BERLIN. (hpd) Die zweitägige Konferenz im „Haus Deutscher Stiftungen" und im "Kulturzentrum Danziger 50" beleuchtete die Ursprünge und neueren Entwicklungen des Atheismus zum Humanismus bis hin zu aktuellen Debatten zur Wirksamkeit atheistisch/humanistischer Positionen in den Printmedien.
Ein weiterer Diskussionspunkt war die mentale Wirksamkeit des Atheismus und welche Bilder der Humanismus für seine geistige Übermittlung verwendet.
Freitag, 25. April 2008 - erster Tag
Gegen 15.00 Uhr hatte sich eine dicke Menschentraube vor dem Eingang des „Haus Deutscher Stiftungen" auf der Mauerstrasse gebildet, die Einlass begehrten. Ein erfreulicher Anblick! Mit so viel Interesse hatte wohl der Veranstalter, die Humanistische Akademie Berlin (HAB) in Kooperation mit der Giordano-Bruno-Stiftung (Mastershausen), nicht gerechnet. Das zeigte wohl auch die Brisanz und Aktualität einzelner Vortragsthemen.
Die Begrüßung und Eröffnung der Konferenz erfolgte durch Dr. Horst Groschopp (Direktor der HAB). Über den „alten Atheismus" referierte Prof. Dr. Frieder Wolf (Berlin) und gab damit einen kurzen Überblick über die geschichtlichen Ursprünge und Entwicklungen des Atheismus, die bis in die Antike zurückreichen. Die jeweils sich an die Referate anschließenden kurzen oder längeren Diskussionen gaben den Hörern Gelegenheit für Fragen bzw. Anmerkungen, Ergänzungen und Kritiken.
Dr. Michael Schmidt-Salomon (Trier) erläuterte die Grenzen des „neuen Atheismus" und entwickelte anschaulich den Übergang zu einem „neuen Humanismus". Er arbeitet ganz besonders den Unterschied zwischen Akzeptanz und Toleranz heraus und machte klar, dass zuviel Akzeptanz zu Ignoranz führt.
„Wer sind die Brights?"-dieser Frage ging Andreas Müller (Würzburg) auf den Grund. Er gab einen Einblick in die Ursprünge der Entstehung in den USA mit seinen traditionell-gesellschaftlichen Wurzeln. Die antike Mythologie der Aufklärung (Stichwort Prometheus, der den Göttern das Feuer entriss) dient sinnbildlich den „Brights" für ihre basisdemokratische Arbeit. Die „Brights" haben ein naturalistisches Weltbild frei von übernatürlichen und mystischen Elementen. Die „Erleuchteten" benutzen das Internet als Plattform, sich in Europa auszubreiten, öffentliche Aufmerksamkeit zu erreichen und in der Gesellschaft akzeptiert zu werden.
Nach einer Verschnaufpause mit belegten Brötchen und Getränken ging es zur zweiten Runde über. Den Blick immer über den „großen Ozean" zu richten, zweifelte Dr. Rudolf Mondelaers (Berlin) an. In seinem Beitrag richtete er sein Augenmerk auf Westeuropa, welches uns ja territorial und geschichtlich viel näher steht. Ausgehend von der Laizität in Frankreich bereits im 19.Jhd und der Festschreibung der Trennung von Staat und Kirche per Gesetz von 1905 gibt es auch in den angrenzenden Ländern Holland, Belgien und Luxemburg gewisse Unterschiede in der geschichtlichen Entwicklung und dem historischen Einfluss der jeweiligen Kirchen (katholisch oder evangelisch) auf die Politik.
Der letzte Beitrag beschäftigte sich mit der aktuellen Debatte über die Unterdrückung von atheistischen Veröffentlichungen. Der Verleger Gunnar Schedel (Aschaffenburg) berichtete über die Erfahrungen bei der Veröffentlichung des Kinderbuches „Wo bitte geht's zu Gott? fragte das kleine Ferkel" mit dem Versuch dieses von Seiten des Familienministeriums auf den Index für jugendgefährdende Schriften zu setzen. Nachdem der Vorwurf des Antisemitismus sehr schnell vom Tisch war, wurde der wahre Grund für die Bestrebungen des „de facto Verbots" des Buches klar: die Kritik, das Hinterfragen und das Nachdenken über sämtliche Religionen ist vom Staat nicht erwünscht- damit vielleicht auch das generelle Nachdenken und die Aufklärung? Das Thema löste auch zum späten Abend noch heftige Diskussionen aus, die wohl auch noch nach Beendigung des Konferenztages auf der Strasse fortgesetzt wurden.
Samstag, 26. April 2008 - zweiter Tag
Der nächste Tag fing relativ früh an. Tagungsort war das "Kulturzentrum Danziger 50". Dr. Michael Schmidt-Salomon moderierte diesen Teil der Konferenz und gab nach jedem Beitrag wieder die Möglichkeit für Fragen und Diskussionen, die intensiv genutzt wurden. Zuerst ging es um ein weiteres Buch, welches demnächst das Licht der Öffentlichkeit beim Rowohlt-Verlag erblicken wird.
Dr. Fiona Lorenz (Trier) berichte über ihre Erfahrungen zur Vorbereitung ihres Buches „Wozu brauche ich Gott? Gespräche mit Ungläubigen und Abtrünnigen". Sie möchte mit der Veröffentlichung dieser Interviews Hilfe anbieten, den Zweifelnden und Suchenden neue Wege zeigen. Sie präsentiert, dass es viele Menschen gibt, die noch nie etwas mit Religion zu tun hatten und auch viele, die den leichten oder schweren Weg aus der Religion gefunden haben. Ihre Interview-Partner kamen dabei aus dem breiten Spektrum aller Altersgruppen, Geschlechter, Herkünfte und Berufe.
Ein sehr wissenschaftliches Thema beleuchtet Anna Ignatius (Freiburg) mit dem Thema „Ist Atheismus gegenüber dem Glauben eine kalte Weltanschauung?" Sie wies theoretisch nach, dass dies durchaus nicht so ist und Wissenschaftliche Erkenntnisse durchaus positive mentale Wirkungen ausüben. Der Glaube an einen Gott muss keineswegs tröstlicher sein als das Wissen um die Gesetzmäßigkeiten der Natur und sich in der Natur aufgehoben fühlen kann zudem größere existentielle Sicherheit bieten.
Evelin Frerk (Hamburg) erläuterte die aktuelle Ikonographie des Humanismus am Beispiel des Humanistischen Pressedienstes (hpd). Ausgehend von der ursprünglichen religiösen Ikonographie spannte sie den Bogen über die Ikonen der Werbung bis hin zu den Text/Bild-Logos der humanistischen Verbände. Bei diesen sind es jedoch kaum Bilder, die zum Wiedererkennen führen, sondern fast ausschließlich Buchstaben. Für den hpd bedeutet dies auch eine neue Herausforderung an die Redakteure. Sie erläuterte die Schwierigkeiten, die sich bei der Beschaffung oder Herstellung von qualitativ guten Bilder ergeben und welche Möglichkeiten die Redakteure nutzen können.
In der Schlussdebatte hatten Dr. Horst Groschopp und Dr. Michael Schmidt-Salomon noch einmal Gelegenheit ihre Positionen zur Arbeit der humanistischen Verbände und den Aufgaben des neuen Humanismus zusammenzufassen. Dr. Schmidt-Salomon versäumte nicht, darin noch einmal zu betonen, dass die Humanisten nicht wegsehen dürfen, bei Menschenrechtsverletzungen und Unrecht aus religiösen Motiven. Und nicht nur dies, sondern aktiv werde, ihre Stimme dagegen erheben und kämpfen müssen.
Als Präsident der Humanistischen Akademie Berlin erhielt Dr. Frieder Otto Wolf noch einmal das Schlusswort. Da er aber mit seinem Schlusswort eine erneute Debatte auslöste, musste diese dann aus Zeitgründen abgebrochen werden.
Elke Schäfer