Gestern haben Vertreter von Betroffenenverbänden des sexuellen Kindesmissbrauchs durch Priester eine Petition mit knapp 29.000 Unterschriften an die religionspolitischen Sprecher von vier Bundestagsfraktionen übergeben. Darin wird das Parlament zum Handeln aufgefordert, die Aufarbeitung der Verbrechen sexueller Gewalt nicht länger nur den Verantwortlichen der Kirche zu überlassen.
Zehn Jahre habe man sich engagiert, konstatierte Matthias Katsch, Geschäftsführer des Eckigen Tisches, stellvertretend für das Aktionsbündnis der Betroffeneninitiativen sexueller Missbrauch in der Kirche bei der Übergabe auf dem Platz zwischen Paul-Löbe-Haus und Kanzleramt am gestrigen Nachmittag. Nun sei auch ein stärkeres Engagement des Parlaments gefordert, sowohl bei der Unterstützung der Betroffeneninitiativen als auch bei der Aufarbeitung selbst. Notwendig sei es außerdem, ein Opfergenesungswerk auf den Weg zu bringen und über das Thema Entschädigung zu diskutieren. Katsch bat die anwesenden Abgeordneten der Bundestagsfraktionen von Union, SPD, Grünen, Linken und FPD, sich mit den Forderungen der Petition auseinanderzusetzen und sich zu überlegen, wie sie auf diese Anliegen reagieren könnten.
"Ich glaube, ich kann im Namen von uns Vieren zusagen: Die Botschaften sind angekommen", erklärte Lars Castellucci, religionspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion auch im Namen der anderen vier Abgeordneten, die diese Funktion innerhalb ihrer Bundestagsfraktion bekleiden, und stellte eine Rückmeldung in Aussicht. "Wir werden uns mit Ihren Anliegen mit großem Ernst befassen", versprach er.
Man nehme die in der Petition an die Politik adressierten Erwartungen "sehr ernst", sagte im Anschluss auch Hermann Gröhe, der religionspolitische Sprecher der Unionsfraktion, und bedankte sich bei den Aktivisten.
Benjamin Strasser versicherte in gleicher Position für seine FDP-Fraktion, dass man durchaus "mit sehr großem Unverständnis und Befremden" verfolge, "was in den letzten Wochen und Monaten in der katholischen wie auch in der evangelischen Kirche passiert" sei. Er habe die große Hoffnung, dass sich eine Koalition nach der Bundestagswahl das, was in der Petition stehe, zu Herzen nehme. Die Petition selbst nannte er "ein wichtiges Zeichen".
Konstantin von Notz verwies für die Fraktion der Grünen darauf, dass für einen glaubwürdigen Prozess die Institution Kirche auch die Aufarbeitung und Auseinandersetzung selbst leisten müsse. "Das ist nichts, was man oktroyiert bekommt", man werde aber mit dem Gewicht des Parlaments darauf drängen, "dass das eben auch passiert. (…) das verstehen wir als unsere Aufgabe."
Die Petition kann weiterhin hier unterzeichnet werden.
1 Kommentar
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Parlament zum Handeln aufgefordert" - realistisch fürchte ich, dass da nicht viel passiert. Das sägte ja den Ast, genannt Staatskirchenfilz, ab, auf dem die meisten MdBs unseres Kirchenstaats sitzen; vgl.