EICHSTÄTT. (hpd) Ein Bericht anlässlich des katholischen Feiertages Mariä Himmelfahrt - über eine Initiative in einer stockkatholischen Hochburg und einem Wallfahrtsort: Die Objekte der von Wolfgang Sellinger in der Pfahlstraße gezeigten „Galerie für Kirchenkritik“ wurden für ein paar Tage in einer säkularisierten Kirche präsentiert.
Es ist ein Feiertag - Mariä Himmelfahrt. Die Sonne lockt Radfahrer zuhauf ins Altmühltal. Touristen strömen durch die Gassen der Bischofsstadt Eichstätt, sitzen in den Cafés und schlendern über den Domplatz. Schräg gegenüber dem Domportal mitten in dieser stockkatholischen Hochburg stutzen sie. „Nie wieder Kirche“ steht da in schwarzrotgelben Buchstaben neben dem Eingang der säkularisierten Johanniskirche und „Herzlich willkommen! Eintritt frei“. Manche zögern, bevor sie durch das weit offen stehende Tor die „Galerie für Kirchenkritik“ betreten. Wolfgang Sellinger, der Leiter der Galerie, Gestalter und Organisator der Ausstellung, mit violetter Mütze und violettem Hemd mit der Aufschrift „Nie wieder Kirche“ begrüßt alle freundlich, lädt sie ein, sich umzusehen und eventuell Fragen zu stellen.
Es ist eine besondere Ausstellung mit besonderen Exponaten an einem besonderen Ort. Fast 300 Besucher lesen an diesem Tag die Texte, betrachten die Skulpturen, Installationen, Transparente und Objekte. Einige ernsten Blickes, viele schmunzeln, lachen, fotografieren, machen sich gegenseitig auf das eine oder andere Ausstellungsstück aufmerksam. Das stehen einige Gläser „Heiliger Stuhl“ – (Senf mit den Inhaltsstoffen Hokuspokus, Weihwasser, Hokuspokus, Senfsaaten und Benediktin), ein Kreuz mit mehreren Vorhäuten Christi, ein gekreuzigter Osterhase, eine Zölibatstankstelle, ein hölzerner Bischof Mixa und andere geistliche Gewalttäter. Vielleicht 200 Plakate mit antiklerikalen Zitaten, ironischen, sarkastischen Wortspielen, mit Forderungen wie die Trennung von Kirche und Staat. Der Sellinger liebt es direkt und drastisch und man merkt ihm an, dass ihm die Ausstellung Freude macht. Er will irritieren, aufklären, zum Nachdenken anregen, amüsieren und es auch nicht vermeiden, dass sich jemand provoziert fühlt.
„Keinesfalls wollen wir den Religionsfrieden stören. Durch Religionskritik können religiöse Gefühle verletzt werden. Das liegt nicht in unserer Absicht, sondern vielmehr in der Natur der Sache.“ stand auf der Einladungskarte zur Eröffnung der Ausstellung.
Über 2.000 Besucher haben die Ausstellung bisher gesehen. Aus Eichstätt sind nicht viele dabei. Die meisten trauen sich nicht. Die Macht der Kirche ist noch immer (zu) groß. Wenige, sehr wenige der Besucher deuten ihr Missfallen an. Ein älterer Herr fragt „Und was glauben Sie? Gar nichts? Da sind sie ein armer Mensch.“ Im Vergleich zu den Kirchen, die alljährlich 62 Milliarden einstecken – ja. „Sie müssen ein Problem haben“ giftet eine Dame. „Das müssen Sie glauben, wenn Sie gläubig sind,“ gibt der Sellinger zurück, „das Problem ist und hat die Kirche.“
Auf einem Tisch steht der Satz „ Alle Klagen über meine Galerie bitte direkt an den lieben Gott“ – ob der die Klagen erhört?
Man muss ja nicht jeden Text und jedes Ausstellungsstück gleich gut finden und manches kommt grob daher, - ein grober Klotz auf einen groben Keil. Jedenfalls ist es gut, dass diese Ausstellung stattfinden kann und die Macht der katholischen Kirche in Eichstätt nicht so weit reicht, das unterdrücken zu können, ein Verbot durchzusetzen und Scheiterhaufen zu errichten, auf denen sie über 400 unschuldige Frauen nach schwerer Folter verbrannt hat – ohne sie bis heute zu rehabilitieren.
C. Blauhorn