"Gottlos Glücklich" beim Run for Life

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Gottlos glücklich und "Running Church" / Foto:bfg

MÜNCHEN. (hpd) Sehen und gesehen werden ist manchmal besonders wichtig. In München wissen das die Leute gut, denn wenig Plätze in der Republik bergen so viele "Amigos", "Bussi-Bussi"-Hasen, "Schickeria"-Galane und "Spezln" aller Art als die Flaniermeilen im Vergnügungsviertel der drittgrößten deutschen Stadt. Doch es gibt auch Anlässe, da ist nicht das größte Auto, die fetteste Goldkette und das aufregendste Dekolleté das, auf was es ankommt... und das ist manchmal auch in München so.

Ausgerechnet die Hauptstadt des seit über 60 Jahren ohne Unterbrechung von der "Christlich Sozialen Union" regierten flächenmäßig größten Bundeslandes ist die Heimat einer besonders aktiven "Aidshilfe". Dort wo der damalige protestantische Kreisverwaltungsreferent Peter Gauweiler in den 80er Jahren die Zwangsregistrierung aller Aids-Kranken als gesetzliche Vorgabe umgesetzt wissen wollte, ist bereits seit 1984 die dienstälteste regionale Aids-Hilfe unermüdlich tätig in der Bekämpfung der schweren Immunschwäche-Krankheit, in der Unterstützung von Betroffenen, in der Beratung und Information für alle Bürger und engagiert beim Abbau von Vorurteilen gegenüber Lesben und Schwulen. Und es sind auch die ‚Mädels und Jungs‘ der Münchner Aidshilfe, die seit elf Jahren immer gegen Sommerferienende einen Benefiz-Lauf durch den wunderschönen Englischen Garten veranstalten. Die Teilnahmegebühren und aller sonstigen Erlöse aus dem "Run for Life" kommen eins zu eins der Münchner Aidshilfe und damit auch den Betroffenen zugute. Auch in diesem Jahr waren bei Kaiserwetter und fast 30 Grad Celsius an die tausend Hobby- und Profiläufer dabei. Seit drei Jahren ist auch jedes Mal ein "Gottlos Glücklich"-Laufteam des bfg mÜnchen mit am Start.

Die kleine säkulare "Laufkampagne" ist fester Bestandteil des Aktions-Programms des bfg mÜnchen; beim Münchner Stadtlauf (immer Ende Juni) und beim "Run for life" (immer Anfang September) bietet sich für die Gottlosen des Südens die gute Gelegenheit, Weltanschauung und sportliche Aktivität auf besonders leistungsfähige Weise zu verbinden. Außerhalb des Oktoberfestes bietet München mit den Feiern zum 1.Mai, den beiden "Streetlife"-Straßenfesten mit "Corso Leopold", dem Stadtlauf und der Parade zum Christopher Street Day wenig ähnlich zahlreich besuchte "Aufläufe" in der Innenstadt. Für ein "Zeigt Euch!" die ideale Gelegenheit!

"Come together" oder alles nur geklaut?

Es gibt für echte Humanisten ja mehrere Gründe, sich aktiv oder anfeuernd bei den genannten Festen und insbesondere bei den Läufen zu beteiligen.

Nicht nur, dass man mit entsprechendem T-Shirt gut gesehen wird, solch ein Lauf gesundheitsfördernd ist und vielleicht sogar auf das bereits vorhandene Bewusstsein noch erweiternde Wirkung hat! Beim Run for Life ist die aktive Teilnahme auch eine humanistische Solidaritätsbekundung letztlich mit den homosexuellen Menschen, die ja besonders häufig von Aids betroffen sind. Und die es ja auch sind, die mit am meisten unter den Auswirkungen christlicher Moralvorstellungen zu leiden haben. Und in diesem Jahr fand dieser Solidaritätslauf auch noch am zehnten Jahrestag eines religiös motivierten Attentats statt!

Bislang galt es als unumstößlich, in den T-Shirts der Aidshilfe beim Run for Life zu laufen. Ganz im begreiflichen Sinne der Veranstalter sollte sich eine möglichst große Läufermenge oben ganz in rot mit weißer Schleife durchaus werbewirksam durch den großen Münchner Park bewegen. Doch das "Gottlos Glücklich"-Team läuft immer schon in eigenen T-Shirts, aus ja ebenso begreiflichen Gründen. Bei allen sich bietenden Gelegenheiten. Und zu unserer erheiternden Verwunderung konnten wir in diesem Jahr zum ersten Mal erkennen, dass wir vom bfg mÜnchen damit gewissermaßen als Trendsetter fungierten.

Auf dem Weg zum Anpfiff schon sahen wir viele Läufer und Läuferinnen jeden Alters, die in knallorangenen T-Shirts unterwegs waren. Alle in den gleichen! Von vorne war nicht viel zu erkennen, doch ein schöner Rücken hat ja auch was! Die "Orangen" waren das Team der "Running Church" aus den Gemeinden St. Matthias und St. Agnes aus München. Die zahlenmäßige Überlegenheit beeindruckte uns jedoch nur kurz; jedes Mal, wenn wir an einem "running christ" vorbeiliefen, nutzten wir die Gelegenheit, ihn oder sie drauf aufmerksam zu machen, dass sie gerade von einem Gottlosen überholt würden, fast wie im richtigen Leben. Teilweise ergaben sich dadurch mitten im Lauf kleine Wortgeplänkel hin und her und natürlich einige Überholmanöver. Schließlich mochten die sich das nicht immer bieten lassen und waren - zugegebenermaßen - nicht immer unsportlicher als wir Gottlosen... es war ein insgesamt weltanschaulich erbaulicher Früh-Nachmittag.

Einige der Gottlos Glücklichen marschierten im Anschluss gut gelaunt direkt aufs Streetlife Festival, um bei der in diesem Jahr zum ersten Mal ausstellenden "Galerie der Kirchenkritik" des früheren Unternehmers Wolfgang Sellinger gemeinsam mit den Helfern der gbs-Regionalgruppe die Anstürme von erheiterten, provozierten und interessierten Münchnern freundlich zu bewältigen. Der 11. September 2011 in München - an diesem Tag in der Tat "die Stadt in Bewegung"!

Assunta Tammelleo