BERLIN. (hpd) Dr. Edgar Most, 1990 Vizepräsident der Staatsbank der DDR, 1990-2004 Direktor der Deutschen Bank in Berlin und Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank, im Gespräch über die Finanzkrise und Möglichkeiten ihrer Überwindung.
Als Referent der dritten ATHventslesung der Evolutionären Humanisten Berlin Brandenburg (EHBB) sprach am vergangenen Sonntag im Literaturhaus Berlin der ehemalige Bankmanager Dr. Edgar Most („50 Jahre im Auftrag des Kapitals“) über die gegenwärtige Finanzkrise und Möglichkeiten ihrer Überwindung.
Als leitender Bankmanager in zwei Wirtschaftssystemen kennt er auch beide Seiten und meint, dass der Sozialismus an einer Überregulierung seiner Wirtschaft gescheitert sei und der Kapitalismus an der bestehenden Deregulierung scheitern könne. Der Satz „Geld regiert die Welt!“ stimme zwar, aber ebenso die berechtigte Frage: „Wer regiert das Geld?“ Es seien mehrere kleine Schritte notwendig, um die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Bewältigung der Finanzkrise zu schaffen, da sonst das Kapital eine immer größere und schließlich unkontrollierbare Bedeutung bekäme.
Kapital habe eben keinen „sozialen Touch“, es soll Rendite bringen. Doch wenn er sich das Ergebnis der deutschen Einheit in den Neuen Bundesländern ansehe, dann könne sich die deutsche Bankenwelt nur schämen.
Von den USA erwartet er sich keine Lösungen, da sie vom Kapital beherrscht und die Präsidenten ohnmächtig seien. Auch die Chinesen würden die gleichen Fehler machen. Kommunale Betriebe und Einrichtungen haben auch eine soziale Aufgabe und Verpflichtung.
Seine Priorität ist dabei: Der Euro muss bleiben. Er fragte sich, warum man nicht von den positiven Seiten der deutschen Einheit, die es auch geben würde, lernen würde, indem man beispielsweise Erblasten-Tilgungsfonds einrichte, in die die Staatschulden übertragen werden, mit unterschiedlichen langen Tilgungszeiträumen? Auch Deutschland zähle selber zu den größten Schuldnern und würde, falls man solche Fonds einrichte, mindestens 19 Jahre für die Konsolidierung brauchen.
Alles begann, als die USA den Dollar von der Golddeckung abkoppelten (u.a. um den Vietnam-Krieg zu finanzieren) und schließlich das Geld selbst zur Ware wurde. Der Zustand, dass rund 60 Prozent des Geldvolumens der Welt von „Schattenbanken“ (u. a. Hedge-Fonds) herausgegeben und verwaltet wird, muss beendet werden. Die Politik müsse dafür die Rahmenbedingungen setzen.
In einem kurzen Gespräch nach der Veranstaltung hatte der hpd Gelegenheit, Herrn Dr. Most ein paar Fragen zu stellen, u. a.:
- Herr Most, in Ihrem Buch „Sprengstoff Kapital“ schreiben Sie, dass wir keine Finanzkrise, sondern eine Krise des Kapitalismus haben. Was meinen Sie damit?
- Halten sie es nach Ihrer langjährigen Erfahrung am Finanzmarkt für möglich, dass es vielleicht (in ferner Zukunft) einen „fairen Finanzmarkt“ bzw. eine ethische Marktwirtschaft geben könnte?
- Sie verweisen auf „notwendige Spielregeln“ für Banken. In wie weit gibt es diese bereits und wer kontrolliert diese bzw. setzt sie durch?
- In ihrem Buch stellen Sie außerdem die These auf, dass Banken, Spekulanten, und Politik nichts aus der letzten (bzw. aktuellen) Krise gelernt haben. Hat sich wirklich nichts positiv verändert?
- Sie bezeichnen China als „größten Gewinner der Globalisierung“ – ist das rasante wirtschaftliche Wachstum Chinas für Europa Chance oder Gefahr?
- Wohin sollte sich Europa zukünftig wirtschaftlich orientieren? Nach China, USA oder Russland?
Das Gespräch ist sowohl als hpd-Podcast 14/2012 zu hören und als hpd-Video zu sehen:
C.F.