Aufklärung und Kritik 2/2025 erschienen

Das aktuelle Heft von Aufklärung und Kritik (A&K), der umfangreichen Vierteljahreszeitschrift der Gesellschaft für Kritische Philosophie Nürnberg (GKPN), ist erschienen. Die Redaktion hat dem hpd wieder das Vorwort zur Verfügung gestellt.

Die Sommerausgabe 2025 wird eröffnet von Prof. Dr. Wulf Kellerwessel mit seinem Aufsatz "Nationalismen in der Gegenwartsphilosophie – Alasdair MacIntyre, Roger Scruton und David Miller". Ausgehend von einer genaueren Begriffsbestimmung von Patriotismus und Nationalismus stellt der Autor die drei Theorien in ihren Grundzügen vor, untersucht kritisch das dahinterstehende Nationen- und Menschenrechtsverständnis und ihre Demokratie-Kompatibilität. Den Abschluss bildet ein kurzer Blick auf Alternativen.

In seinem kurzen Beitrag "Karl R. Popper war kein radikaler Wirtschaftsliberaler" belegt Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber diese These anhand von Zitaten aus "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" und aus einer medialen Auseinandersetzung Poppers mit Herbert Marcuse.

Mit zwei unterschiedlichen Nachfolgern Poppers setzt sich Dr. Jonas Pöld in "Bürgerinitiativen statt Erkenntnistheorie? Paul Feyerabend und Hans Albert zum Verhältnis von Wissenschaft und Demokratie" auseinander. Er stellt zunächst ausführlich Feyerabends wissenschaftskritischen Ansatz und dessen Konsequenzen für die gesellschaftliche Rolle der Wissenschaften dar und dann den Alberts. Dieser sehe eine deutlich positivere Rolle für die Wissenschaften, sowohl was die Aufrechterhaltung einer kritischen (Denk-)Praxis als auch was den rationalen Informations-Beitrag zu gesellschaftlich gewünschten Projekten betreffe. Zum Schluss werden beide Ansätze auf ihre Gültigkeit für heute geprüft.

In "Die schweizerische Bundesverfassung als Spiegelbild der Rousseau'schen Staatslehre" setzt sich Jörn Sack kritisch mit der These auseinander, in der Staatslehre Rousseaus stecke auch latente Diktaturbejahung, indem er die schweizerische Verfassung kenntnisreich als Gegenbeispiel erläutert.

Prof. Dr. Gerhard Streminger sichtet in "Die Pädagogisierung von Leid" einige gängige theologische Argumentationen zur Lösung des Theodizee-Problems und weist ihre Plausibilität zurück.

In seinem Artikel "Was ist Aufklärung – wiederbesucht" stellt Frederick Herget die Grundanliegen der Aufklärung und ihre derzeitige Entwicklung umfassend und grundsätzlich auf den Prüfstand. Dabei untersucht er ihre Bedingungen, Grenzen und mögliche Fortschreibungen, weist auf Verfestigungen in wissenschaftlichen und politischen Diskursen hin und zeigt Aufbruchsmöglichkeiten dazu auf. Durch seinen strikt naturalistischen Ansatz hat er immer die evolutiven, psychologischen und sozialen Bezüge des Menschen in der Welt und zur Welt im Fokus, ebenso wie evolutive Funktionsweisen der Kultur. So deckt er wesentliche Zusammenhänge der verschiedenen Ebenen auf und zeigt deren politische Implikationen.

Prof. Dr. Lutz Ellrich wiederum befragt in "Krieg, Frieden und der Eigensinn der Natur" Kants Thesen zum ewigen Frieden auf ihre Angemessenheit als Lösungsvorschläge in der Gegenwart. Dazu wird zunächst Kants Naturbegriff genauer bestimmt, da es die Natur für den Menschen vorgesehen habe, Konflikte kommunikativ zu lösen. Anschließend wird – mit einem Blick auf reale Anforderungen der politischen Praxis – untersucht, ob Kants Vorschläge auch ohne "Vorsehung durch die Natur" sinnvoll und umsetzbar wären.

Ausgehend vom Film über das Leben der Familie des Lagerkommandanten in Auschwitz stellt Elvira Šimfa in ihrem Aufsatz "Das Böse Denken: Hannah Arendts Rezeption von Immanuel Kants 'radikal Bösem'" Überlegungen an, wie man das Phänomen der Banalität des Bösen erklären könne. Dazu findet sie bedenkenswerte Thesen in verschiedenen Schriften Kants zum Gewissen und in Hannah Arendts Schriften zur Moralität.

Moritz René Pretzsch stellt in seinem Artikel "Wittgensteins Wissenschafts- und Technikkritik" den posthum veröffentlichten Text "Philosophische Bemerkungen" und dessen verschiedene Vorwortvarianten in den Mittelpunkt. Daran zeigt er Wittgensteins Einwände gegen die Fortschrittsgläubigkeit der Moderne, gegen deren Vertrauen in die instrumentelle Vernunft und die Folgen für die (Natur-)Wissenschaften, die in Gefahr wären Allmachtsphantasien und einen Aberglauben der Alles-Erklärbarkeit zu generieren. Auf die eigentlichen philosophischen Fragen hätten diese aber keine Antworten.

In "Nietzsches 'Problem des Sokrates'" unternimmt es Dr. Jan Kerkmann, anhand von Nietzsches Stellung zu Sokrates die Wandlungen in dessen Philosophie darzustellen. Ausgehend von der Geburt der Tragödie, in der Sokrates den Tod der klassischen griechischen Tragödie verschuldet haben solle, und von der Sokrates-Verehrung Nietzsches in der Phase des "ethischen Intellektualismus" analysiert der Autor im Hauptteil das Sokrates-Bild der Götzendämmerung in vielfältiger Weise und zeigt dessen Angriffspunkte auf. Der Autor argumentiert dafür, diese Sokratesbeschreibung auch als eine Selbstdiagnose Nietzsches zu lesen.

Ein Jugendwerk Nietzsches und dessen Aussagekraft für dessen Werdegang stellt Helmut Walther in "'Dem unbekannten Gotte'. Das erste 'vollgültige' Gedicht Nietzsches" vor. Auf eine kurze biografische Einordnung des Textes und Hinweise auf dessen widersprüchliche Rezeption folgt eine intensive Gedichtanalyse, die sich der Sprache, dem Schriftbild, einigen Eingriffen des Herausgebers und möglichen Folgen für das Verständnis des Gedichts widmet. Die im letzten Teil erfolgende Interpretation versucht, den Aussagegehalt des Textes so zu erschließen, wie Nietzsche ihn gemeint haben könnte.

In seinem umfangreichen, philosophiehistorischen Artikel legt Dr. Ludwig Coenen "Vorstellungen von menschlicher Seele bei Mendelssohn, Kant, Platon und Aristoteles. Teil 1" dar. Mit Mendelssohn und Kant zeigt er zwei Antipoden in Bezug auf die Unsterblichkeit und auf die Substantialität der Seele aus der Zeit der Aufklärung. Auch bei den antiken Beispielen Platon und Aristoteles arbeitet er die grundsätzlichen Unterschiede heraus, bei Platon dessen Belege für die Unsterblichkeit der Seele, bei Aristoteles die ganz andere, auf Natur, Lebensbezug und Vernunft gegründete Vorstellung.

Am Ende des Hauptteils stellt Prof. Dr. Anton Grabner-Haider "Problemfelder der indischen Philosophie" vor. Nach grundlegenden Informationen zur Vielfalt der Sprachen, Religionen und Traditionen setzt der Autor seine Schwerpunkte bei der zeitgenössischen Sozial- und Religionsphilosophie. Dabei zeigt er auf, dass deren Ziele der Armutsbekämpfung, der Stärkung der Frauenrechte oder der Steigerung der Selbsttätigkeit immer wieder am tief verankerten Hinduismus und dessen Instrumentalisierung scheitern.

Das FORUM wird eröffnet mit "Kriege führen für die Freiheit. Auch Atomkriege?" von Dr. Hans-Joachim Niemann, der es unternimmt, Atomwaffen als biologische Waffen nachzuweisen und Vorschläge für eine wirksam(er)e Ächtung macht. Dr. Jutta Georg untersucht die Bedingungen von Frieden in "Frieden ist die einzige Schlacht, die es wert ist, geführt zu werden (Albert Camus)", indem sie Friedensvorstellungen von Platon über Kant bis Freud und Einstein auf ihren Realismus hin befragt und mit Vorschlägen im Sinne Camus' schließt. In "Zeit der Zerstörer oder wie Faschismus funktioniert" stellt Dr. Bruno Heidlberger das neu in deutscher Übersetzung erschienene Buch dieses Titels von Jason Stanley vor, vor allem die dort erarbeiteten Strategien des Faschismus, und zeigt Grenzverschiebungen von Normalität als die größte Gefahr für die Offene Gesellschaft auf. Mit Prof. Dr. Hartmut Heuermanns Beitrag "Von Sühnetod und Sündenböcken" beginnt ein Block, der sich mit Antisemitismus auseinandersetzt, hier mit dessen antijudaischen Wurzeln in der Passionsgeschichte. Einen wirkungsgeschichtlichen Ansatz verfolgt Prof. Dr. Hubert Kiesewetter mit seiner Untersuchung "Transformationen des Antisemitismus von Wagner bis Hitler", indem er zunächst Wagners Antisemitismus aus dessen Äußerungen belegt, dann den des Wagner-Clans Anfang des 20. Jahrhunderts (H.S. Chamberlain) und schließlich die politische Wirkung dieser Vorarbeit auf Hitler und den Aufstieg der NSDAP. Prof. Dr. Anton Grabner-Haider zeichnet in seinem Aufsatz "Heidegger und Hitler: Zwei verflochtene Ideologien. 100 Jahre 'Mein Kampf'" erst in einer biografischen Skizze Heideggers geistige Entwicklung bis zur Lektüre von "Mein Kampf" nach, dann die Grundlagen der Ideologie Hitlers, und zeigt anschließend die Verflechtungen beider. In "Hegels Naturphilosophie im Widerstreit" zeigt Dr. Volker Mueller auf, dass Hegels Naturphilosophie im 19. Jahrhundert stark umstritten war und nur Friedrich Engels und Karl Rosenkranz, ein Nachfolger Kants in Königsberg, sich ernsthaft damit befassten. Karlheinz Rehwald macht sich in "Nachgehakt: Freiheit, Schuld, Verantwortung, Strafgerechtigkeit" Gedanken zum Verhältnis von Willensfreiheit, den Erkenntnissen der Neurowissenschaften und den Folgerungen für die Strafgerechtigkeit.

Kierkegaards Verhältnis zur Aufklärung und seine indirekte Auseinandersetzung mit Kant sind das Thema von PD Dr. Thomas Krumm in "Kierkegaards Furcht und Zittern vor der Aufklärung". Demselben Philosophen widmet sich Dr. Jan Kerkmann mit seinem Text "Kierkegaards Sicht auf das Selbst und sein Gottesverhältnis", in dem er eine Monographie von Moritz R. Pretsch zu Kierkegaard vorstellt.

Bezug der Ausgabe über die Gesellschaft für kritische Philosophie Nürnberg: www.gkpn.de (Schutzgebühr 12 Euro zuzüglich 2,50 Euro Verpackung und Porto).

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Die GKPN veranstaltet im Oktober ein Forum zur offenen Gesellschaft in Nürnberg.

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