(hpd) Spannend, intelligent und informativ: Die Streitschrift einer mutigen Frau.
Mina Ahadi, weltweit aktivste Kämpferin gegen Steinigung und
Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime, hat ein spannendes und intelligentes Buch über ihr bewegtes Leben geschrieben. Zusammen mit Sina Vogt, die Ahadi interviewte und die Hintergrundinformationen für das exzellent recherchierte Buch zusammentrug, gelingt es Mina Ahadi, ihre Autobiografie in einer Weise mit Sachthemen zu verknüpfen, die bei der Lektüre keinen Moment Langeweile aufkommen lässt.
Wer sich dafür interessiert, aus erster Hand zu erfahren, welche Auswirkungen der politische Islam im Iran und anderen islamischen Ländern auf die Menschen hat, sollte dieses Buch lesen. Es zeigt auf, wie die Prozesse der Islamisierung am eigenen Leib spürbar sind -Angst, Einsamkeit, Folter und Mord -, und was uns in Europa erwartet, wenn wir falsche Toleranz üben und menschenfeindliche Parallelgesellschaften entstehen lassen.
Ahadi gelingt es immer wieder, den Bogen zwischen ihrer zum Teil sehr persönlich erzählten Lebensgeschichte und gesellschaftlichen wie politischen Ereignissen zu spannen. Ihre Argumentation beispielsweise gegen das Kopftuch als erster Schritt in die Unterdrückung von Menschen, vor allem von Frauen, ist zwingend. Sie stellt den Bezug zum gesellschaftlichen Umgang auch mit christlichen Religionen und dem Privileg der Kirchen insbesondere in Deutschland her, mit der Aufforderung, diese zu überdenken. Sie prangert politische Entscheidungsträger an, die massive Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Steinigung, „Ehrenmorde" weder innen- noch außenpolitisch hinreichend thematisieren.
Trotz aller tragischen Erlebnisse – Ahadis erster Mann wurde von den iranischen Islamisten verhaftet und ermordet, sie lebte ein Jahr in ständiger Angst im Untergrund in Teheran und danach zehn Jahre als Partisanin in Kurdistan ohne Kontakt zu ihrer Familie – durchziehen ihr Mut, ihre Kraft und ihr Durchsetzungsvermögen ihr ganzes Leben, und die Lebensfreude dieser Frau mit den leuchtenden Augen wird immer wieder sichtbar. Ahadi steht immer wieder auf, sie sagt laut ihre Meinung, auch wenn sie sich damit in Lebensgefahr begibt. Sie tut dies für uns alle, für unser aller Freiheit. Damit wir alle, aber insbesondere muslimische Frauen, Mädchen, Jungen und Männer, sich befreien können aus dem Diktat der Religion, damit wir unsere Meinung frei sagen können, damit wir Sex haben können, mit wem wir wollen und ihn ablehnen können, wenn wir nicht wollen. Damit wir unsere Angst vor Terror und einem übermächtigen Allah oder Gott ablegen und selbstbestimmt leben können.
Mina Ahadi zeigt mit ihrer Lebensgeschichte, dass man die Hoffnung auf eine bessere Welt nie aufgeben sollte, dass man gehört wird, wenn man aufsteht und sich eine Stimme gibt.
Fiona Lorenz
Mina Ahai mit Sina Vogt, "Ich habe abgeschworen. Warum ich für die Freiheit und gegen den Islam kämpfe". München, Heyne, 272 Seiten, gebunden, Euro 19,95. ISBN 978-3-453-15288-5