Kommentar

Klientelpolitik: Der Absetzbetrag vom Kirchenbeitrag

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Angesichts der enormen Anstrengungen, das Budget des Staates zu konsolidieren, fragt hpd-Autor Gerhard Engelmayer sich, wie es zu rechtfertigen sei, dass der Staat den Absetzbetrag für den Kirchenbeitrag unangetastet lässt. In den nächsten drei Jahren ist das immerhin fast eine halbe Milliarde Euro.

Die Kirchenmitglieder werden weniger, so oder so. Die Kirchenmitgliedschaft zu subventionieren, ist vergebliche Liebesmüh. Die Menschen laufen in die Gegenrichtung. Pro Jahr treten rund 70.000 bis 80.000 Mitglieder aus der Kirche aus. In so einer Situation die Kirchenmitgliedschaft zu fördern, heißt, das Geld zum Fenster hinauszuwerfen. Der glücklose Finanzminister Magnus Brunner hat sogar diese Kirchensubvention still und heimlich noch um 50 Prozent erhöht, bevor er das Feld verlassen hat.

Wie kann man dieses viele Geld je rechtfertigen? Es geht hier nicht um die Subvention von Kirchen, sondern um das Mitglieder-Problem der Kirchen. Das muss aber die Kirche selber lösen, der Staat hat hier keinen Auftrag. Wenn das Angebot der Kirche unattraktiv ist, nützen die Rabatte beim Kirchenbeitrag auch nichts. Das zeigt sich in der Realität sehr deutlich. Wer einen guten Grund hat, bei der Kirche zu sein, bleibt dabei, mit und ohne Absetzbetrag. Hier handelt es sich vielmehr um offene Klientelpolitik. Dazu kommt: Von der Unterstützung profitieren keine armen Leute, sondern reiche.

Es wäre vielmehr an der Zeit, jeden Posten zu untersuchen, wie er sich auf die Zukunft Österreichs positiv auswirkt. Was stärkt die Wettbewerbsfähigkeit, den Standort, die Nachhaltigkeit unserer Wirtschaft und die demokratische Robustheit unserer Gesellschaft mehr? Ist es sinnvoller, in niedrige Energiepreise, niedrige Inflation, saubere Umwelt, verbesserte Infrastruktur und Bildung zu investieren oder in Mitgliederförderung für Kirchen, die am Ende des Tages leer bleiben? Es ist der blanke Wahnsinn!

Dazu kommt die Ungerechtigkeit gegenüber Nicht-Kirchenmitgliedern. Waren es 1961 266.000 Konfessionsfreie, sind es heute gut 3 Millionen (!) und damit rund ein Drittel der Bevölkerung, Tendenz steigend. Wie kommen diese Konfessionsfreien dazu, solche Marketing-Subventionen der Kirche mitzutragen? Man kann – wie das Bundesministerium für Finanzen (BmF) – der Meinung sein, dass die Kirchen einen positiven Einfluss auf unser gesellschaftliches Zusammenleben haben, man kann aber auch das Gegenteil sehr gut argumentieren. Die Kirche hat sich nie als Demokratieförderer hervorgetan. Will man Demokratie und Rechtsstaatlichkeit fördern, muss man in zivilgesellschaftliche, säkulare Einrichtungen investieren und nicht in Kirchen. Ungarn und Polen zeigen, dass die Kirche sogar ein Hort von demokratiefeindlichen Elementen werden kann.

Eines der Argumente für die Absetzbarkeit des Kirchenbeitrages ist die von Spenden und Beiträgen an zivile Organisationen wie Rotes Kreuz, Caritas und Feuerwehr. Diese Absetzbarkeit sollte erhalten bleiben, denn hier wird täglich tatsächlich für Menschen ganz praktische Arbeit geleistet. Die Mitgliederzahl der Kirche zu fördern bedeutet nur eine Bluttransfusion in einen kranken Körper: Er wird dadurch nur künstlich am Leben erhalten. Das ist aber nicht die Aufgabe des Staates.

Während die Kirche immer reicher wird – man spricht von einem Vermögen von 4,5 Milliarden Euro – verarmen die Kommunen und der Staat. Und kein Politiker traut sich dagegen aufzustehen, am wenigsten die dafür zuständige Ministerin Claudia Plakolm.

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