht abnahm, hat sie in diesem Jahr trotz sinkender Schülerzahlen in Berlin wieder leicht zugenommen (2012/2013: +1.954) und liegt jetzt bei 166.810 Schüler/-innen. Dies entspricht etwas mehr als der Hälfte aller Berliner Schülerinnen und Schüler (2012/2013: 52,24 %; 2011/2012: 51,26 %; 2010/2011: 51,42 %).
Humanistische Lebenskunde wächst konstant weiter
Aktuell besuchen insgesamt 53.811 Schüler/-innen den Weltanschauungsunterricht des Humanistischen Verbandes. Dies entspricht einer Steigerung um 3,74 Prozent bzw. um 1.940 Schüler/-innen (2011/2012: 51.871 Schüler/-innen). Der Verband verzeichnet damit wie schon in den Vorjahren den größten Zuwachs aller Anbieter des Religions- und Weltanschauungsunterrichts in Berlin. Damit besuchen inzwischen knapp 17 Prozent aller Berlin Schülerinnen und Schüler den Humanistischen Lebenskundeunterricht.
Das konstante Wachstum der letzten Jahre gegen den Trend abnehmender Schülerzahlen setzt sich weiter fort. Im vergangenen Jahr besuchten erstmals mehr als 50.000 Schülerinnen und Schüler den Humanistischen Lebenskundeunterricht. Es ist zu erwarten, dass im Schuljahr 2015/2016 erstmals mehr als 60.000 Schüler/-innen den Lebenskundeunterricht besuchen.
Kirchen verzeichnen weniger teilnehmende Schüler/-innen
Am Evangelischen Religionsunterricht nehmen in diesem Jahr erneut weniger Schüler/-innen als im Vorjahr teil (2011/2012: 78.255; 2010/2011: 78.800). Dies entspricht einem Rückgang der Schülerzahlen um 0,7 Prozent. Aufgrund der insgesamt sinkenden Schülerzahlen kann die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz (EKBO) dennoch eine prozentuale Steigerung von 0,01 Prozent verzeichnen. 24,5 Prozent aller Berlin Schülerinnen und Schüler besuchen aktuell den Religionsunterricht der EKBO.
Das Erzbistum Berlin muss nach den Rückgängen der Schülerzahlen in den Schuljahren 2010/2011 (-0,04 %) und 2011/2012 (-0,14 %) registrieren, dass auch in diesem Jahr weniger Schülerinnen und Schüler den Katholischen Religionsunterricht besuchen wollen (2012/2013: 24.422; 2011/2012: 24.709). Obwohl der absolute Verlust von knapp 300 Schülerinnen und Schülern (-1,2 %) in etwa dem des Vorjahres entspricht, liegt der prozentuale Rückgang der Schülerzahlen in Bezug auf die sinkenden Gesamtschülerzahlen lediglich bei 0,03 Prozent. Aktuell besuchen 7,6 Prozent aller Berlin Schülerinnen und Schüler den katholischen Religionsunterricht.
Die Religionsunterrichtsangebote der Islamischen Föderation, der Aleviten und der Jüdischen Gemeinde verzeichnen ebenso wie der Lebenskundeunterricht Zuwächse, wenngleich auf einem geringerem Niveau. Am Islamischen Religionsunterricht nehmen im laufenden Schuljahr 5.374 Schüler/-innen teil (2011/2012: 4.879; +0,16 %), den Jüdischen Religionsunterricht besuchen aktuell 942 Schüler/-innen (2011/2012: 932; +0,01 %) und im Weltanschauungsunterricht der Aleviten werden 156 Teilnehmende gezählt (2011/2012: 144; +0,01 %). Ebenfalls gestiegen sind die Teilnehmerzahlen am so genannten „Sonstigen Religions- und Weltanschauungsunterricht“ der freichristlichen Organisationen, von 3.127 im Vorjahr auf 3.485 Teilnehmende im laufenden Schuljahr (+0,12 %).
Kein Einbruch der Schülerzahlen durch gemeinsamen Ethikunterricht
Bewertet man diese Zahlen nüchtern und vor dem Hintergrund der insgesamt zurückgehenden Schülerzahlen in Berlin, dann wird deutlich, dass der von den Initiatoren und Unterstützern des Volksbegehrens „Pro Reli“ - zu denen u.a. EKBO und das Erzbistum Berlin gehören - prophezeite Einbruch der Schülerzahlen im Religionsunterricht weiterhin ausbleibt. Der Vorsitzende Bischof Dröge der EKBO sprach zuletzt von einem sich "einstellenden Alltag". Der gemeinsame Ethikunterricht führt nicht dazu, dass Schülerinnen in Scharen den weltanschaulichen Werteunterricht verlassen.
Betrachtet man nur die Zahlen der am Religions- und Weltanschauungsunterricht teilnehmenden Schüler/-innen, dann besuchen 47 Prozent den evangelischen und 14,6 Prozent den katholischen Religionsunterricht sowie 32,3 Prozent den Humanistischen Lebenskundeunterricht. Das heißt, jeder dritte Schüler eines Religions- und Weltanschauungsunterrichts in Berlin besucht den Unterricht des Humanistischen Verbandes.
Christlicher Religionsunterricht zu Großteilen an Privatschulen
Der christliche Religionsunterricht findet weiterhin vorrangig an Privatschulen statt. Etwa 12 Prozent des evangelischen Religionsunterrichts und fast 31 Prozent des katholischen Religionsunterrichts findet an Privatschulen statt. Der „Sonstige Religions- und Weltanschauungsunterricht“ findet mit 99 Prozent fast ausschließlich an Privatschulen statt. Zurückzuführen ist dies darauf, dass die Kirchen in Berlin zahlreiche Privatschulen unterhalten, deren Schüler/-innen automatisch den jeweiligen Religionsunterricht besuchen. Nur 1,3 % aller teilnehmenden Schüler/-innen am Humanistischen Lebenskundeunterricht besuchen eine Privatschule.
Entsprechend groß ist seine Bedeutung an den öffentlichen Schulen im Vergleich zu den Varianten des Religionsunterrichts. Von den einen öffentliche Schule besuchenden Schülerinnen und Schülern besuchen knapp 24 Prozent den evangelischen Religionsunterricht, mehr als 18 Prozent den Humanistischen Lebenskundeunterricht, knapp sechs Prozent den katholischen Religionsunterricht und fast zwei Prozent den Islamischen Religionsunterricht.
Thomas Hummitzsch
Humanistischer Verband Deutschlands | Landesverband Berlin-Brandenburg e.V.