„LESSINGAKZENTE 2008"

KAMENZ. (hpd) Gotthold Ephraim Lessing, am 22.1.1729 in Kamenz geboren, ehrt man hier seit über 170 Jahren. Anlässlich seines 100. Geburtstags

1829 wurde die erste Gedenkfeier durchgeführt, 1931 wurde das Lessing-Museum eröffnet und seit 1962 gehören die Kamenzer Lessing-Tage zu den kulturellen Höhepunkten der Region. Diese Veranstaltungen finden nun schon traditionell alle zwei Jahre in Verbindung mit der Verleihung des Lessing-Preises des Freistaates Sachsen statt. Aber auch in den dazwischen liegenden Jahren soll des großen Sohnes der Stadt gedacht werden. So gibt es dieses Jahr vom 22.1. bis 29.2.2008 die „LESSINGAKZENTE 2008".

 

Nationaltheater und Aufkärung

Kamenz ist eine Kleinstadt im deutsch-sorbischen Sprachgebiet der Lausitz, etwa 45 Kilometer von der sächsischen Landeshauptstadt Dresden entfernt. Hier wurde Lessing als Sohn eines Pfarrers geboren. Er verbrachte hier seine Kindheit, besuchte die protestantische Lateinschule und hatte die ersten Berührungen zum Theater.

Nach seinem Studium der Theologie, Philologie und Philosophie in Leipzig widmete er sich dem Schreiben. Mit seiner Abkehr von der Regelpoetik und Auseinandersetzung mit Gottsched wurde er zum Reformer des deutschsprachigen Theaters. Er gehört zu den Wegbereitern des deutschen Nationaltheaters. Lessing ist einer der wichtigsten Vertreter der deutschen Aufklärung. Er entwickelte eine neue Dramentheorie, die gekennzeichnet ist vom Glauben an menschliche Toleranz, kritischen Geist und Wahrheitssuche.

Über 1.200 Straßen, Plätze sowie Gassen tragen seinen Namen. Von seinen Werken liegen rund 1.000 Übersetzungen in 40 Sprachen vor. "Nathan der Weise", "Minna von Barnhelm" und "Emilia Galotti" gehören zu den meistgespielten Bühnenklassikern. Auch sind Lessings Fabeln bei Jung und Alt noch immer beliebt und die Ideale des streitbaren Aufklärers ein aktuelles Thema in Schulen sowie an Universitäten.

Einziges Lessingmuseum Deutschlands

Kamenz besitzt das einzige Lessingmuseum in Deutschland. Es bietet neben einer ständigen Ausstellung von originalen Exponaten über das Leben und Wirken Lessings auch zahlreiche Veranstaltungen, Seminare und Projekte an. Besonders Schüler sollen auf moderne Weise mit den Werken des Klassikers vertraut gemacht werden. Die Vorträge und Stadtbesichtigungen beinhalten Themen vom Aufklärer, Fabeldichter und Theaterreformer bis zum Dramatiker Lessing. Schulklassen und Reisegruppen erleben in Führungen sowie Seminaren, warum das so genannte Kinderbildnis von Lessing etwas merkwürdig aussieht, weshalb "Nathan der Weise" jung geblieben ist und wie wichtig Lottozahlen sowohl für den Dichter als auch für die Kamenzer waren.

Die diesjährige Sonderausstellung im Statistischen Landesamt Kamenz Jahr steht unter dem Motto „Mit Ordnung zur Vernunft". (22. Januar bis 31. März 2008, Statistisches Landesamt, Macherstraße 63, 01917 Kamenz). Sie zeigt die Verbindung zwischen Johann Peter Süßmilch und Gotthold Ephraim Lessing, zwischen Statistik und Dichtung. Ja, es gibt sie, obwohl weder Lessing das Wort Statistik gekannt, noch Süßmilch es kaum benutzt hat. Erst viel später wurde der Begriff, von Deutschland ausgehend, weltweit benutzt. Mit dieser Ausstellung sollen die Gemeinsamkeiten und Bezüge der zwei Aufklärer, ihre Lebensleistungen und Wirkungen bekannt gemacht werden.

Der Aufklärer Süßmilch

Süßmilch war ein bedeutender Berliner des 18. Jahrhunderts und Wegbereiter der Statistik in Deutschland überhaupt. Er entdeckte nach dem Studium von Kirchenregistern eine Reihe von Regelmäßigkeiten bei der Entwicklung der Bevölkerung, die er auf Gottes Wirken zurückführte. In einer Vielzahl von Werken dokumentierte Süßmilch die Ergebnisse seiner Arbeit. Die wohl bekannteste Veröffentlichung ist von 1741: „Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts." Süßmilch arbeitete in erster Linie als Theologe, er schrieb viel und wurde Oberkonsistorialrat. Als Wissenschaftler von Rang wurde er Mitglied der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Er kümmerte sich um die Armen und dachte über Probleme der Altersversorgung nach. Parallel dazu kämpfte er für bessere Theateraufführungen, hat als einer der Ersten Lessings Bedeutung erkannt und sich für ihn eingesetzt. Er hat Mathematik unterrichtet und sich mit Wahrscheinlichkeitsproblemen befasst, war zuständig für die akademische Ausbildung der Theologen und Gutachter bei der Evaluation von Universitäten. Er hat viel zur deutschen Geschichtsforschung beigetragen und konnte als Erster das Alter von Berlin etwa richtig einschätzen. Süßmilch war aber auch ein bedeutender Sprachwissenschaftler, hat ein Buch über das Entstehen der Sprache geschrieben, mit dem sich dann Herder auseinandersetzte und den Akademiepreis gewann. Süßmilch hat sich intensiv mit der Philosophie befasst und war ein Freund des Philosophen Wolff und stand mit Kant in Kontakt. 1760 wird Lessing von Süßmilch als Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften vorgeschlagen und ein halbes Jahr später von der Akademie gewählt.

Veranstaltungen

Zum Jubiläum lädt der Kamenzer Klub G. E. Lessing e.V. in Kooperation mit dem Lessing-Museum zu einer Lesung des Dresdner Schriftstellers Detlef Merbd ein (22. Januar um 19.30 Uhr im Lessing-Museum). Am 30. Januar steht an gleicher Stelle um 19.30 Uhr Lessings Zeitgenosse Christoph Martin Wieland im Mittelpunkt. Eine Buchlesung mit dem Autor Dr. Michael Zaremba aus Berlin entwirft ein modernes und umfassendes Porträt des Mitbegründers der Weimarer Klassik. Im Stadttheater Kamenz werden am 1. Februar die Gewinner des Schüler-Schreibwettbewerbs „Lessing zeilenweise" ausgezeichnet. Zum 227. Todestages des Dichters am 15. Februar beschäftigt sich der Vortrag von Dr. Kay Hoff „Aus- und vorgestellt: Ein Neuling der Sammlung" mit Lessings Altersbildnis. Anne Gerber aus Dresden hält am 29. Februar einen Vortrag über Lessings Lebenswelten: „Zwischen Rohrstock und Humanismus. Das Kamenzer Schulwesen zur Zeit der Frühaufklärung".

Elke Schäfer