Hausbesuch bei „Aufklärung und Kritik“

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Helmut Walther / Alle Fotos © Evelin Frerk

NÜRNBERG. (hpd) Hier geht es um Helmut Walther. Er ist als Herausgeber und Hauptredakteur der Zeitschrift  „Aufklärung und Kritik“ kurz „A&K“ bekannt. „Nebenbei“ betreut er zwei philosophische Gesellschaften. Um mehr darüber und über das kleine „k“ der Philosophie zu erfahren, sprechen Carsten Frerk und Helmut Walther miteinander. Ihr Treffen in der Altstadt von Nürnberg wird wiedergegeben von Leandra Zinn.

Helmut Walther beginnt das Gespräch chronologisch mit der „Gesellschaft für kritische Philosophie Nürnberg“ (GKPN), die das „k“ als Kern für „kritisch“ dem Sachbezug „Philosophie“ vorangestellt hat: 1994 ist die Philosophie-Zeitschrift „Aufklärung und Kritik“ (A&K) gegründet worden. Entstanden und konzipiert wurde sie von Georg Batz. Grundlage für die Zeitschrift waren Vorträge, die Georg Batz selbst gehaltenen hat. 2008 war das Todesjahr von Batz.

Helmut Walther, Gründungsmitglied und aktiv am Entstehen der Zeitschrift beteiligt, trat die Nachfolge von Georg Batz an. „Es ist sozusagen an mir kleben geblieben“, sind seine eigenen Worte.

In diesem Jahr ist der 20. Jahrestag der Zeitschrift „Aufklärung und Kritik“ zu feiern, deren Erfolgsstory begann, wie Helmut Walther es nennt, „bescheiden“. Damit wählt er ein Wort, das während des Gesprächs im Raum schweben bleibt und viel über seine Persönlichkeit aussagt.

Kurz und gut: 1994 lag  „Aufklärung und Kritik“ mit dem ersten Band und zwei Ausgaben je 100 Seiten vor und entwickelte sich kontinuierlich weiter auf nun zumeist vier Ausgaben pro Jahr mit einem Umfang von jeweils 300 Seiten und wird der Gemeinnützigkeit halber als Vereinszeitschrift vertrieben.

Die Auflage liegt bei 600 bis 650 Exemplaren. Und denkt der Zuhörer bei dieser Zahl einfach na ja, dann kommt das große Aber des Hauptredakteurs: „Die Zeitschrift liegt in allen großen Bibliotheken und Universitäts-Bibliotheken. Damit ist eine Leserschaft vor allem im deutschsprachigen Raum u n d  durch alle Bildungsschichten gegeben.“ Das Konzept  von A&K zielt auf sogenannte normale Leser. Spezialwissen, das an der Allgemeinheit vorbei geht und dennoch in der Zeitschrift ab und an einmal vorkommt, das gibt es immer mal wieder z. B. im Bereich Mathematik, Logik, Quantenphysik.

Als Hauptredakteur von A&K und zweiter Vorsitzender der Gesellschaft für kritische Philosophie (GKPN) blickt Helmut Walther mit gutem Gefühl und den Worten zurück: „So arbeiten wir recht erfolgreich vor uns hin.“

Ein zweites Standbein der Gesellschaft für Kritische Philosophie sind die „Mittwochs-Referate“ – drei davon im Monat. Die Themen sind philosophisch, gesellschaftlich oder naturwissenschaftlich. Die Referenten halten sich an Materialien, das Ziel ist die Diskussion. Einmal im Monat steht auch Helmut Walther als Referent am Pult. Die Reihe an sich liegt in der Kompetenz von Dr. Frank Schulze, der ebenfalls dem Vorstand der GKPN angehört.

Zu seiner Person sagt Helmut Walther, weit vor dieser aktiven Zeit sei für ihn, den Autodidakten, die Philosophie schon immer sein Thema gewesen. Er suchte den Austausch aber: „ ... man geht ja nicht einfach auf die Straße um zu fragen, haben Sie Lust auf Philosophie?“ Durch Zufall stieß er auf eine Annonce, die ein Wink für ihn wurde: „Philosophie Gesellschaft sucht zur Gründung Mitglieder.“

Zurück zur GKPN: Das „k“ also die kritische Philosophie – wo unterscheidet und positioniert sich diese Gesellschaft von anderen Gruppen bzw. Gesellschaften?

„Das „k“ führt tatsächlich ein Stück zurück zu Karl Popper und den kritischen Rationalismus. 1995 waren Georg Batz und Popper noch im Telefon-Kontakt. „Sir Karl Popper hat der GKPN seine Wünsche mit auf den Weg gegeben.“ Walther sieht es so, die Gesellschaft mit dem „k“ als Kern habe einen direkten Auftrag vom Vater des kritischen Rationalismus. Dass diese nun im Sinne einer Schule streng nur einem kritischen Rationalismus folgen wolle, das wäre zu viel gesagt. Aufklärung birgt Kritik in sich. Das kritischer Rationalismus eine wichtige Strömung ist, stehe außer Frage, die kritische Argumentation ist wichtig. Dafür das „k“.

Dafür stehen die mehr als 30 Mitherausgeber, die an der Zeitschrift beteilig sind, u. a. Prof. Hans Albert, Prof. Norbert Hoerster, Prof. Gerhard Vollmer, so gibt Helmut Walther seine Position wieder und bekräftigt, die der Gesellschaft für kritische Philosophie zugewandten Interessenten seien „ganz normale Menschen“ und eben an Philosophie interessiert.

Gründung der GKPN

Warum erst vor 20 Jahren eine kritische Hinterfragung der Philosophie zu einer Institution führte obwohl Philosophie mit die älteste Disziplin in der Wissenschaft ist, wurde von Carsten Frerk und Helmut Walther nicht weiter verfolgt, wohl aber wie es zur Gründung der GKPN kam.

Die Seminar- und Vortragsarbeit von Georg Batz zur Philosophie war von den Freien Demokraten beauftragt. Deutlich wird, dass die FDP im theologisch-moralischen Anspruch einem Wandel unterlegen ist und im Zurückdenken ist „einiges auf der Strecke geblieben.“ Dennoch, es bestehen weiterhin Beziehungen zur Thomas Dehler-Stiftung, die Zusammenarbeit wurde beibehalten und inhaltlich passende Referate wirken.

Geht es um Freiheit und Gesellschaft, um Ökonomie, lässt sich Philosophie nicht einfach ausblenden. Helmut Walter zitiert Brecht: „... erst kommt das Fressen, dann die Moral“ und schließt an: „Das ist Aufklärung, sonst bräuchten wir keine Philosophie“ und entstanden ist daraus die GKPN.

„Herr Walther, wie agieren Sie, wenn jemand die Disziplin Philosophie damit schildert, dass sich kluge Männer und Frauen unterhalten und dabei Dinge austauschen, die man im Alltag nicht gebrauchen kann und die man sowieso nicht verstehen kann“, ist eine Frage von Carsten Frerk; er fügt nach, über die junge Philosophin und Lehrstuhlinhaberin Ulla Wessels gehört zu haben, sie wolle während ihrer Ferienzeit einfach ein bisschen „philosophieren“. Gibt es einen jungen und neuen Zug in der Philosophie?

Helmut Walther bleibt in sich ruhend und räumt ein, Diskussionen, die über den „Köpfen“ der an Philosophie Interessierten schweben, würde es geben. Selbst er, der sich einigermaßen in der Philosophie auskenne, stoße beim Lesen von Fachbüchern an Probleme. Er führt das Gespräch beispielhaft in den eigenen Bereich von Veranstaltungen und der Zeitschrift „Aufklärung und Kritik“ zurück. Dort trifft sich in beiderlei Hinsicht ein gemischtes Publikum. Die Zuhörerschaft ist themenabhängig zwischen 40 und 50 bis zu 70 Jahren. In den Medien präsente Themen ziehen ein jüngeres Publikum an und mit 30 bis 40 Zuhörern bei einem Vortrag sei die räumliche Kapazität der Gesellschaft erreicht.

Die Leserschaft von A&K sei bunt, es überwiegt die Avantgarde-Linie Bildung und Wissenschaft, also der Anteil deren, die in den Universitäten mit Philosophie in Kontakt  waren oder sind.

Die Zukunft

Der Gesellschaft mit ihren Veranstaltungen und Veröffentlichungen gegenüber zeigt sich zunehmend mehr Interesse. Die Zahl der GKPN-Mitglieder sei anwachsend. Man ist auf einem aufsteigenden Ast.

Eher taucht die Frage zur nachwachsenden Führung auf. Derzeit drängt sich niemand oder zeigt auch nur Interesse, in geschäftsführende Arbeit hineinzuwachsen. Es wäre ihm ein beruhigender Gedanke, Teile – beispielsweise die eher im Hintergrund laufende Finanzarbeit – und irgendwann dann tatsächlich „den Schlüssel“ weitergeben zu können.

Ludwig-Feuerbach-Gesellschaft

Neben der Kritischen Philosophie gibt ein weiteres Engagement von Helmut Walther. Als Erster Vorsitzender zeichnet er für die Ludwig-Feuerbach-Gesellschaft in Nürnberg. Während Carsten Frerk davon ausgeht, dass Ludwig Feuerbach gegenwärtig populär ist, zumindest in der säkularen Gesellschaft, meldet Helmut Walther vorsichtig Bedenken dazu an. Man einigt sich, das Gesamtphilosophische Werk von Feuerbach ist sicher weniger bekannt als der Philosoph an sich.

10 Jahre hat Ludwig Feuerbach in Nürnberg gelebt, Schriften sind entstanden. Nürnberg ist ein authentischer Wohnort. Ludwig Feuerbach, war „in der Region unterwegs“, dennoch blieb er, wie Helmut Walther sagt, unbekannt, „es kannte ihn hier kein Mensch, man hatte nur gehört, dass er Atheist gewesen sein soll, mehr nicht“.

1998 gründete sich die Feuerbach Gesellschaft um Werk und Person von Ludwig Feuerbach (1804 – 1872) neues Bewusstsein zu geben. Gründungsmitglieder der Gesellschaft waren u. a. Prof. Werner Schuffenhauer, Herausgeber der gesammelten Werke von Feuerbach und Helmut Walther.

In der Folge und im Vorlauf auf Feuerbachs 200. Geburtstag entstand 2004 am Rechenberg der Philosophenweg und auch der Kenotaph, das Feuerbach-Denkmal.

Beispielbild
Prof. Theodor Ebert 'horcht' am Kenotaph / Erinnerungsbilder

Die Feuerbach-Gesellschaft organisiert jedes Jahr zwei Veranstaltungen, manchmal mehr. Referate zu Feuerbach werden vorgetragen, die Mitglieder treffen sich, man geht auf den Landesfriedhof auf dem Ludwig Feuerbach und ebenso sein Neffe Amseln Feuerbach begraben wurden.

An Feuerbach und sein Denken zu erinnern, ist das Vorhaben der Gesellschaft. Der Philosophie von Feuerbach wird Aktualität zugesprochen. Feuerbach studierte Philosophie bei Hegel, seine Gedanken wurden von Karl Marx, Friedrich Engels, Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud, Ernst Bloch u. a. m. übernommen und weiterentwickelt. Allerdings um die Aktualität zu erfassen, gilt es erst einmal seine Philosophie kennenzulernen und zu verbreiten. Helmut Walter hat die Begründung des allgemeinen Unwissens: „Feuerbach ist aus dem Gedächtnis der Zeit herausgefallen, auch wenn das feuerbachsche Denken das ist, auf dessen Boden wir alle heute stehen, so nimmt es keiner so richtig zur Kenntnis.
Von einem Atheisten wollte in der Vergangenheit kein Mensch etwas mehr hören. Wir versuchen, für Feuerbach zu wirken.“ Dafür hat die Ludwig-Feuerbach-Gesellschaft einen Flyer entworfen.

Carsten Frerk, für den hpd: „Danke, viel Erfolg und Glück!“
Helmut Walther: „Ich bedanke mich auch sehr.“

 

Helmut Walter ist ebenso wie Ulla Wessels und Carsten Frerk Beirat der Giordano Bruno Stiftung.

 


hpd-Podcast 03/2014 – „Im Gespräch mit Helmut Walther“ ausführlicher zu den Themen.