Übermittlung von Familienstandsdaten

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BERLIN. (hpd) Ein Regierungsentwurf zur Modernisierung des Meldegesetzes ist umstritten, weil kirchliche Arbeitgeber dadurch von Kündigungsgründen wie Lebenspartnerschaft und Zweitehe erfahren würden. Am 24.Juni fand hierzu eine Sachverständigen-Anhörung des Innenausschusses statt.

Der Regierungsentwurf einer Novelle des Gesetzes zur Fortentwicklung des Meldewesens (18/1284) sollte eigentlich gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gleichstellen. Schließlich sollte damit unter anderem im Bundesmeldegesetz eine im Einkommensteuergesetz erfolgte Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften nachvollzogen werden. Das würde allerdings auch die Übermittlung von Familienstandsdaten an öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften bedeuten.

Dass für Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen daraus ein Kündigungsgrund werden kann, veranlasste die Bundesfraktionen der Grünen und der Linken, den Gesetzentwurf im Bundesrat zu blockieren.

Immerhin hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu dem Regierungsentwurf gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie die vorgesehenen Neuregelungen „ausgestaltet werden müssen, damit die bei den Kirchen beschäftigten Personen, die Mitglieder der Kirche sind und eine Lebenspartnerschaft führen oder deren Ehe geschieden worden ist, vor einer etwaigen Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen geschützt werden“. Dabei komme „beispielsweise die Einführung einer Widerspruchsmöglichkeit für die betroffenen Personen in Betracht, die zur Folge hat, dass im Melderegister eine bereichsspezifische Übermittlungssperre eingetragen werden kann“.

Wie umstritten der Entwurf ist, verdeutlichte die Sachverständigen-Anhörung des Innenausschusses. So plädierte der frühere Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Manfred Bruns, für eine ergänzende Passage im Gesetzentwurf. Darin solle vorgeschrieben werden, dass die öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaft die Daten „nur für Zwecke der Steuererhebung verwenden“ dürfen. Bei Kündigungen wegen des Familienstandes sollen sie nachweisen müssen, „dass sie die Kenntnis von dem Familienstand auf anderem Weg erlangt haben“, so Bruns.

Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und das Informationsfreiheitsgesetz, Alexander Dix, riet, das Melderecht solle es den Betroffenen überlassen, „ob und wann sie dem kirchlichen Arbeitgeber Informationen zu ihrem Familienstand zukommen lassen“.

Niemand hat die Absicht...

Als Unterstellung bezeichnete der Direktor des Instituts für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands, Professor Ansgar Hense, die Annahme, kirchliche Einrichtungen würden sich nicht an den „Zweckbindungsgrundsatz“ halten und Personenstandsdaten zum Einsatz für Steuerabzüge für personalrechtliche Konsequenzen nutzen.

Eine Behauptung, die den Berichten von Betroffenen und Details aus einschlägigen Verfahren, also von Fällen, in denen diese Daten sehr wohl genutzt wurden, eindeutig widerspricht.

Trotzdem versuchte auch der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, Vertrauen zu erwecken, indem er die Befürchtung, die Meldedaten zum Familienstand würden vom kirchlichen Arbeitgeber für arbeitsrechtliche Zwecke genutzt, als unbegründet zurückwies. Schließlich würden die Bistümer nochmals in ihrem Amtsblättern darauf hinweisen, dass die Meldedaten nicht zu Beschäftigungszwecken verwendet werden dürfen. In einigen Amtsblättern sei dies bereits vollzogen, so Jüsten.

Er argumentierte, die Familienstandsdaten seien für die Kirchen sehr wichtig. Denn eine sinnvolle Betreuung der Mitglieder lasse sich „nur durchführen, wenn die familiäre Situation des einzelnen Mitgliedes zumindest in Umrissen der jeweiligen Kirche bekannt ist“.

In dieser Hinsicht hatte sich der innen- und religionspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck, bereits im Interview mit der Welt verständnisvoll geäußert: "An sich", so Beck im Gespräch mit der Welt, sei es "völlig in Ordnung, dass die Kirchen Meldedaten zum Familienstand, die für die Kirchensteuerhebung erforderlich sind, auch zu anderen Zwecken verwenden wollen, etwa für die Seelsorge bei Geschiedenen".

Beck scheint also bei der Zweitnutzung von Daten zur Kirchensteuererhebung zwischen Seelsorge und Diskriminierung zu unterscheiden. Ersteres scheint er zu begrüßen, Letzteres zu befürchten, denn schließlich initiierte er den Antrag der Grünen zur Änderung der Novelle. Zumindest scheint er den Kirchen zu unterstellen, was sie bei der Anhörung bestritten, nämlich die diskriminierende Zweitnutzung.

Die umstrittene Weitergabe der Daten betrifft hauptsächlich katholische Einrichtungen, da Wiederheirat und Homosexualität in evangelischen offiziell kaum noch eine arbeitsrechtliche Rolle spielen. Dass evangelische wie katholische Einrichtungen Kündigungen Kündigungen aussprechen, wenn sie vom Kirchenaustritt erfahren, betrifft in anderes Gesetzesblatt und war nicht Thema der Anhörung.