Heilige Scheine

WIEN. (hpd) Bücher über die Rolle des politischen Katholizismus in Österreich sind rar, vor allem nicht-apologetische. Über den

Ständestaat breitet das offizielle Österreich, unterstützt vom Gros der Geschichts- und Politikwissenschaft gerne den Mantel des Schweigens.

Diesen Mantel lüftet das neu erschienene Buch „Heilige Scheine" der Autoren Martin Luksan, Hermann Schlösser und Anton Szanya. Es zeichnet kurz und bündig die historische Entwicklung auf, die von Gegenreformation und Türkenbelagerung direkt zur austrofaschistischen Diktatur führt. Gerade in diesem Punkt liegt die Stärke des kurzen Buches. Das hat es bislang noch nicht gegeben.

Die Darstellung, die überflüssige Details ausspart, zeichnet durch das kurze Aufeinanderfolgen der Kapitel ein schlüssiges Bild, dem man kaum mangelnde Objektivität vorwerfen kann. Wer sich eine freidenkerische Streitschrift erwartet hat, wird enttäuscht. Hier sprechen die Fakten für sich selbst, vermutlich besser als es eine einseitige Polemik könnte. In einzelnen Punkten scheinen die Autoren es mit der Objektivität allerdings zu ernst zu nehmen. Die tragische Figur des letzten Habsburger-Kaisers etwa erscheint beinahe in einem milden Licht. Hier wäre weniger Angst vor der eigenen Courage angebracht gewesen.

Das Buch besticht neben seiner Kompaktheit durch einen umfassenden Bildteil, der die in verständlicher Sprache gehaltenen Texte hervorragend ergänzt. Eine solche Bilddokumentation in einem Werk über den Katholizismus hat Seltenheitswert, zumal die Autoren auch auf wenig bekannte Bilder zurückgreifen, die sie penibel recherchiert haben.

Für Interessierte, die sich erst mit der Materie vertraut machen müssen, ist dieses Buch ein geeigneter Einstieg, der auch kein Detailwissen voraussetzt. Die umfassende Bibliographie ermöglicht selbständige weitere Recherchen - unter der Voraussetzung, dass die zum Teil seltenen Werke, die hier zitiert werden, zugänglich sind. Auch diese Quellen erschlossen zu haben, ist eine Stärke der „Heiligen Scheine".

Christoph Baumgarten

Martin Luksan / Hermann Schlösser / Anton Szanya: „Heilige Scheine; Marco d'Aviano, Engelbert Dollfuß und der österreichische Katholizismus" - Wien: Promedia Verlag, 2007. 176 S., reich illustriert. ISBN: 978-3-85371-275-7. EUR 17,90, CHF 28,-