Transparenzoffensive des Bistums Münster

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Luftbild Münster, Foto: Bernhard Kils (CC-BY-SA-3.0)

MÜNSTER. (hpd) Unwahrheit, Manipulation eines Wikipedia-Artikels: Mit allen Mitteln ver­suchte das Bistum Münster – ins­beson­dere Presse­sprecher Dr. Stephan Kronenburg – den Eindruck zu er­wecken, der Bischöf­liche Stuhl zu Münster sei nicht Mit­eigen­tümer der Aachener Siedlungs- und Wohnungs­gesellschaft (ASW).

Eine aktuelle Auskunft der ASW gegenüber dem Amts­gericht Köln belegt jetzt: Der Bischöf­liche Stuhl zu Münster ist zu 10,65 Prozent an der ASW beteiligt. Anteils­wert gem. der Konzern­bilanz zum 31.12.2011: 41,7 Mio. Euro – und das bei Bewertung zu historischen Anschaffungs­kosten abzüglich Ab­schreibungen.

Stamm­kapital und Anteil des Bischöf­lichen Stuhls zu Münster an der Aachener Siedlungs- und Wohnungs­gesellschaft. Stand: 18. November 2013.

Im Zuge der “Trans­parenz­offensive” einiger katho­lischer Bistümer anläss­lich der Affäre um die Bau­maßnahmen in Limburg veröffent­lichte die bischöf­liche Presse­stelle des Bistums Münster am 14. Oktober 2013 eine Presse­mitteilung, in der General­vikar Kleyboldt sich zum Ver­mögen des Bischöf­lichen Stuhls wie folgt äußerte (Hervor­hebung durch den Autor): "Der Bischöfliche Stuhl hat kein großes Geld­vermögen. Es liegt bei derzeit rund 2,37 Millionen Euro. Daneben ist der Bischöf­liche Stuhl auch Eigen­tümer von Immobilien. Hierbei handelt es sich aber nicht um Immobilien, die als Geld­anlage gesehen werden könnten. Vielmehr befinden sich darauf Gebäude, die für dienst­liche Zwecke des Bistums ver­wendet werden, etwa das Gebäude des Diözesan­caritas­ver­bandes, das ehemalige Marien­heim (ein früheres Schwestern­heim, in dem sich jetzt Dienst­räume des Bischöf­lichen General­vikariates und Wohnungen befinden), das Franz-Hitze-Haus oder das Gebäude der Katho­lischen Fach­hoch­schule Münster. Es handelt sich hier daher nicht um Vermögen, über das der Bischof oder ein anderer frei verfügen könnte. Der Wert dieser Immobilien wurde von uns nicht berechnet, da das Bistum keine doppische Buch­führung hat."

Nachdem dies durch die Medien ging, erlaubte ich mir, auf meinem Blog darauf hin­zuweisen, dass die obigen Formu­lierungen offen lassen, ob der Bischöf­liche Stuhl zu Münster noch über weiteres Vermögen verfügt, und dass nach mehreren, mir vor­liegenden, über­ein­stimmenden Infor­mationen (u. a. der Wikipedia-Artikel zur “Aachener Grund­vermögen” in seiner damaligen Version) der Bischöf­liche Stuhl zu Münster zu 10,7 Prozent an der Aachener Grund­vermögen beteiligt sei. (Richtiger wäre: Der Bischöf­liche Stuhl zu Münster ist zu 10,7 Prozent an der ASW beteiligt, deren 100prozentige Tochter die Aachener Grund­vermögen ist.)

Diese Info fand dann ihren Weg auf die Facebook-Seite des Bistums Münster, wo Frau A. am 22. Oktober auf meinen Artikel verwies. (Frau A.s Beitrag und die darauf folgenden Kommentare (s.u.) wurden offenbar zwischen­zeitlich gelöscht.) Darauf­hin antwortete der Presse­sprecher des Bistums, Dr. Stephan Kronenburg, am 24. Oktober um 15:39: "Sehr geehrte Frau A., [...] ich kann Sie beruhigen: es gibt keine Ungereimt­heiten. Das, was die ZEIT und katholisch.de berichten, stimmt. Das, was auf Wiki­pedia zu lesen ist, leider nicht. Beteiligt an der “Aachener Grund” ist nicht der Bischöf­liche Stuhl zu Münster, sondern das Bistum Münster. Von daher hat der Bischöf­liche Stuhl aus dieser Beteiligung auch keine Ein­nahmen. Vielleicht können Sie Herrn Krause, der auf der Seite, die Sie verlinkt haben, im Impressum genannt wird, das so mit­teilen, dann kann er das in seinem Beitrag vielleicht richtig stellen. Mit freund­lichen Grüßen Stephan Kronenburg."

Am nächsten Morgen wurde dann von einer IP-Adresse des Bischöf­lichen General­vikariats Münster der (wie wir jetzt wissen: bis dahin korrekte) Text des Wikipedia-Artikels zur “Aachener Grund” dahin­gehend geändert, dass nunmehr nicht mehr der Bischöf­liche Stuhl, sondern das Bistum Münster als Gesell­schafter ange­geben ist:

Auf nochmalige Bitte, klar zu sagen, ob der Bischöf­liche Stuhl zu Münster noch über weiteres Vermögen außer dem Geld­vermögen und den unbe­werteten Immobilien ver­füge, kam am 29. Oktober die Antwort: "Sehr geehrter Herr Krause, schon in der Presse-Mitteilung vom 14.10. hatte General­vikar Kleyboldt die Vermögens­lage des Bischöf­lichen Stuhls er­läutert und betont “Sonstige (neben denen des Bistums und des Bischöflichen Stuhls, S.K.) Haushalte oder gar „schwarze Kassen“ gibt es im Bistum Münster nicht.”

Und am 24. Oktober hatte ich im Blick auf den Beitrag von Frau A. geschrieben: “Beteiligt an der “Aachener Grund” ist nicht der Bischöf­liche Stuhl zu Münster, sondern das Bistum Münster. Von daher hat der Bischöf­liche Stuhl aus dieser Beteiligung auch keine Ein­nahmen.” Ich denke, dass das sehr klare Statements sind und bringe es für Sie gerne auch noch einmal auf den Punkt: Sämtliche Aus­schüttungen aus dem Beteiligungs­verhältnis an der Aachener Grund fließen in den Bistums­haushalt und nicht in den des Bischöf­lichen Stuhls.
Ich bitte Sie auch um Ver­ständnis, dass wir unsere Aus­sagen auch auf weitere Anfragen Ihrerseits nicht dauernd wiederholen werden. Mit freundlichen Grüßen
Stephan Kronenburg"

Auf meine Frage, wieso dann im Handels­register der Bischöf­liche Stuhl und nicht das Bistum als Gesell­schafter aufge­führt ist, kam die Antwort: "...der Eintrag im Handels­register erklärt sich ganz einfach aus der Geschichte und hat nichts mit den Ihnen inzwischen mehrfach erläuterten aktuellen Beteiligungs­verhält­nissen zu tun."

Die beharrliche Weigerung von Dr. Kronenburg, klar zu sagen, ob der Bischöf­liche Stuhl zu Münster noch über weiteres Vermögen verfügt als das von General­vikar Kleyboldt genannte, sowie seine schein­bar (auch nach eigenem Bekunden) klaren, tat­sächlich jedoch vagen Formu­lierungen veran­lassten mich, beim zu­ständigen Amts­gericht Köln nach der aktuellen Gesell­schafter­liste der ASW zu fragen. Da ich auf wider­sprüchliche An­gaben hinge­wiesen hatte (die aller­dings nicht das Bistum Münster betrafen), bat das Amts­gericht die ASW um Klärung. Heute erhielt ich vom Amts­gericht die Gesell­schafter­liste zum 31.12.2012 sowie die vom 18. November 2013 datierende Auskunft der ASW, dass diese Gesell­schafter­liste immer noch aktuell sei.

Wenn die ASW dem Amts­gericht gegen­über er­klärt, dass die Münsteraner Anteile vom Bischöf­lichen Stuhl ge­halten werden, kann sich das Bistum meiner Ansicht nach nicht auf den Stand­punkt stellen, die Anteile gehörten dem Bistum und nicht dem Bischöf­lichen Stuhl.

Insbesondere bedeutet dies, dass Bistums­sprecher Dr. Kronenburg am 24. Oktober die Unwahr­heit schrieb, als er behauptete, die Wiki­pedia-Angabe (derzu­folge dem Bischöf­lichen Stuhl zu Münster 10,7 Prozent der ASW gehören) stimme “leider nicht”. Dr. Kronenburg hoffte offenbar, mit dieser Aussage zu bewirken, dass ich meinen Blog-Artikel “richtig stellen” würde, in dem ich auf die von General­vikar Kleyboldt nicht erwähnte Zig-Millionen-Beteilungung hingewiesen hatte.

Es bedeutet weiter­hin, dass vom Münsteraner General­vikariat aus im Wikipedia-Artikel zur “Aachener Grund­vermögen” die korrekte Angabe zu den Münsteraner Anteilen durch eine falsche ersetzt wurde – noch dazu in einer Weise, bei der der Leser nicht erkennen kann, dass diese Info vom General­vikariat Münster stammt, sondern (aufgrund einer Fußnote mit der – ursprünglichen – Quellen­angabe) glauben muss, diese Info stamme aus dem Kölner Handels­register.

Dr. Kronenburgs Formulierungen deuten darauf hin, dass sich das Bistum auf folgenden Stand­punkt stellt: Offizieller Eigen­tümer der ASW-Beteiligung ist zwar der Bischöf­liche Stuhl, aber: “Sämtliche Aus­schüttungen aus dem Beteiligungs­verhältnis an der Aachener Grund fließen in den Bistums­haushalt und nicht in den des Bischöf­lichen Stuhls.” Und: “Von daher hat der Bischöf­liche Stuhl aus dieser Beteiligung auch keine Ein­nahmen.”

Was Dr. Kronenburg nicht erwähnt, ist der Unter­schied zwischen “Gewinn” und “Aus­schüttung”:

Der Großteil der Gewinne der ASW wird nämlich – den öffent­lich abruf­baren Jahres­abschlüssen zufolge – gar nicht ausge­schüttet, sondern ein­behalten (“thesauriert”). Die einbe­haltenen Gewinne kommen also gar nicht dem Haushalt des Bistums Münster zugute, sondern ver­bleiben beim Eigen­tümer –  hier: dem Bischöf­lichen Stuhl.

So weist die Gewinn- und Verlustrechnung der ASW für 2010 einen Jahres­überschuss nach Steuern in Höhe von 25,3 Millionen Euro aus. Davon wurden 15,4 Mio. direkt in die Gewinn­rück­lagen gepackt (also einbe­halten) und knapp 10 Mio. als Bilanz­gewinn ausge­wiesen. Der Bilanz für 2011 lässt sich allerdings ent­nehmen, dass von diesen 10 Mio. offen­bar wiederum nur 3 Mio. ausge­schüttet wurden und noch einmal 7 Mio. den Rück­lagen zugeführt.

Demzufolge hätte das Bistum Münster also nur knapp 12 Prozent der (anteiligen) Gewinne des Jahres­über­schusses der ASW erhalten (315.240 Euro, um genau zu sein), der Rest hat den Wert der Beteiligung des Bischöf­lichen Stuhls um 2,4 Millionen Euro erhöht. Der Kirchen­steuer­rat des Bistums Münster, der ja Einblick hat (oder zumindest haben sollte), wie hoch die Aus­schüttung der ASW an das Bistum 2010 war, kann diese Zahlen gerne über­prüfen.

Anzumerken ist noch, dass allein der Buch­wert des Anteils an der ASW, den der Bischöf­liche Stuhl zu Münster hält, mit 41,7 Millionen Euro mehr als das Siebzehn­fache des Betrages ausmacht, den General­vikar Kleyboldt für das Geld­vermögen ange­geben hat.

Anzu­merken ist auch, dass offen ist, ob der Bischöf­liche Stuhl zu Münster über die ASW-Beteiligung hinaus noch weiteres Vermögen besitzt, das General­vikar Kleyboldt nicht erwähnt hat. Denkbar wären z. B. Fonds­anteile bei der Aachener Grund.

Ein Kommentar meiner­seits zu diesem Gebaren erübrigt sich wohl. Ich schließe mit den Worten von General­vikar Kleyboldt: “Das Bistum Münster geht seit Jahren sehr offen und transparent mit seiner Finanz­situation um.”

Matthias Krause

Erstveröffentlichung: Skydaddys Blog