Repräsentative Umfrage zum Weltkindertag 2019

Zutrauen in die Demokratiekompetenz von Kindern und Jugendlichen gestiegen

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Während der Veranstaltung "Jugend und Parlament" legten sich im Juni 2019 rund 20 Jugendliche im Plenarsaal des Deutschen Bundestages auf den Boden und stellten sich tot, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren.

Anlässlich des heutigen Weltkindertags hat das Deutsche Kinderhilfswerk die Ergebnisse einer Umfrage zur Demokratiekompetenz von Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland trauen demnach der heutigen Generation der Kinder und Jugendlichen zu, als Erwachsene Verantwortung für den Erhalt unserer Demokratie zu übernehmen.

In den vergangenen Jahren wurde in Deutschland – insbesondere angesichts globaler Krisen sowie des zunehmenden Zuzugs von geflüchteten Menschen nach Europa – intensiv über einen wahrnehmbaren Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger in die Problemlösungskompetenz der Politik und die damit verbundenen Herausforderungen für die Demokratie diskutiert. Parallel ließ sich jedoch auch eine gegenläufige Entwicklung beobachten: Bei den Diskussionen um die Reform des Urheberrechts und die sogenannten Upload-Filter und allem voran im Zuge der Fridays-for-Future-Bewegung haben wir erlebt, dass sich junge Menschen verstärkt in politische Themen einmischen und teilweise mit ihrem Engagement Diskussionsprozesse nicht nur mitprägen, sondern sie sogar dominieren.

Vor diesen Hintergründen ist die Frage nach der Zukunft unserer Demokratie nicht nur eine der Demokratiefähigkeit der derzeitigen Erwachsenen. Wichtig ist auch, wie sich unsere Demokratie in längerfristiger Perspektive entwickelt und welche Rolle Kinder und Jugendliche dabei spielen sollen und können. Für die repräsentative Umfrage zum Weltkindertag 2019 wurden vom Politik- und Sozialforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes deutschlandweit 1.012 deutschsprachige Personen ab 18 Jahren in Deutschland befragt. Gleichlautende Fragen wurden für das Deutsche Kinderhilfswerk bereits im Dezember 2016 (von infratest dimap) gestellt, so dass an vielen Stellen bemerkenswerte Veränderungen in den Einstellungen der erwachsenen deutschsprachigen Bevölkerung ausgewiesen werden können.

Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland (69 Prozent – plus
5 Prozent gegenüber 2016) trauen der heutigen Generation der Kinder und Jugendlichen zu, als Erwachsene Verantwortung für den Erhalt unserer Demokratie zu übernehmen. Dieser Meinung sind vor allem die ältere Bevölkerung (76 Prozent der über 60-Jährigen – plus 8 Prozent) und Menschen mit einem hohen Bildungsabschluss (76 Prozent – plus 10 Prozent). 28 Prozent der Bevölkerung zweifelt an der Demokratiefähigkeit der nachfolgenden Generation.

Auffällig sind die unterschiedlichen Zustimmungswerte bei dieser Frage in den politischen Lagern: Das größte Vertrauen in die Jugend haben in dieser Frage die Grünen-Anhänger/innen mit 86 Prozent sowie die Anhänger/innen von SPD und FDP mit jeweils 70 Prozent, während die Unions-Anhänger/innen mit 68 Prozent knapp unter dem Bevölkerungsdurchschnitt liegen. Skeptischer in Bezug auf die Demokratiefähigkeit von Kindern und Jugendlichen zeigen sich Linke- und AfD-Anhänger/innen mit jeweils 61 Prozent. Dabei sind seit 2016 besonders große Veränderungen bei den Anhänger/innen der Grünen (plus 8 Prozent), der Linken (plus 5 Prozent) und der FDP (minus 14 Prozent) zu verzeichnen.

Bei der Frage, wer hauptsächlich die Verantwortung dafür trägt, bei Kindern und Jugendlichen demokratische Überzeugungen und Fähigkeiten zu fördern, sehen 88 Prozent der Befragten (minus 2 Prozent) Familie und Elternhaus in der Pflicht, 69 Prozent (plus 4 Prozent) Schule und Kita. Mit sehr weitem Abstand folgen in dieser Frage Sportvereine mit 9 Prozent sowie politische Parteien, die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit und Kinder- und Jugendverbände mit jeweils 7 Prozent.

Um demokratische Überzeugungen und Fähigkeiten bei jungen Menschen zu fördern, halten die Befragten eine Reihe von Maßnahmen für sinnvoll, aber gegenüber 2016 mit niedrigeren Zustimmungsraten. 87 Prozent der Befragten sprechen sich für mehr Geld für die Kinder- und Jugendarbeit aus. Als weitere wichtige Maßnahmen präferieren 84 Prozent eine Stärkung des Gesellschaftskundeunterrichts in den Schulen, und 80 Prozent die stärkere Berücksichtigung von Kinder- und Jugendinteressen in der Politik. Sehr verbreitet sind darüber hinaus Meinungen, dass politische Bildung Pflichtfach in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie Erzieherinnen und Erziehern sein sollte und dass Trainerinnen und Trainer in Sportvereinen Vorbilder in Sachen Demokratie sein sollten. Dafür sprechen sich 74 Prozent bzw. 72 Prozent aus.

"Demokratie fällt nicht vom Himmel, sondern muss von jeder Generation neu gelernt werden. Dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe müssen wir uns nach wie vor stellen. Gleichzeitig freut es uns sehr, dass das Vertrauen der Erwachsenen in die Fähigkeit von Kindern und Jugendlichen, die Demokratie in Deutschland auch zukünftig zu bewahren, gestiegen ist. Dabei zeigen beispielsweise die Diskussion um die Reform des Urheberrechts oder die Fridays-for-Future-Bewegung sehr deutlich, mit welchem Engagement und welcher Kompetenz Kinder und Jugendliche schon in jungen Jahren um komplexe Probleme streiten können", betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes. "Die Umfrageergebnisse sind auch ein starkes Plädoyer für die Kinder- und Jugendarbeit in Deutschland, für eine Stärkung des Gesellschaftskundeunterrichts in den Schulen und für die stärkere Berücksichtigung von Kinder- und Jugendinteressen in der Politik. Damit ist das 'Hausaufgabenheft der politischen Parteien' schon gut gefüllt ", so Krüger weiter.
"Demokratie ist die Möglichkeit zur Selbstentfaltung, und gleichzeitig dürfen die vielfältigen Meinungen und Bedürfnisse anderer nicht aus dem Blick verloren werden. Wir müssen unsere Demokratie mit Leben füllen, ihre Voraussetzungen bewahren und sie offensiv gegen Bedrohungen verteidigen – und zwar jeden Tag aufs Neue", so Krüger.