Petition abgelehnt: Gott bleibt im Grundgesetz

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BERLIN. (hpd) Der Deutsche Bundestag hat eine Petition des Sprechers der "Humanistischen Alternative Bodensee" (HABO), Dennis Riehle, abgelehnt, in der gefordert wurde, Art. 140 GG und die Präambel durch ein fachlich besetztes und unabhängiges Gremium auf seine Zeitgemäßheit hin zu überprüfen. Ein erster Teil der Eingabe war bereits durch den Petitionsausschuss zurückgewiesen worden.

In seiner Begründung verweist der Petitionsausschuss nun im Hinblick auf die zweite Fragestellung darauf, dass in einer Debatte über die Präambel des Grundgesetzes zu beachten sei, dass es sich bei der deutschen Verfassung schon um eine "säkulare Fassung" handele, allerdings mit einem expliziten Gottesbezug. Zwar sieht das Parlament durchaus Diskussionsbedarf über diesen "scheinbaren Gegensatz", zumal der Verweis auf Gott in früheren Verfassungstexten nicht vorkomme. Allerdings lasse sich die Präambel des Grundgesetzes mit ihrem Gottesbezug auf einen Vorstoß der CDU im parlamentarischen Rat zurückführen. Dieser hatte mit einer großen Mehrheit eine "knapp gehaltene Gottesformel" beschlossen, um den "Unterschied zu einem absoluten Anspruch des totalitären Staates" zu unterstreichen.

Wachsende Zahl an Konfessionslosen

In der Frage, ob die Präambel mit einem Hinweis auf Gott eine Diskriminierung von Menschen ohne Religionszugehörigkeit darstelle, gesteht der Deutsche Bundestag ein, dass bei einer wachsenden "Zahl an Konfessionslosen" in Diskurs zu stellen sei, ob der entsprechende Inhalt der deutschen Verfassung noch als zeitgemäß bezeichnet werden könne. Hierzu müsse festgehalten werden, dass das Grundgesetz gleichermaßen die Verantwortung vor Gott und dem Menschen als gleichberechtigt herausstelle. Allerdings werde auch diese Argumentation unter Gegnern der Formulierung als Verletzung des Trennungsgebots von Staat und Kirche begriffen. Der Petitionsausschuss betont überdies, dass "viele Kritiker" in der derzeitigen Fassung eine "Privilegierung von Christen gegenüber nichtchristlichen Gemeinschaften und Atheisten" sehen würden. Eine demokratische Ordnung dürfe ihre Legitimation zudem nicht an eine oder mehrere Religionen binden, sie müsse vielmehr auch “für Anders- und Nichtgläubige gelten”. 

Gottesbezug ist kein religiöser Moralanspruch

Andererseits würden Befürworter darlegen, dass die Berufung auf Gott in der Präambel "kein christlicher, kirchlicher oder religiöser Moralanspruch" bedeute. Viel eher verdeutliche sie, dass es "eine politische Verantwortung gebe, die das rein innerweltliche Denken, Planen und Handeln übersteige". Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern und deren Verfassungen müssten durchaus die "unterschiedlichen Traditionen zur Qualität von Religion und Glaube" herangezogen werden. Nach Einschätzung "vieler Delegierter" solle jedoch auch auf europäischer Ebene ein Gottesbezug vorgebracht werden, "um das geistige und kulturelle Erbe Europas" zum Ausdruck zu bringen. Allerdings handele es sich hierbei um einen Minimalkonsens, während in der "Charta der Grundrechte zur Europäischen Union" die "entscheidende Prägung der europäisch-abendländischen Kultur durch das Christentum nicht berücksichtigt wird."

In der weiteren Behandlung der Thematik bleibe es den Fraktionen des Deutschen Bundestages mit einer Viertelmehrheit der Abgeordneten offen, die Einsetzung einer "Enquete"-Kommission zu initiieren, um die Problematik weiter zu diskutieren. Der Petitionsausschuss kann entsprechend keine weiteren Maßnahmen in Aussicht stellen und sieht sich deshalb nicht in der Lage, "im Sinne des vorgetragenen Anliegens tätig zu werden."

Petitionsausschuss erkennt Widerspruch selbst

Petent Dennis Riehle zeigt sich von der Ablehnung nicht überrascht und kann der Antwort sogar etwas Positives abgewinnen: "Der Petitionsausschuss hat sich auffallend differenziert mit meiner Eingabe befasst und hat selbst die vorherrschende Widersprüchlichkeit erkannt. Offenbar scheint eine doch entschiedene Mehrheit an Verteidigern des Gottesbezugs, wie sie noch in der vergangenen Legislaturperiode vorherrschte, langsam zu bröckeln. Dieses Zeichen gilt es zu nutzen, um die Bemühungen nach einer vollständigen Befreiung des deutschen Grundgesetzes von religiösen Verweisen voranzutreiben. Ich habe bereits die Fraktionen der Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und von DIE LINKE kontaktiert, um deren Einschätzung zur Sachlage in Erfahrung zu bringen und die Bereitschaft zur Beantragung einer Enquete-Kommission auszuloten."