In den meisten Ländern, in denen die katholische Kirche vertreten ist, laufen ihr die Gläubigen weg. So auch in Österreich. 67.583 Menschen traten im Jahre 2019 aus. Das ist gegenüber 2018 ein Ausstiegs-Anstieg von 14,9 Prozent. Die Austritte werden unter anderem den Missbrauchsskandalen zugeschrieben. Allen Mitgliedsverlusten zum Trotz hat sich die Summe der Einnahmen aus Kirchenbeiträgen erhöht.
Knapp neun Millionen Menschen leben in Österreich. Davon gehören noch immer etwa fünf Millionen der katholischen Kirche an. Noch. Denn auch in Österreich verliert die katholische Kirche Gläubige. Während es am 31. Dezember 2018 noch 5,05 Millionen Mitglieder waren, waren es am 31. Dezember 2019 nur noch 4,98 Millionen. Insgesamt traten 67.583 Menschen im Jahre 2019 aus. Insgesamt 14,9 Prozent mehr als 2018, als nur 58.807 der Kirche den Rücken kehrten. Damit haben sich die Austrittszahlen ein weiteres Jahr in Folge erhöht.
Als Gründe für die Kirchenaustritte werden die Missbrauchsskandale der letzten Monate und Jahre und der Umgang der Kirche und ihrer Vertreter damit vermutet. Erschwerend kommen mutmaßlich personelle Veränderungen, aber auch Untreue-Vorwürfe gegen den früheren Bischof Alois Schwarz hinzu. Diese Vermutungen stützen sich auf Analysen der Austritte nach Zeitpunkten und Regionen. So verzeichnet beispielsweise die Diözese Schwarz' Gurk-Klagenfurt ein starkes Plus an Kirchenabgängen nach Bekanntwerden der Vorwürfe.
Die Kirche selbst sieht sich vor allem vor einem Nachwuchsproblem. Jugendliche hätten heute kaum noch Berührung mit der Kirche.
So traten 2019 nach Abzug von Widerrufen binnen drei Wochen nach Eintritt, nur noch 4.564 Personen neu oder wieder bei. Das sind 13,25 Prozent weniger als noch 2018, als 5.261 Menschen sich zu einem Beitritt entschlossen.
Nachdem die katholische Kirche in Österreich jahrelang stabile Zugangszahlen hatte, sinken die Zahlen der Neu- oder Wiedereintritte inklusive der Taufen nun. Auch die Häufigkeit der katholischen Begräbnisse, der Erstkommunionen und vor allem der Gottesdienstteilnahme sank. Allein die Zahl der kirchlichen Trauungen stieg an.
Geldsorgen hat die katholische Kirche jedoch trotz eines Gläubigenschwundes noch nicht. So berichtet sie von auf 474 Millionen Euro gestiegenen Kirchenbeitragseinnahmen. 2018 lagen die Einnahmen bei 451 Millionen Euro.
3 Kommentare
Kommentare
Martin Franck am Permanenter Link
Wie in dem Link zum Artikel darlegt, gibt es mit der https://de.wikipedia.org/wiki/Di%C3%B6zese_Gurk-Klagenfurt Diözese Gurk-Klagenfurt und der Causa https://de.wikipedia.org/wiki/Alois_Schwarz_(Bischof) Alois Schwarz
In Deutschland kommen die Ergebnisse traditionell erst im Sommer. Dennoch gibt es regionale Meldungen, die fast alle einen ähnlichen Anstieg vermelden.
Die Studie „Langfristige Projektion der Kirchenmitglieder und des Kirchensteueraufkommens in Deutschland“ wird meiner Meinung nach von der Realität überboten werden. In dem TEDx Talk: Why there is no way back for religion in the West von David Voas zeigt er, daß man mit der Religion aufgewachsen sein muß, um sich nicht fremd vorzukommen. Viele Jugendliche schaffen es noch nicht einmal, das Vaterunser fehlerfrei aufzusagen. Mit dem Priestermangel wird sich das Problem verstärken https://www.katholisch.de/artikel/24136-kirche-auf-dem-land-nicht-so-unverzichtbar-wie-gedacht .
Das neue „normal“ wird konfessionsfrei sein. Deshalb sind in Großstädten und im Osten die Austrittszahlen so hoch. Jetzt steigen sie auch in den Gebieten mit noch hohen Mitgliederzahlen. Maria 2.0 ist die letzte Generation, die noch aufwuchs, in der Kirche ein Teil des Alltags war. Viele Gemeinden finden auch schon keinen mehr für die ehrenamtliche Arbeit.
Trotz all der positiven Meldungen sollte man nicht zu früh frohlocken. So kenne ich viele, die zwar nicht mehr Kirchensteuerzahler sind, aber dennoch an etwas Höheres glauben. Mehr Leute glauben an Engel, als an einen Gott. Kein Kirchenmitglied ist also nicht unbedingt frei von Religion. Wie schon Dawkins in: „The Enemies of Reason“ zeigte, sieht man zwar die Religion als nicht mehr zeitgemäß an, wechselt aber zur Esoterik, als zur Wissenschaft. Neu kann man nun die Verschwörungstheorien dazu nehmen.
Ich frage mich immer, wieso schaffen es säkulare Naturalisten nicht, ein attraktives Gegenmodell zu bieten? Die Zahl der dezidierten Atheisten bleibt nämlich seit längerer Zeit konstant niedrig.
g. geier am Permanenter Link
Hallo Herr Franck,ist es erwiesen, dass ein Glaube an etwas "Höheres" schädlich ist?
Jesus hat Frauen gleichgestellt und Völlerei war IHM ein Graus. Ich bewahre mir ein persöhnliches Gottesbild, aus dem ich Trost, Stärke und Kraft für den Alltag schöpfe.
Martin Franck am Permanenter Link
Beim Glauben an etwas Höheres kommt es darauf an.
Die Frage ist also, wie man Trost, Stärke und Kraft für den Alltag schöpft? Ist es der Trost, weil man nicht auf alles gar keinen Einfluß hat? Das wäre ähnlich wie das Buch von Michael Schmidt-Salomon: Entspannt euch!: Eine Philosophie der Gelassenheit http://entspannt-euch.info/.
Bei Stärke und Kraft könnte es natürlich sein, daß man darauf vertraut, daß es schon irgendwie gut gehen werde, oder daß es eine höhere Gerechtigkeit gäbe.
Wer also Gottvertrauen hat, ist zum Beispiel am Ende alleinerziehende Mutter, hingegen der Naturalist hat einen Ehevertrag. Oder wenn man an einer unheilbaren Krankheit relativ früh stirbt, und man erlebt, wie der egoistische Nachbar in Reichtum sich bester Gesundheit erfreut, dann fällt einem noch nicht einmal das Sterben leichter, weil man zweifelt, ob man sein Leben nicht doch etwas verschwendet hat.
Ich denke daß Trost und Vertrauen der Hauptgrund für Religion sind, und nicht das angebliche Leben nach dem Tod. Also das Opium des Volkes von Karl Marx.
Man kann es auch analog dazu sehen: Wer Schmerzen hat, der versucht natürlich primär die Schmerzursachen zu behandeln. Manche Schmerzen lassen sich nicht wegtherapieren, und man benötigt Opioide. Wenn man sich immer so verhält, daß es auch ohne einen höheren Plan funktioniert, denn dieser ist einem ja unergründlich, also: Hilf Dir selbst, dann (vielleicht) hilft Dir Gott, der handelt so, daß er ohne Gott auskäme, aber er erträgt es wie ein Stoiker was auch immer passiert.
Wer jedoch an eine Magie glaubt: Ich verhalte mich gut (what would Jesus do als Leitschnur) und deshalb wird es mir gedankt werden, der schadet sich, denn das ist nur Aberglaube.