Die verlorenen Seelen von Hirschwang

WIEN / REICHENAU a.d. RAX (hpd) Der katholischen Kirche in Österreich laufen nicht nur die Mitglieder davon. Die Zahl der Pfarrer sinkt noch schneller als die der Katholiken. Selbst am Land, der bislang unbestrittenen Bastion der Kirche, führt das zu Problemen.

Die kircheninternen Reformen dürften das Leben der besonders Katholischen unter den Hirschwangern entscheidend erleichtern. Galt früher die Regel, dass man den Tag über gefastet haben muss, an dem man die Kommunion empfängt, ist es heute nur mehr die Stunde davor. Unter der alten Regelung hätte sich so ein Sonntag in Hirschwang mühsam gestalten können. Die Messe ist erst um 17 Uhr 15, wie ein Hinweisschild in Form eines Kreuzes informiert.

Der Sonntagsbraten sollte wenigstens drin sein. Ansonsten dürfte dieser sehr späte Zeitpunkt für die Sonntagsmesse das soziale Leben der Katastralgemeinde von Reichenau an der Rax gehörig durcheinander gebracht haben. Der berühmte Frühschoppen oder wenigstens Wirtshausbesuch nach dem Messgang mag eher Klischee sein als Realität – beschreibt aber bis heute den zeitlichen Rahmen, in dem das sonntägliche Leben in Kleingemeinden strukturiert ist. Eine Beschreibung, die auf Hirschwang mit 423 Einwohnern zutrifft.

Kaum mehr als 50 dürften sich jeden Sonntag in die schmucklose Kirche „Heiliger Josef der Arbeiter“ verirren – und das ist eingedenk der Überalterung der Gemeinde und der ländlichen Lage großzügig geschätzt. Das genügt nicht einmal, um dieses kleine Gebäude zu füllen. Im österreichweiten Schnitt wären es kaum 30 Kirchgeher. Kann sein, dass Nebenwohnsitzer aus Wien und Touristen gelegentlich die Kirchenbänke auffüllen.

„Priestermangel“ und Mitgliederschwund

„Priestermangel“ und Mitgliederschwund in der katholischen Kirche treffen hier aufeinander.  Helmut Hausner, Pfarrer von Edlach, einer weiteren Katastralgemeinde von Reichenau, betreut die Katholiken von Hirschwang sozusagen mit. Auch in der Stammgemeinde ist er nicht mit einem Überschuss an Mitgliedern verwöhnt. Laut aktueller Zählung wohnen in Edlach gerade einmal 304 Menschen. Macht bestenfalls 200 Katholiken.

Mit zusammen um die 500 Kirchenmitglieder steht Hausner vergleichsweise gut da. Nur hilft das offenbar nichts, wenn sie über zwei Dörfer verstreut sind. Sonntags tut sich der Priester augenscheinlich schwer, die Bedürfnisse der örtlichen Katholiken unter einen Hut zu bringen. Womit er nicht alleine da steht.

Mehr Priester als Pfarren?

Offiziell wäre alles im Lot. Glaubt man den Zahlen der katholischen Kirche, gibt es österreichweit 3.900 Priester, die nur etwas mehr als 3.000 Pfarren betreuen. Macht 1,3 Priester pro Pfarre.

Allein, nicht nur die Pfarre Edlach hat mehr als eine Kirche. Insgesamt 8.000 Kirchen und Kapellen gibt es im Land. Die wollen bespielt werden. Und nicht jeder Priester hat auch eine eigene Pfarre beziehungsweise tritt überhaupt regelmäßig vor Gläubigen auf. Viele sind in administrativen Strukturen gebunden.

Im Alltag führt das dazu, dass Priester im Regelfall mehr als eine bestenfalls halbvolle Kirche bespielen müssen. Mit ein wenig Glück aus katholischer Sicht kommt eine Hochzeit oder – ebenfalls immer seltener werdend – eine Taufe dazu. Das macht mehr Arbeit aber lastet wenigstens die Kirche aus. Für das, was christliche Religionsgemeinschaften gemeinhin als Seelsorge bezeichnen, bleibt wenig Zeit. Beichten etwa, für streng religiöse Katholiken die Voraussetzung schlechthin um die Kommunion zu empfangen. Wer sich ständig in Sünde wähnt, will von selbiger auch möglichst oft losgesagt werden.