DRESDEN. (hpd). Nach nur 11 Jahren gibt es erneut eine "Jahrhundertflut", die dieses Mal weite Teile Sachsens, Sachsen-Anhalts, Thüringens und auch Bayerns betrifft. Hatte man doch geglaubt, dass nach 2002 nicht gleich wieder so ein extremes Hochwasser kommen würde.
Aber nach den umfangreichen Niederschlägen der vergangenen Wochen war der Boden vielerorts nicht mehr wasseraufnahmefähig und die Flüsse schwollen an - alle gleichzeitig. So war seit vergangenem Sonntag klar, dass es zu Hochwasser an den mittleren und großen Flüssen kommen wird - dass es allerdings diese Ausmaße annimmt, wurde erst nach und nach deutlich.
An der Elbe zu leben, heißt mit dem Wasser leben - mit allen angenehmen wie unangenehmen Seiten. Hochwasser an der Elbe ist daher nicht wirklich etwas Besonderes. Man lebt damit, dass einzelne Straßen, die direkt am Fluss entlang führen immer mal überschwemmt sind. Darauf ist man eingestellt.
Nach 2002, als das Hochwasser, welches damals, nach einem Dammbruch, innerhalb kürzester Zeit Dresden überflutete, hatte man einiges getan, um für solche Fälle gewappnet zu sein - zumindest in der Altstadt Dresdens. So ist dieses Mal der historische Teil von den Wassermassen, die gegen die Abschottungen drücken, bisher verschont geblieben. Der Theaterplatz und die kleinen Gässchen rings um das Schloss und die Frauenkirche sind weitestgehend trocken. So kann sogar ein Openair-Konzert am Wochenende auf dem Theaterplatz stattfinden.
Anders sieht es in den Städten und Gemeinden oberhalb und unterhalb von Dresdens Altstadt aus. So kämpfen die Bewohner der Vorstädte zum Teil vergeblich gegen das Wasser an, um es von ihren Häusern fernzuhalten. Trotz vieler unermüdlicher Helfer, die Sandsäcke rund um die Uhr befüllen und stapeln, ist das Wasser letztlich an vielen Stellen eingedrungen und hat Hab und Gut derer vernichtet, die es nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten.
In Dresden-Laubegast
Ist in den vergangenen Jahren genug für den Hochwasserschutz getan worden? Wenn man die Städte Wehlen, Königstein, Pirna und Meißen (und viele andere) betrachtet - wohl nicht überall und konsequent genug. Zu sehr hatte man sich darauf verlassen, dass die Flut für dieses Jahrhundert im Jahr 2002 stattgefunden hatte und nicht so schnell wieder eintreffen würde. Welch verheerender Irrtum.
Auch wenn dieses Mal das Hochwasser langsam Zentimeter für Zentimeter die Pegel steigen ließ und das Wasser auf oftmals vorbereitete und gefasste Bürger traf, half es vielerorts nicht. Viele fangen jetzt 2013 zum zweiten oder dritten Mal bei Null an, da sie ihre Existenz und ihr Hab und Gut erneut im Wasser verloren haben. Versicherungen gegen Hochwasserschäden haben die Wenigsten hier noch. Nach 2002 haben die meisten Versicherungen den Bürgern die Elementarschäden gekündigt. Es heißt also, weitestgehend aus eigenen Kräften die Schäden beseitigen. Soforthilfe wurde von Frau Merkel und Ministerpräsident Tillich während ihrer Besuche in den Katastrophengebieten für die am meisten Betroffenen zugesichert. Wenigstens ein Lichtblick in diesen trüben Tagen.
Landunter an der Elbe in Dresden
Dampferanlagestellen an der Elbe
Anders als vor 11 Jahren wird dieses mal das dreckige Wasser länger in den Straßen stehen, ehe es wieder zurückgeht. Gestern blieb der Elbpegel bei 8,76 m stehen, etwa 60 cm unter der Marke von 2002. Nachdem der Regen aufgehört hat, ist es ein groteskes Schauspiel, bei strahlendem Sonnenschein die dreckigen Wasserfluten durch die elbnahen Städte und Gemeinden strömen zu sehen.
Derzeit fließen etwa 10mal mehr Wasser mit doppelter Geschwindigkeit als normal durch Dresden.
Nun scheint erst einmal das Gröbste überstanden zu sein, das Wasser steigt nicht weiter. Aber die Arbeit geht jetzt erst richtig los. Nachdem in den vergangenen Tagen Sandsäcke eingeschaufelt wurden, werden es in den nächsten Tagen Schlamm und Müll sein. Neben THW, Bundeswehr und den Feuerwehren u. a. auch aus Hessen, Berlin und Hamburg sind viele Freiwillige zum Helfen gekommen. Diesmal haben sich in Dresden die privaten Helfer selbst über Facebook organisiert. Über das soziale Netzwerk dirigieren sie sich an die verschiedenen Brennpunkte, um vor Ort mit Schaufeln oder Verpflegung die Bewohner zu unterstützen. So sind tausende Helfer aus allen Regionen mobilisiert worden.
Wenn das Wasser in einigen Tagen zurückgegangen sein wird, wird das ganze Ausmaß der Schäden erst sichtbar werden und es wird wieder lange dauern, bis die letzten Schlammreste beseitigt und die letzten Mauern wieder trocken sind. Die Fragen werden bleiben: Gibt es einen wirksamen Schutz? Hat man genügend aus 2002 gelernt? Kann man den Flüssen genügend Raum geben, wenn die Städtebebauung immer weiter an die Ufer heranrückt? Rächen sich jetzt die Bauprojekte, welche die Flüsse immer weiter einengen, begradigen und kanalisieren? Wer ist für die Ausmaße der Schäden dieser Katastrophen verantwortlich? Hätten Schäden in dieser Größenordnung verhindert werden können? Und wer gibt finanzielle Unterstützung für die Geschädigten? Muss es eine Pflichtversicherung gegen Hochwasser geben?
Fragen, die sich Politik, Wirtschaft und Städteplaner gefallen lassen müssen.
Elke Schäfer
Wie in Sachsen sieht es auch in Bayern aus, bei Tauberbischofsheim: