Veranstaltungsbericht

Antisemitismus im Islamismus

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Armin Pfahl-Traughber (r.) mit Esther Schapira bei einer anderen Veranstaltung
Esther Schapira, Armin Pfahl-Traughber

Einen fundierten Überblick über die Geschichte des "Antisemitismus im Islamismus" bot der Politologe, Extremismusforscher und hpd-Autor Armin Pfahl-Traughber im Rahmen eines Themenabends des Arbeitskreises Säkulare der SPD Düsseldorf. Dabei wurden ideengeschichtliche Bedingungsfaktoren und reale Konsequenzen des islamistischen Antisemitismus genauso beleuchtet wie dessen soziale und gesellschaftliche Verankerung.

Judenfeindschaft ist nicht nur ein bedeutendes Agitationsthema von Rechtsextremisten, sondern auch von Islamisten. Diese verbinden judenfeindliche Hetze aus Europa mit feindseligen Aussagen aus der Frühgeschichte des Islam. So finden sich bereits im Koran einschlägige antisemitische Passagen, die sich über viele Jahrhunderte tradiert haben.

"Entgegen weit verbreiteter Auffassungen war das jüdische Leben im Mittelalter keineswegs von Toleranz geprägt", so Pfahl-Traughber. "Auch als Angehörige einer 'Buchreligion' waren Juden nur 'Schutzbefohlene' und es gab eingeschränkte Bürgerrechte, Diffamierungen und Massaker auch in der islamischen Welt."

Etwa seit Beginn des 20. Jahrhunderts ließe sich ein ideologischer Mix konstatieren, der antisemitische Einstellungen aus der Frühgeschichte des Islam mit antisemitischen Stereotypen aus der westlichen Welt kombiniert, so der Extremismusforscher.

Die Gründungen von Organisationen wie der Muslimbruderschaft im Jahr 1928, die auf Konferenzen antisemitische Schriften verbreitete, oder die Agitationen des Muftis von Jerusalem, Amin el-Husseini, der ab 1937 mit den Nationalsozialisten kooperierte und propagandistisch für die "kompromisslose Bekämpfung der Juden" im Radio agitierte, sprechen eine deutliche Sprache.

Antisemitische Pamphlete wie "Unser Kampf gegen die Juden" von Sayyid Qutb fanden ab den 1950er Jahren große Verbreitung in der arabischen Welt, wie auch die gefälschten "Protokolle der Weisen von Zion".

Sowohl die Hamas als auch die libanesische Hizb Allah bedienen sich noch heute aus Propagandagründen antisemitischer Konspirationsvorstellungen in Kombination mit der Forderung nach der Vernichtung Israels. Auch innerhalb der türkischen Milli Görüş-Bewegung oder Al Quaida kursieren judenfeindliche Vorstelllungen.

Ein weiteres Beispiel stellt die Islamische Republik Iran mit ihrer antisemitischen Staatsideologie dar, die die Vernichtung des israelischen Staates und eine "Welt ohne Zionismus" fordert.

Bilanzierend stellte der Extremismusforscher fest, dass Antisemitismus ein ideologisches Element des Islamismus darstellt.

Säkularität als Kernelement der Demokratie

Allerdings sind einschlägige Einstellungen auch bei Muslimen in der ganzen Welt überproportional stark vertreten, wie die empirische Forschung veranschaulicht. Dieser Befund ist auch in Deutschland eindeutig feststellbar.

Was bei einer übergeordneten wissenschaftlichen Betrachtung des Antisemitismus in den muslimischen Communities auffällt: Nicht entscheidend sind Geschlecht, formale Bildung oder das Alter. Der entscheidende Faktor ist das Ausmaß an religiöser Identität: Je religiöser das Bewusstsein, desto höher die antisemitischen Einstellungen. Und je säkularer die Einstellung, desto geringer die antisemitische Neigung.

Mit antimuslimischen Ressentiments habe dies alles im Übrigen nichts zu tun, so Pfahl-Traughber. Über 90 Prozent der rechtsextremistischen Gewalttaten werden von Männern begangen. Wenn man dies feststellt, lässt dies auch nicht auf Männerfeindlichkeit schließen, sondern es handelt sich um die Fakten der empirischen Sozialforschung, die diese Zusammenhänge ermittelt. Begriffe wie "antimuslimischer Rassismus" oder "Islamophobie" dienten an dieser Stelle meist zur Kritikimmunisierung und würden oftmals unreflektiert übernommen.

Der entscheidende Faktor ist das Ausmaß an religiöser Identität: Je religiöser das Bewusstsein, desto höher die antisemitischen Einstellungen. Und je säkularer die Einstellung, desto geringer die antisemitische Neigung.

Letztlich birgt die dargestellte Gemengelage ein großes gesellschaftliches Gefahrenpotential: Antisemitische Einstellungsmuster können rasch aktiviert werden. So steigen antisemitische Straftaten auch aus der deutschen Mehrheitsgesellschaft an, wenn der Konflikt im Nahen Osten aufflammt. Islamistische Akteure haben dann ein besonders "leichtes Spiel", da mit judenfeindlichen Narrativen agitiert wird und Akzeptanzen mobilisiert werden können.

In der anschließenden Diskussion wurde vor allem das fehlende kritische Bewusstsein des linken politischen Spektrums mit Blick auf das Gefahrenpotential des Islamismus scharf kritisiert. Auch die fehlende politische Entschlossenheit, konsequent gegen Organisationen und Akteure des Politischen Islam vorzugehen, wurde deutlich bemängelt.

Hilfreich wären mehr und lautere Stimmen der in großer Zahl in Deutschland lebenden liberalen oder säkularen Muslime: Doch die müssen oft um Leib und Leben fürchten, wenn sie sich kritisch äußern – bedroht von den eigenen "Communities" und vermehrt von iranischen Agenten, als Diplomaten getarnt.

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